Kliniken im Land schlagen Alarm
Die SLK-Kliniken verschieben planbare OPs. Ab Mittwoch tritt voraussichtlich die Alarmstufe in Kraft, dann kommen schärfere Maßnahmen für Ungeimpfte. Im Nah- und Fernverkehr ist die 3G-Regel geplant.
In Baden-Württemberg tritt voraussichtlich am Mittwoch die Corona-Alarmstufe in Kraft. Dann werden ungeimpfte Personen vom öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen. Hintergrund ist, dass in den Südwest-Intensivstationen am Montagabend 406 Covid-19-Patienten behandelt worden sind. Damit wurde im Südwesten erstmals der Wert von 390 überschritten. Befinden sich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen mindestens 390 Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen, dann greift in Baden-Württemberg die Corona-Alarmstufe. Das Stuttgarter Sozialministerium geht davon aus, dass der Schwellenwert am Dienstag ebenfalls überschritten wird.
Krankenhausgesellschaft rechnet mit Personalproblemen
Auf den Intensivstationen im Südwesten spitzt sich derweil die Lage zu. Von den 2268 Betten sind bereits fast 2000 belegt. Pro Klinik-Standort sind nur noch 2,4 Betten frei. Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) rechnet wegen der zunehmenden Zahl der Patienten bald mit Personalproblemen. "Wenn die Patientenzahlen weiter deutlich steigen und möglicherweise auch die Notfallreserve tatsächlich in Anspruch genommen werden muss, werden die auf den regulären Intensivstationen geltenden Personaluntergrenzen nicht mehr umgesetzt werden können", sagt BWKG-Hauptgeschäftsführer Matthias Einwag der Heilbronner Stimme. Seit 1. Februar 2021 dürfen in der Tagschicht maximal zwei Patienten auf eine Pflegekraft kommen. In der Nachtschicht sind es drei Patienten pro Pflegekraft.
Klinik-Personal ist häufiger krank
Laut Einwag meldeten die Klinik-Geschäftsführer einen deutlich höheren Krankenstand bei ihrem Personal als in durchschnittlichen Zeiten. Grund sei die Dauerbelastung in der Corona-Pandemie. Die Kliniken gehen in den nächsten Wochen weiter von einer größer werdenden Belastung aus. "Die Lage auf den Intensivstationen ist sehr angespannt. Große Sorgen bereiten die weiter ansteigenden Inzidenzen, die dazu führen werden, dass die Zahl der Covid-19-Patienten in den nächsten Wochen weiter steigen wird."
An den regionalen SLK-Kliniken werden zahlreiche planbare Operationen abgesagt, um Personal für die Versorgung von Covid-Patienten freizubekommen. Das gilt für alle Standorte und über alle Fachbereiche hinweg. "Die Dynamik bei den Fallzahlen ist besorgniserregend", sagt ein Sprecher. Die Covid-19-Patientenzahlen steigen seit Mitte Oktober kontinuierlich, gestern befanden sich 73 Menschen bei SLK in Behandlung, 14 davon auf den Intensivstationen.
Kliniken im Land haben nur wenig Luft für Corona-Patienten
Götz Geldner vom Klinikum Ludwigsburg, Präsident des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten, sagte unserer Redaktion, vor allem die adäquate Versorgung der anderen Patienten stehe auf dem Spiel. "Jeder Covid-Patient geht zu deren Lasten." Einzig an Uniklinik-Standorten im Land wie Heidelberg oder Freiburg gebe es derzeit noch etwas Luft in der Intensivmedizin. Grund dafür sei die große Anzahl von Intensivbetten an diesen Standorten und die relativ junge Bevölkerung, schwere Erkrankungen seien da seltener. "Aber auch diese Kapazitäten werden uns höchstens über ein paar Tage retten", so Geldner.
Innerhalb der sogenannten Cluster-Region - einem Zusammenschluss der Kliniken in Ludwigsburg, Stuttgart und Heilbronn, die sich in den vergangen beiden Wellen gegenseitig ausgeholfen hatten, seien dagegen fast alle Häuser hoch ausgelastet. Sie könnten sich derzeit kaum gegenseitig unterstützen.
3G soll im Nahverkehr kommen
Wegen der Zuspitzung der Lage sollen die Bundesländer auch künftig Kontakte beschränken und Freizeitveranstaltungen untersagen können. Nach viel Kritik einigten sich SPD, Grüne und FDP auf entsprechende Nachbesserungen. Ausgangs- oder Reisebeschränkungen sowie generelle Schließungen von Schulen, Läden oder Gaststätten sollen nach dem Auslaufen der epidemischen Lage nicht mehr möglich sein. Olaf Scholz (SPD) versprach, alle "notwendigen Entscheidungen" würden getroffen. Geplant ist auch 3G im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Nur noch Menschen mit Impf-, Genesenen- oder Testnachweis dürften dann mitfahren. Entscheidungen sollen an diesem Donnerstag fallen. Dann wollen die Ampelparteien das veränderte Infektionsschutzgesetz im Bundestag beschließen. Bund und Länder wollen in einem Spitzentreffen einen gemeinsamen Kurs festlegen.
Region
Nach Angaben des Landesgesundheitsamtes (Stand Montag, 16 Uhr) fiel die Sieben-Tage-Inzidenz im Stadtkreis Heilbronn gestern leicht auf 510, 1 (Sonntag 514,8). Ebenfalls einen Rückgang verzeichnet der Hohenlohekreis, wo die Inzidenz bei 385,8 (Sonntag: 392,9) lag. Einen Anstieg gab es im Landkreis Heilbronn, wo der Wert von 466,3 auf 481,6 kletterte.