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Medizinische Versorgung im Land
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Aus der Brackenheimer Notfallpraxis endgültig besiegelt

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Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg plant, den Ärztlichen Bereitschaftsdienst im Land umzustrukturieren. Insgesamt sollen 18 Standorte schließen – darunter auch der in Brackenheim.


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Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) plant eine umfassende, landesweite Reform des ärztlichen Bereitschaftsdienstes. Mit öffentlichen Äußerungen zur künftigen Struktur hält sie sich noch zurück. Doch Details zu den Reformplänen sind durchgesickert. Fest steht demnach: In jedem Stadt- und Landkreis soll es nur noch dort mindestens eine Notfallpraxis geben, wo es auch ein Krankenhaus gibt. Damit ist das Aus der Notfallpraxis in Brackenheim, die seit der Schließung des Krankenhauses 2017 Anlaufstelle für die hausärztliche Erstversorgung ist, wenn die Haus- oder Facharztpraxis geschlossen hat, endgültig besiegelt.

Dass die Notfallpraxen in Künzelsau und Möckmühl, die bereits im Oktober 2023 geschlossen wurden, nicht mehr öffnen werden, hatte die KV bereits im Frühjahr verkündet. Eine Übersichtskarte, die bei internen Treffen mit Beteiligten und Politikern vorgestellt wurde und die unserer Redaktion vorliegt, zeigt, welche Standorte dauerhaft geschlossen oder erhalten bleiben sollen.

Weniger Notfallpraxen in Baden-Württemberg: Aus für Standort in Brackenheim

Demnach ist geplant, insgesamt 18 Standorte in Baden-Württemberg zu schließen – darunter den in Brackenheim. Patienten müssen künftig nachts, an Wochenenden und Feiertagen die KV-Notfallambulanzen aufsuchen, die an die Kliniken am Gesundbrunnen und am Plattenwald angegliedert sind. Zu den konkret betroffenen Standorten will sich die KV weiterhin nicht äußern. Sprecher Kai Sonntag betont auf Nachfrage, dass „heute noch keine Informationen bestätigt werden können“.

Die Notfallambulanz in Brackenheim soll spätestens Ende des Jahres 2025 geschlossen werden.
Die Notfallambulanz in Brackenheim soll spätestens Ende des Jahres 2025 geschlossen werden.  Foto: Berger, Mario

Die Schließung der Brackenheimer Praxis sei aber beschlossene Sache, sagt ein gut informierter Hinweisgeber. Seiner Einschätzung nach sei die Entscheidung der KV „unumkehrbar“. Aufgrund des politischen Drucks von Kreisräten, Parteiverbänden und Landtagsabgeordneten – unter anderem kamen durch eine Online-Petition für den Erhalt der Brackenheimer Notfallpraxis knapp 9000 Unterschriften zusammen – habe man immerhin erreichen können, dass der Zeitpunkt der Schließung auf Ende 2025 verschoben wurde, heißt es. Schriftlich habe die KV das allerdings noch nicht zugesichert. Angesichts der Tatsache, dass immer weniger Ärzte Bereitschaftsdienste übernehmen wollen, sei die Schließung der Standorte zwar nachvollziehbar, aber eine „bittere Pille“, so der Informant.

Erreichbarkeit von Notfallpraxis: So lange dauert die Anfahrt für Patienten

Eine andere Quelle berichtet, dass es am Ende eines KV-Treffens emotionale Diskussionen gegeben habe, insbesondere wegen der Kriterien zur Erreichbarkeit der Standorte. Laut KV ist vorgesehen, dass die Notfallstandorte künftig in 95 Prozent der Fälle in 30 Fahrminuten und in 100 Prozent in maximal 45 Fahrminuten mit dem Auto für Patienten erreichbar sind. Laut KV sei das zumutbar, sagt ein Zuträger – ob es für die Patienten geschickt sei, sei eine andere Sache. Auch an anderen Standorten in anderen Landkreisen sei das Personal knapp, um die bisherigen KV-Praxen mit den Öffnungszeiten weiter zu betreiben.

Aus für Notfallpraxis in Brackenheim: Medizinische Versorgung blute aus

Die Teilnehmer bemängelten außerdem, dass die ohnehin belasteten Notfallambulanzen noch mehr Patienten aufnehmen müssen. Ihr Einwand, dass auch der Rettungsdienst stärker beansprucht werden wird, habe die KV verneint. „Die Verärgerung über die von der KVBW vorgesehene Schließung der hausärztlichen Praxis, die eine bislang funktionierende Struktur ohne Notwendigkeit zerstört, ist maßlos", sagt Brackenheims Bürgermeister Thomas Csaszar. Durch die Schließung der Notfallpraxis blute die medizinische Versorgung im ländlichen Raum weiter aus.


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Über die weiteren Strukturierungspläne des Ärztlichen Bereitschaftsdienst habe die KV die betroffenen Kommunen noch nicht informiert, sagt Brackenheims Bürgermeister Thomas Csaszar. „Wir warten nach wie vor, wie die endgültige Konzeption durch die Schließung aussehen soll.“ Dabei erwarte man kluge Lösungen von der KV, mit denen „die medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleistet bleibt“, und dass die KV mit den Kommunen in den Dialog geht. Nach Gesprächen mit dem umliegenden Kliniken, darunter den Heilbronner SLK-Kliniken, „ist für mich nicht gewährleistet, dass der zusätzlichen Patientenstrom kompensiert werden kann“, sagt Csaszar. 

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Kommentare

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Wilfried Binder am 11.10.2024 09:48 Uhr

Wie perfide ist das denn???

2016 schließt man das Krankenhaus (inkl. Notaufnahme) in Brackenheim. Als "Beruhigungspille" gab es die Notfallpraxis. Nun, gerade mal 8 Jahre später, schließt man in die Notfallpraxis mit dem Argument, weil am Standort kein Krankenhaus mit Notaufnahme (mehr) ist. Und das, obwohl die Notfallpraxis nach medialer Berichterstattung nicht defizität arbeitet.

Die SLK klagt ständig wegen überlasteter Notaufnahme und die KV-Baden-Württemberg sorgt durch Schließung der Notfallpraxis für noch mehr Überlastung. Für die Landbevölkerung bedeutet dies, neben 30 min Fahrt bis zur Notfallpraxis, dort weitere Wartezeiten bis man an der Reihe ist und sich des Notfalls annehmen kann.

Bei Un- oder medizinischen Notfällen ist man zu erster Hilfe verpflichtet, kann im Falle von Untätigkeit wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt und bestraft werden. Erste Hilfe erfordert aber auch, daß diese so schnell als möglich eingeleitet werden muss.
Fazit:
Bei künftigen, aus zeitlicher Verzögerung resulitierenden medizinischen Folgeschäden mit im Extremfall tödlichem Ausgang, sollte die KV - als Initiator der Schließung von Notfallpraxen - auf Schmerzensgeld und Schadenersatz verklagt werden.

Hilfe in medizinischen Notfällen, darf nicht unter monetären bzw. gar profitorientierten Gesichtspunkten erfolgen.

Und brandaktuell:
In Thüringen, Sachsen und Brandenburg ist die Wahl mit dem bekannten Ergebnis ausgegangen, unter anderem auch weil die ländliche Infrastruktur immer weiter ausgedünnt wurde. Nach Corona, Ukraine- und sonstigen Kriegen, Inflation, unkontrollierter Zuwanderung, Wohnungsmangel, Klimakrise etc. fragt sich auch der Geduldigste so langsam, warum dann auch noch ständig "neue Säue durchs Ort getrieben" und Bürgern immer weitere Belastungen aufgebürdet werden? Will man zunehmende Systemverdrossenheit und vergleichbare Entwicklungen auch in Baden-Württemberg??

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