Als die Dampflok in Heilbronn auf dem Bahnhof explodierte
Es war im November 1853, als sich auf dem Bahnhof in Heilbronn ein Unglück ereignete: Die Besigheim wurde durch eine Explosion schwer beschädigt

Die Dampflokomotive Besigheim, so war seinerzeit in der Eisenbahn-Zeitung zu lesen, stand mit frischem Wasser und Holz auf der Reinigungsgrube vor dem Lokomotivschuppen, als mit einem lauten donnerähnlichen Schlag der Stehkessel der Lokomotive explodierte. Die Lok wurde etwa 30 Fuß vorwärts getrieben und der Tender aus dem Gleis gehoben. Holzscheite aus dem Holzkasten flogen einige hundert Schritt weit über das Bahnhofsgelände. Der Lokomotivführer wurde zum Glück nur leicht verletzt, der Heizer jedoch starb.
Im Königreich Württemberg waren nach dem Eisenbahngesetz vom 18. April 1843 mit großem Tempo die ersten Bahnstrecken gebaut worden. Auf der so genannten Nordbahn zwischen Stuttgart und Heilbronn fuhren am 9. Juli 1848 die ersten planmäßigen Züge. Nach dem "Fahrten-Plan" vom 1. Oktober 1849 verkehrten zwischen Stuttgart und Heilbronn täglich vier Zugpaare mit einer planmäßigen Fahrzeit von zwei Stunden. Ungewöhnlich waren der 7-Uhr-Zug von Stuttgart nach Heilbronn und in Gegenrichtung der 14-Uhr-Zug nach Stuttgart. Es waren nämlich Güterzüge, die in beschränkter Zahl auch Personen beförderten.
Eingleisige Strecke
Von Anfang an waren die Dampflokomotiven Heilbronn und Besigheim auf der noch eingleisigen Strecke im Einsatz. Nach der damals üblichen Namensgebung bezeichnete man die Loks mit Ortsnamen am Streckenverlauf. Die am Langkessel angebrachten, in Großbuchstaben geschriebenen Namensschilder waren die ersten kostenfreien mobilen Werbeträger und können als einer der ältesten Belege für Tourismusförderung gelten. Diese Loks der württembergischen Gattung III wurden 1846 von der Karlsruher Maschinenfabrik Emil Kessler gebaut. Sie waren einschließlich des Tenders 12,5 Meter lang, wogen 22 Tonnen und hatten eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern.
Auf den zwei Treibachsen waren Treibräder mit einem Durchmesser von 1,37 Meter montiert. Die Räder der beiden vorderen Laufachsen hatten einen Durchmesser von 84 Zentimeter. Im Dampfkessel herrschte ein Überdruck von 6,3 bar. Auf dem offenen Führerstand waren der Lokführer und sein Heizer Wind und Wetter ausgesetzt. Die Besigheim trug die Bahnnummer 11, die baugleiche Heilbronn die Nummer 12. In den Anfangsjahren der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen wurden die Dampflokomotiven mit Holz befeuert, erst später wurde auf Kohle umgestellt. Im Tender befand sich auch der Wasserkasten mit sechs Kubikmetern Fassungsvermögen.
Schwachpunkte in der Konstruktion

Am 6. November 1853 geschah dann das Unglück auf dem Bahnhof in Heilbronn. Der genaue Hergang wurde in der Eisenbahn-Zeitung vom 1. Januar 1854 ausführlich geschildert. Glück im Unglück hatte der Lokomotivführer Karl Gottlieb Wahl, der wenige Tage zuvor zum "definitiven Heizer" ernannt worden war. Er wurde nur leicht am Kopf verletzt, während sein Heizer tödlich verunglückte. Zwei sich in der Nähe aufhaltende andere Heizer, darunter der spätere Lokomotivführer Ludwig Mollenkopf, erlitten Brandwunden. Bei der Untersuchung der beschädigten Lok kamen zwei Kesselreparaturen aus den Jahren 1850 und 1853 in den Fokus. Letztlich wurden konstruktive Schwachpunkte des Vierseitkessels als Unglücksursache ausgemacht. Der Sachschaden wurde auf 8000 Gulden geschätzt. Ein Verschulden des Lokomotivpersonals konnte nicht festgestellt werden.
Wieder in Betrieb
Die reparierte Lok ging 1854 wieder in den regulären Betrieb der Nordbahn zurück. 1869 wurde die Besigheim in der Maschinenfabrik Esslingen grundlegend umgebaut und in die Gattung B3 eingereiht. Der Umbau war quasi ein Neubau, aus der Fabrik kam eine völlig andere Lokomotive, die den Erfordernissen des Betriebs angepasst wurde. Sie hatte jetzt einen überdachten Führerstand, zwei Treibachsen mit größeren Treibrädern und nach dem Wegfall des vorderen zweiachsigen Drehgestells nur noch eine Laufachse. Das Gewicht hatte sich auf 29 Tonnen erhöht. Durch den höheren Kesselüberdruck war eine wesentlich höhere Geschwindigkeit möglich.
Die umgebaute Besigheim war noch mehr als 40 Jahre im Reisezugdienst der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen im Einsatz, ehe sie 1911 ausgemustert wurde. Die Lok Heilbronn wurde insgesamt drei Mal umgebaut. Das Datum ihrer Ausmusterung ist nicht bekannt.
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