Aus der Brackenheimer Notfallpraxis: Gruppe aus Zabergäu protestiert in Stuttgart
Mit der geplanten Reform der Notdienste soll auch die Notfallpraxis in Brackenheim wegfallen. Darum reist eine Gruppe Zabergäuer am Montag zu einer großen Protestaktion nach Stuttgart.
Die Sache scheint besiegelt: Die Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg, den Bereitschaftsdienst im Land neu zu strukturieren, ist in die Öffentlichkeit gelangt und hat heftige Proteste ausgelöst. Brackenheim ist eine von 18 Notfallpraxen im Land, die demnach schließen sollen. Die Bereitschaftspraxis ist Anlaufstelle für Patienten am Abend sowie an Wochenenden und Feiertagen, wenn Hausarztpraxen geschlossen sind.
"Es geht hier auch um die Glaubwürdigkeit der Politik", sagt Joachim Esenwein. Der Güglinger Stadtrat ist im Förderverein Gesundheitsversorgung Zabergäu und Umgebung aktiv. Gemeinsam mit Mitstreitern und dem Vereinsvorsitzenden, dem ehemaligen Brackenheimer Bürgermeister Rolf Kieser, hat er einen Bus gechartert. Rund 50 Teilnehmer fahren am Montag nach Stuttgart-Vaihingen zum Sitz der KV, wo die Pläne bei einer Pressekonferenz erläutert werden.
Aufschub für Notfallpraxis Brackenheim? Das will der Bürgermeister erreichen
Auch aus anderen Orten des Landes, die von Schließungen betroffen sind, sind Proteste angekündigt, etwa aus Ettlingen, Müllheim und Bad Saulgau. Erwartet werden mehrere Hundert Teilnehmer.
Die Kundgebung beginnt um 12.30 Uhr. Esenwein erinnert daran, dass die Schließung des SLK-Krankenhauses in Brackenheim 2017 mit der Zusage verbunden war, die Notfallpraxis einzurichten und zu erhalten. Zieht die KV ihre Pläne durch, werde es Klagen geben, "wenn nötig bis zum Bundesverfassungsgericht".

Brackenheims Bürgermeister Thomas Csaszar setzt darauf, dass es zumindest Aufschub gibt, um über die Zukunft der medizinischen Versorgung zu beraten. Das Ende der Notfallpraxis ist für März angekündigt. "Aber die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt Csaszar.
Barmer-Chef kritisiert Kassenärzte: Bereitschaftsdienst gehört Pflichten
Harsche Kritik an den KV-Plänen kam in der vergangenen Woche auch von Winfried Plötze, dem Landesgeschäftsführer der Krankenkasse Barmer. Er sagte unserer Redaktion, Bereitschaftsdienste gehörten nun einmal zu den Pflichten von Kassenärzten. "Ich habe das Gefühl, in den letzten Jahren hat man diese Pflicht zunehmend als lästig empfunden."
Das könne so nicht bleiben. Nur zu sagen: „Ich habe keine Ärzte, tut mir leid, geht nicht“, sei zu wenig. Plötzes Forderung: "Für manche Probleme wie den Erhalt von Notdienststrukturen müssen neue Ideen generiert werden." Auch dürften Kassenpatienten nicht weiter gegenüber Privatpatienten benachteiligt werden.
Weniger Ressourcen für Notfallpraxen: Deshalb unterstützt der Ärzteverbund Medi die Schließungen
Unterstützung für die KV-Pläne kommt dagegen vom Ärzteverband Medi in Baden-Württemberg. Die Ressourcen müssten "künftig zielgenauer eingesetzt werden", heißt es in einer Medi-Mitteilung. Die Menschen im Land würden weiterhin ausreichend akut versorgt werden.
Doch durch die Ruhestandwelle bei Ärzten und weniger Nachwuchs, der nachrückt, seien einfach nicht mehr genügend Ressourcen da, um das System weiterlaufen zu lassen. „In vielen Fällen reicht oft ein telemedizinischer Austausch mit einer Ärztin oder einem Arzt. Dafür brauchen wir aber keine zusätzlichen Notfallpraxen“, wird der Medi-Vorsitzende Norbert Smetak zitiert.
Stimme.de