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Runzelige Gurken und Äpfel mit Beulen sind für Supermärkte zum Marketing-Trick geworden

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Supermärkte verkaufen immer mehr Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern. Aber sorgen Regale mit Mangelware dafür, dass weniger im Müll landet? Und was muss sonst noch passieren?

So wie Obst und Gemüse auf dem Feld wachsen, wollte sie der Handel lange Zeit nicht verkaufen. Inzwischen sind krumme Früchte für die Supermärkte zu einem Marketing-Schlager geworden.  Foto: Christine Kuchem/stock.adobe.com
So wie Obst und Gemüse auf dem Feld wachsen, wollte sie der Handel lange Zeit nicht verkaufen. Inzwischen sind krumme Früchte für die Supermärkte zu einem Marketing-Schlager geworden. Foto: Christine Kuchem/stock.adobe.com  Foto: Christine Kuchem

Sie alle tun es: Rewe, Edeka, Aldi und auch die Neckarsulmer Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland verkaufen inzwischen Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern. Egal ob "Krumme Dinger" (Aldi), "Bio-Helden" (Penny) oder "Die etwas Anderen" (Kaufland): Lebensmittel, die sonst womöglich weggeworfen worden wären, sollen im Einkaufswagen landen. Manchmal geschieht das auf Umwegen: Der Discounter Lidl lässt unschöne Tomaten seit vergangenem Jahr pürieren und verkauft sie als Soße.

Doch nicht nur Obst und Gemüse sollen gerettet werden: Im Kühlregal weisen Supermärkte explizit darauf hin, dass Joghurt, Quark und Milch auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch genießbar sind. Lidl platziert die Kisten mit reduzierten Produkten etwa prominent mit der Aufschrift "Rette mich" und "Ich bin noch gut".


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Früher wurden Kisten mit reduzierter Ware versteckt

"In der Vergangenheit wurde das ein bisschen stigmatisiert", weiß Sascha Jost, Geschäftsführer beim Handelsverband Baden-Württemberg. "Man hat diese Boxen in der hintersten Ecke des Ladens versteckt." Inzwischen seien die Supermärkte dazu übergegangen, gezielt für Ware zu werben, die fast abgelaufen ist. "Früher waren es Restposten. Jetzt benennt man das positiver", sagt Jost. Es gebe Kunden, die bei ihrem Einkauf nach solchen Fächern suchen.

Das bedeute jedoch nicht, dass runzlige Gurken und Äpfel mit Dellen heutzutage ganz normal sind. "Für die meisten Kunden ist Optik nach wie vor ein starkes Kaufargument." Zwar würden viele Menschen in Umfragen angeben, Obst und Gemüse mit Mängeln bedenkenlos zu kaufen, die Realität sehe aber anders aus, erklärt Jost. "Da gehen Anspruch und Wirklichkeit ein wenig auseinander."

Dennoch könnten die Bemühungen der Lebensmittelhändler fruchten. Während 2019 noch 4,3 Prozent bei Obst und Gemüse entsorgt werden mussten, waren es 2020 nur noch 3,6 Prozent. Auch bei Brot und Backwaren, Molkereiprodukten und Fleisch sanken die Zahlen.


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Es hakt noch an rechtlichen Unklarheiten

Aus Sicht von Lebensmittelrettern muss jedoch noch mehr passieren. Sie haben im vergangenen Jahr, gemeinsam mit dem Lebensmittelhandel, sechs Bereiche festgehalten, in denen sich etwas ändern muss. So sollen Supermärkte mit Lebensmittelrettern vereinbaren können, dass sie nicht mehr haften, wenn sie Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums spenden.

Außerdem sollen Produkte, bei denen etwa eine falsche Füllmenge auf die Packung gedruckt wurde, einfacher gespendet werden können und Unterschiede bei der Umsatzsteuer wegfallen - bisher wird noch unterschieden, ob Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln oder Vereine wie Foodsharing gespendet werden.

Der neue Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will die Vorschläge prüfen. Einfach ist das nicht: Änderungen bei der rechtlichen Haftung bei Lebensmittelspenden müssen mit dem Justizministerium geprüft werden. Das einfachere Spenden falsch gekennzeichneter Produkte muss mit der EU geklärt werden.

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