Hochwasser-Einsatz: Neckarsulmer Tierretter retten rund 50 Fische
Überschwemmungen ziehen auch Tiere in Mitleidenschaft. Vor allem Fische werden dabei aus ihrer normalen Umgebung gespült und müssen gerettet werden.

Nach den starken und großflächigen Hochwassern des vergangenen Wochenendes sinken die Flusspegel in weiten Teilen der Region wieder. Zurück bleiben dabei aber neben materiellen Schäden auch Tiere, denen die Ereignisse zugesetzt haben: Etliche große wie kleine Fische, die durch das Hochwasser aus ihren angestammten Lebensbereichen getrieben wurden.
Viele davon sind in den tieferliegenden Wasserrückhaltebecken und Überflutungsflächen gelandet, haben nun aber nicht mehr die Möglichkeit, diese selbständig wieder zu verlassen.
50 Fische aus Rückhaltebecken an Besigheimer Bahnbrücke gerettet
In Sachen Fische ist auch die Tierrettung Unterland derzeit schwerpunktmäßig aktiv. "Es kann natürlich sein, dass aufgrund der Situation auch noch Großtiere zu retten sind", sagt der Leiter des Einsatzdiensts, Jan Franke. "Uns wurde aktuell jedoch noch nichts gemeldet."
Zusammen mit dem Angelsportverein Besigheim und etlichen Helfern waren sieben Neckarsulmer Tierretter am Dienstagvormittag am Rückhaltebecken der Enz an der Besigheimer Bahnbrücke aktiv, um dort Fische zu sichern. "Rund 50 meist große Tiere wie etwa Karpfen haben wir dabei wieder in die Enz getrieben", schildert Franke. Die Tiere selbst hatten aufgrund der Wasserlage den Auslauf des Beckens nicht mehr erreichen können.
"Meldungen wie diese bekommen wir meist im Nachgang eines Hochwassers", so der Einsatzdienstleiter, Großtierrettungen fielen dagegen eher während einer konkreten Lage an. Eingegriffen werde aber erst, wenn die Tiere nicht mehr selbstständig wieder ihrer Wege gehen könnten, so Jan Franke. Das sei zum Glück bei den rund 30 Rehen der Fall gewesen, die sich bei Obereisesheim zwischen Neckar und Neckartalstraße im Zuge des Hochwassers auf eine kleinere Insel zurückgezogen hatten.
Tierretter seit Dauerregen am Wochenende in Alarmbereitschaft
Seit den ersten Warnungen des Wetterdienstes zum vergangenen Wochenende standen auch die Unterländer Tierretter in den Startlöchern: Aufgrund der Erfahrungen aus Einsätzen in der Vergangenheit war bereits zeitig das Lagezentrum des Bundesverbands Gemeinschaft Deutscher Tierrettungsdienste aktiviert und die dem Verband angeschlossenen Tierrettungsdienste in erhöhte Bereitschaft versetzt worden.
Sie sollen bei Bedarf die regionalen Hilfsorganisationen mit dem Schwerpunkt auf Beratung, Evakuierung, Rettung und Unterbringung von Tieren unterstützen können, falls sie dazu angefordert werden.
"Rettungswesten oder mobile Unterstände für evakuierte Großtiere"
Um im Einzugsbereich des Neckars und seiner Nebenflüsse kurzfristig helfen zu können, wurde daher sowohl am Standort des Landesverbands Südbaden in Radolfzell am Bodensee als auch bei der Tierrettung in Neckarsulm Sondermaterial für Hochwasser- und Betreuungseinsätze vorgehalten.
"Zum Beispiel haben wir ein Boot des Bundesverbands hier, das sonst in Bonn stationiert ist, Rettungswesten oder mobile Unterstände für evakuierte Großtiere", schildert Franke. Die Tierretter unterstützten aber auch Privatpersonen: "Über unsere Hotline geben wir Tipps, wie man vorgehen sollte, falls man ein Tier außerhalb seines natürlichen Lebensraums findet", sagt Franke.
Hochwasser spült Schlamm von Kiesbänken
Auch im Hohenlohekreis werde Markus Hannemann, Sprecher der Fischhegegemeinschaft Jagst, im Lauf des Dienstags einen Aufruf zum Fische einsammeln herausgeben, sagt er am Mittag im Gespräch mit unserer Redaktion, „die Vereine schauen auch schon selber danach“. So lange auf den Auen noch Wassergräben sind, können die Fische auch noch gerettet werden. So habe er aus Schöntal ein Bild bekommen, wie jemand einen Karpfen eingesammelt hat, „das wäre sonst sein Todesurteil gewesen“.
Hochwasser seien eigentlich wichtig für die Fische, sagt Hannemann: „Dadurch werden die Kiesbänke vom Schlamm frei gespült“, die viele Fischarten zum Laichen benötigen. Allerdings solle das früher im Jahr passieren, „früher gab es mehr Hochwasser durch die Schnee- und Eisschmelze“. Viele Fische haben nun schon vor den Hochwassern im Mai und Anfang Juni abgelaicht. „Der Zeitpunkt jetzt ist sehr schlecht, denn durch das Hochwasser driften Laich und Jungfische ab.“
Jungstörche sterben an Unterkühlung
Andernorts hat der Starkregen allerdings eine – aus Sicht der Fischhegegemeinschaft – gute Folge: Biberdämme in den Seitenbächen der Jagst seien gebrochen oder davon geschwemmt worden. Das sei gut für die Groppe und die Bachforelle. „Durch die Dämme werden die Bäche zur Seenlandschaft“, die Fische benötigen allerdings Fließgewässer.
Ein trauriges Bild bot sich Mitarbeitern des örtlichen Bauhofs auch in Kupferzell: Der gesamte Nachwuchs eines Storchenpaars, das gegenwärtig auf dem Schornstein des dortigen Jugendhauses nistet und vor rund einem Monat Nachwuchs bekommen hatte, wurde Opfer der Regenmassen. Die drei Jungtiere sind alle tot. Sie sind, wie ein Nabu-Experte erklärt, offenbar in der langen Nässeperiode unterkühlt und eingegangen. Dies, so der Fachmann, komme durchaus häufiger vor. Die Kadaver sollen jetzt von der Storchen-Beauftragten des Landes in Augenschein genommen werden.