Lebensmittel sollen gesünder werden
Landwirtschaftminister Özdemir will Ramschpreise abschaffen. Handelsketten wie Kaufland und Lidl eilen ihm voraus: Sie erhöhen zu Jahresbeginn ihre Standards.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) fordert höhere Preise für Lebensmittel und Agrarprodukte: "Es darf keine Ramschpreise für Lebensmittel mehr geben, sie treiben Bauernhöfe in den Ruin, verhindern mehr Tierwohl, befördern das Artensterben und belasten das Klima. Das will ich ändern." Er wolle, dass die Menschen in Deutschland Lebensmittel genauso wertschätzten wie ihre Autos. Lebensmittel dürften zwar kein Luxusgut werden. "Doch der Preis muss die ökologische Wahrheit stärker ausdrücken."
Höhere Kosten für Dünger und Diesel schlagen bei vielen Höfen durch. "Die Erzeugerpreise für Getreide- und Ölsaaten lassen zwar eine positive Stimmung vermuten", erläuterte Bauernpräsident Joachim Rukwied. "Doch diese verbesserte Situation wird durch die explodierten Betriebsmittelpreise ausgebremst."
Ruinöse Schweinepreise
Generell sei die Lage insbesondere bei Schweinehaltern weiter "mehr als angespannt", sagte Rukwied. Erzeugerpreise für Schlachtschweine und Ferkel seien "nach wie vor ruinös" und hätten viele Betriebe in den Ausstieg gedrängt. Zahlen der Viehzählung von November 2021 wiesen mit 23,6 Millionen Schweinen den niedrigsten Bestand in Deutschland seit 25 Jahren aus.
Verbindliche Reduktionsziele
Özdemir strebt neben dem Ende von "Ramschpreisen" eine Ausweitung der Fläche ökologisch bestellter Felder bis 2030 von derzeit knapp zehn auf 30 Prozent an. Zudem plant er strengere Vorgaben für Fertigprodukte. "Deutschland ernährt sich insgesamt zu ungesund", sagte er. Mehr als 50 Prozent der Erwachsenen seien übergewichtig. "Der Grund dafür sind zu viel Zucker, Fett und Salz, vor allem in Fertigprodukten." Die Politik habe zu lange versucht, die Industrie mit freiwilligen Selbstverpflichtungen zur Reduktion dieser Inhaltsstoffe zu bewegen. "Damit ist jetzt Schluss. Mit mir wird es verbindliche Reduktionsziele geben."
Lidl und Kaufland preschen vor
Bei den Handelsketten der Neckarsulmer Schwarz-Gruppe rennt der Minister damit offene Türen ein. Lidl hat sich verpflichtet, Schweinefleisch künftig fast ausschließlich aus den Haltungsformen der Stufen 2, 3 und 4 zu verkaufen. Kaufland verkauft seit Sommer nur noch frisches Schweinefleisch aus der Haltungsform Stufen 2, 3 und 4 - mit Ausnahme Filet und Rippen.
"Seit ihrer Gründung unterstützen wir die Initiative Tierwohl", berichtet Kaufland-Sprecherin Andrea Kübler. "Selbstverständlich honorieren wir den Mehraufwand der Landwirte. Sie erhalten eine zusätzliche Vergütung in Form eines Tierwohl- sowie eines Futterbonus." Im Januar gehe Kaufland den nächsten Schritt und werde die Kennzeichnung der Haltungsformstufen auf Molkereiprodukten seiner Eigenmarken einführen, so die Sprecherin an. Auch bei den Inhaltsstoffen liege das Unternehmen auf Özdemirs Linie: "Bisher haben wir bei mehr als 300 Artikeln den Zucker-, Salz- und Fettgehalt reduziert. Und zwar um durchschnittlich 20 Prozent."
Der Standard 5D
Mehrere deutsche Handelsketten, darunter Kaufland und Lidl, haben sich inzwischen verpflichtet, im Laufe des nächsten Jahres bei verschiedenen Fleischsorten nur noch Produkte anzubieten, die nach dem Standard 5D produziert wurden. Die Buchstaben stehen dabei stets für Deutschland - und meinen, dass von der Geburt über Aufzucht und Mast bis zur Schlachtung und Verarbeitung sämtliche Schritte ausschließlich in Deutschland stattgefunden haben.