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Mit der Foodsharing-App "Too Good To Go" Essen retten

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Eine große Kiste voller Obst und Gemüse für 6,50 statt 19,50 Euro? Mit der App "Too Good To Go" kein Problem. Abholen statt Wegwerfen ist die Devise der kostenlosen Foodsharing-App. Funktioniert das?

von Milva-Katharina Klöppel
Lisa Kühner freut sich, wenn ihre Kuchen vor dem Abfall gerettet werden. Foto: Mario Berger
Lisa Kühner freut sich, wenn ihre Kuchen vor dem Abfall gerettet werden. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Was genau in der großen Papiertüte steckt, die Konditorin Lisa Kühner der jungen Frau über den Tresen entgegenstreckt? Sie ist die Einzige, die es bis jetzt weiß. 24 Stunden zuvor, um kurz nach 17 Uhr, hat die Kundin des Café Roth über die App "Too Good To Go" (auf Deutsch etwa: "Zu schade zum Wegwerfen"), die sogenannte Magic Bag, eine Überraschungstüte reserviert. "Täglich bleiben bei Geschäftsschluss Kuchenstücke oder süße Stückchen übrig, die wir am nächsten Tag nicht mehr verkaufen könnten", erklärt Kühner.

Diese einfach wegzuschmeißen, bringt die junge Geschäftsführerin nicht übers Herz. "Früher, als das Café noch größer war und wir noch mehr als vier Mitarbeiter waren, haben wir solche Stückchen unter uns verteilt." Seit sie im Mai 2020 das Traditionshaus in der Heilbronner Lohtorstraße von Familie Roth übernahm, ist sie bei der kostenlosen Foodsharing-App dabei.


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Qualität einwandfrei

"Too Good To Go" (TGTG) dient als Vermittlungsplattform für überschüssige Lebensmittel, die in ihrer Qualität jedoch weiterhin einwandfrei sind. Das Geschäftsmodell von TGTG ist simpel: Für eine Tüte Backwaren beispielsweise, die sechs Euro kosten würde, bezahlt jemand per App drei Euro - zwei gehen an die Bäckerei, einer an "Too Good To Go". Bezahlt wird elektronisch, weil nach Geschäftsschluss und Kassenabrechnung niemand mehr mit Bargeld hantieren will.

Große Gemüsekisten

Von den 18 Millionen Tonnen Lebensmittelabfällen, die laut Schätzungen des World Wide Fund For Nature (WWF) in Deutschland jedes Jahr vom Acker bis zum Teller entstehen, sind mehr als die Hälfte vermeidbar. Hier setzt auch Sebastian Vollrath an, der den "S&G Fruchthandel" im Heilbronner Industriegebiet führt und neben Händlern auch zahlreiche Gastronomen in der Region mit frischem Obst und Gemüse beliefert. "Ich komme aus der Landwirtschaft und weiß deshalb, wie wichtig die Wertschöpfungskette ist", so Vollrath. Zwei seiner Mitarbeiterinnen brachten den Heilbronner auf die Idee, bei TGTG mitzumachen. "Seit einem Jahr sind wir dabei und verteilen bis zu fünf fertig gepackte Gemüsekisten."

Die Bewertung in der App spricht für den Großhändler: "Freundliche Mitarbeiter, gute Mengen an Essen sowie tolles Preis-Leistungs-Verhältnis" heißt es dort. "Für einen Singlehaushalt wäre unsere Box in einer Woche kaum zu schaffen", gesteht Vollrath mit einem Schmunzeln. Es seien überwiegend Familienkutschen, die zum Abholen vorfahren. "Wenn wir merken, es bleibt kein Gemüse oder Obst übrig, bieten wir auch ganz bewusst keine Boxen an." Schließlich müsse das übergeordnete Ziel sein, die Überproduktion an Lebensmitteln zu stoppen.


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Warme Speisen

Aktuell sind in ganz Deutschland 13.128 Bäckereien, Restaurants, Hotels und mehr registriert. Einer, der relativ frisch dabei ist, ist Andreas Zwickl mit seinem Imbisswagen "Zwickl's Leibgericht". "Ich bin in Neckarsulm, Offenau, Weinsberg und Heilbronn unterwegs", sagt der Liebhaber der schwäbischen Küche. Wenn Zwickl zwei Stunden vor Ladenschluss merkt, dass etwas übrig bleibt, lädt er es in der App hoch. Burger, Maultaschen und Co. werden warm überreicht und können direkt vor Ort verspeist werden. "Die App hilft mir, in der Region bekannter zu werden", stellt der Unternehmer ehrlich fest.

Vorteil für alle Beteiligten

So könnte man "Too Good To Go" als Win-Win-Win bezeichnen: Für den Konsumenten, der günstig Lebensmittel rettet, für die Händler (Öko-Image: Lebensmittel verkaufen statt entsorgen und Neukunden gewinnen) sowie für die Umwelt.

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