Debatte um Bahn-Misere – ICE-Halt in Heilbronn weiter in der Schwebe
Tut die Region zu wenig gegen Probleme auf der Frankenbahn? Landrat Norbert Heuser tritt Kritik entgegen und warnt vor überzogenen Erwartungen. Derweil ist weiter unklar, ob der ICE im kommenden Jahr ein Gastspiel in Heilbronn gibt.

Bahnexperte Gerhard Schnaitmann hatte die Kommunalpolitik der Region in einem Stimme-Interview scharf kritisiert. Anlass war der sogenannte Frankenbahn-Gipfel mit Vertretern von Bund, Land und Kommunen im Mai. In Möckmühl sollte über weitere Schritte zur Sanierung der störungsanfälligen Frankenbahn zwischen Stuttgart, Heilbronn und Würzburg informiert werden.
Für Schnaitmann, früher Fahrbahnplaner in Diensten der Landesgesellschaft NVBW, war die Veranstaltung eine Pleite. "Der Staatssekretär kommt nicht mehr so schnell in die Region, nur um sich das Lamento anzuhören", sagte Schnaitmann zur Teilnahme von Michael Theurer (FDP), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Es sei, so Schnaitmann weiter, wie so häufig in der Region Heilbronn. "Das Wehklagen ist groß, und die Facharbeit lässt zu wünschen übrig."
Frankenbahn: Landrat Heuser sieht erste Erfolge
Das will Landrat Norbert Heuser, der auf regionaler Seite beim Thema Frankenbahn die Fäden in der Hand hält, auf Nachfrage nicht stehen lassen. Alle Beteiligten arbeiteten "an einer kontinuierlichen Verbesserung der für alle Beteiligten nicht zufriedenstellenden Situation auf der Frankenbahn", heißt es auf Nachfrage aus dem Landratsamt. Genannt werden unter anderem die 2019 umgesetzten Taktverbesserungen und die Tatsache, dass Land und Kommunen eine Studie zum Verbesserungsbedarf auf der Strecke in Auftrag gegeben hatten.
Die Studie liegt längst vor, die Umsetzung der Empfehlungen wurden in drei Pakete gepackt. Alles umzusetzen, würde Hunderte Millionen Euro kosten und den Verkehr stabilisieren, aber nur marginal beschleunigen. "Es war nie der Anspruch, dass am 2. Mai 2023 eine Finanzierungszusage für mehr als 700 Millionen Euro präsentiert wird", sieht Heuser im Rückblick bei manchen Beobachtern überzogene Hoffnungen. "Falls jemand diese unrealistische Erwartungshaltung gehabt hat, könnte das Treffen als Misserfolg angesehen werden."
Keine Fortschritte bei zentralen Ausbauvorhaben
Ein Misserfolg war es aus seiner Sicht nicht. „Erstmals konnten wir uns als Region zusammen mit Bund und Land hinter den drei Maßnahmenpaketen vereinen und einen gemeinsamen Weg vereinbaren." Bei Paket 1 geht es vor allem darum, die Region besser an die echten Bahnknoten Würzburg und Stuttgart anzubinden. Vorgesehen sind etwa digitale Stellwerke, zusätzliche Signale und ein Gütergleis zum Audi-Werk, das vom übrigen Verkehr getrennt ist. Hier liegen die Investitionen im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Geld für die Digitalisierung soll beim Bund locker gemacht werden. Nach Einschätzung des Heilbronner Landratsamts "ein wichtiger Erfolg". Auch Paket 2, hier geht es vor allem um Defizite bei diversen Bahnsteigen, werde angegangen.
Das richtig teure Paket 3, das unter anderem die Beseitigung der eingleisigen engstelle bei Möckmühl-Züttlingen und viele andere Bauwerke umfasst, werde laut Heuser vorerst zurückgestellt und "neuen Arbeitsgruppen" überantwortet. Das dritte Paket war immer langfristig geplant, ist aber erforderlich, um die Kapazitätsprobleme der Strecke zu beheben und die Voraussetzungen für den Deutschlandtakt zu schaffen. Hier geht es um das Projekt der Deutschen Bahn, alle wichtigen Zentren in engem und verlässlichen Takt zu verbinden. Heilbronn spielt in dem Konzept keine Rolle, auch das kritisierte Bahnexperte Schnaitmann im Stimme-Interview.
Ausweichverkehr geplant: Fährt der ICE 2024 an Heilbronn vorbei?

Zumindest kurzfristig hat Heilbronn, eine der wenigen deutschen Großstädte ohne Fernverkehrsanschluss auf der Schiene, die Chance auf ein bisschen große Bahnwelt. Die Magistrale zwischen Frankfurt in Mannheim wird 2024 für mehrere Monate gesperrt. Während der Bauzeit ist im Gespräch, dass ICE-Züge zwischen Stuttgart und Hamburg über die Frankenbahn und Heilbronn umgeleitet werden. Eine Entscheidung dazu sei nicht gefallen und werde im Herbst kommuniziert, teilt die Deutsche Bahn auf Anfrage mit.
Allerdings: Selbst wenn der Ausweichverkehr kommt, könnte der ICE an Heilbronn vorbeifahren. Die Bahnsteige sind nur für 200 Meter ausgelegt, ein ICE im Regelverkehr misst aber das Doppelte. Für Matthias Lieb vom Fahrgastverband Baden-Württemberg droht "ein echter Schildbürgersteig". Seiner Ansicht nach müsste notfalls die Stadt die Kosten für eine provisorische Verlängerung des Bahnsteigs übernehmen.