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Stellenabbau bei Audi – Neckarsulm diskutiert Zukunft auf Betriebsversammlung

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Bei der Audi-Betriebsversammlung am Donnerstag am Standort Neckarsulm standen vor allem Themen wie Vorruhestandsregelungen und ein mögliches US-Werk im Mittelpunkt. Auf eine Nachricht warteten die Beschäftigten vergeblich.


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Die Vorzeichen für die dritte Audi-Betriebsversammlung im laufenden Jahr am Donnerstag im Werk Neckarsulm hätten wahrlich besser sein können. Vor wenigen Tagen wurde eine Studie aus den USA veröffentlicht, wonach der Autobauer mit den vier Ringen im Qualitäts-Ranking J.D. Power den letzten Platz belegt. Am Donnerstag selbst dann die nächsten Hiobsbotschaften aus Flensburg: Das Kraftfahrtbundesamt hat die Halbjahreszahlen für den deutschen Markt veröffentlicht. Im Vergleich zum ohnehin schon schwachen Vorjahr ging die Zahl der Audi-Neuzulassungen von Januar bis Juni um 6,2 Prozent auf 97.731 Einheiten zurück. Die direkten Konkurrenten BMW und Mercedes liegen jeweils über der Marke von 100.000 Fahrzeugen.

Audi: Stellenabbau beschäftigt die Mitarbeiter auch in Neckarsulm

Ungeachtet der schlechten Zahlen war auch so Unsicherheit unter den rund 3000 Beschäftigten in der vollbesetzten Halle B16 zu spüren, berichten Anwesende. Und das, obwohl in Neckarsulm dank der neuen Modelle A5 und A6 unter der Woche rund um die Uhr produziert wird und im Juni sogar Sonderschichten an den Wochenenden gefahren wurden. Dennoch: Audi steckt in der Krise. Absatz, Umsatz und Gewinn sind zuletzt stark gesunken. 13 Prozent oder besser noch mehr Rendite erwirtschaften. Ohne sparen geht das nicht: 7500 Stellen fallen bis Ende des Jahrzehnts weg, die Kosten in der Produktion und der Technischen Entwicklung sollen deutlich sinken. 

Audi-Gesamtbetriebsrat Rainer Feigenspan forderte bei der Betriebsversammlung in Neckarsulm eine klare Strategie.
Audi-Gesamtbetriebsrat Rainer Feigenspan forderte bei der Betriebsversammlung in Neckarsulm eine klare Strategie.  Foto: Audi

Audi: Altersteilzeitprogramm und Vorruhestandsregelung für ältere Angestellte

In seinem Bericht skizzierte Gesamtbetriebsrat Rainer Feigenspann, wie der sozialverträgliche Stellenabbau geplant ist. Neu sei unter anderem die Regelung zur „Altersteilzeit lang“, die aus drei Jahren aktiver und drei Jahren passiver Phase bestehe. Dafür würden Beschäftigte der Jahrgänge 1967 bis 1970 angesprochen. Angestellten der Jahrgänge 1964 bis 1967 wird angeboten, entweder ab dem  1. Januar 2026 oder ab dem 1. November 2026  in den Vorruhestand gehen. Ein weiteres Angebot gibt es für die Beschäftigten des Jahres 1968: Sie können ein Jahr später aufhören, also zum 1. Januar 2027 oder wahlweise zum 1. November 2027. Vom Zeitpunkt ihres Ausscheidens bis zum Eintritt in in die offizielle Rente erhalten die Betroffenen unseren Informationen zufolge je nach Betriebszugehörigkeit und Stellung etwa zwischen 85 und 90 Prozent ihres Gehalts.

Audi-Betriebsrat in Neckarsulm: „Werter Vorstand, hören Sie uns Beschäftigten zu“

Der Audi-Standort Neckarsulm sei mit neuen Modellen, modernem Karosseriebau und Lackiererei, zwei Montagehallen und durch die Zukunftsvereinbarung zwar gut aufgestellt, dennoch fehle eine klare Strategie, an der sich die Beschäftigten orientieren könnten, bemängelte Rainer Feigenspan. „Werter Vorstand, hören Sie uns Beschäftigten zu“, sagte der Gesamtbetriebsrat. „Umgeben Sie sich nicht nur mit Menschen, die Ihnen nicht widersprechen, sondern suchen Sie auch die unangenehmen Gespräche.“

Ein Dauerbrenner ist weiterhin das Thema hybrides Arbeiten. Zwar gilt bei Audi nach wie vor die Betriebsvereinbarung, wonach Beschäftigte in Absprache mit ihrem Vorgesetzten oft von zu Hause arbeiten können. Schon länger fordert jedoch der Vorstand eine stärkere Präsenz im Unternehmen. Diese Ansicht teilen nun auch die Arbeitnehmervertreter deutlicher als noch vor einigen Monaten. „Jetzt sind auch Sie, liebe Führungskräfte, gefragt: Motivieren Sie Ihre Mannschaft, leben Sie den Wandel vor“, sagte Feigenspan in Richtung der Team- und Abteilungsleiter. „Wir müssen uns wieder mehr vernetzen, den Audi-Spirit wieder spüren, der uns stark gemacht hat.“

Klare Betriebsrats-Aussage zu möglichem Audi-Werk in den USA

Für Diskussionen in der Belegschaft sorgen auch die Pläne für ein mögliches US-Werk von Audi. Denn anders als zunächst angenommen, klinkt sich Audi nun wohl doch nicht in der VW-Fabrik in Chattanooga ein. Insider berichten, dass ein eigenes Audi-Werk nun wohl die wahrscheinlichste Option ist. Das ruft die Arbeitnehmerseite auf den Plan. „Können wir es uns leisten, in den USA ein neues Werk zu bauen, wenn unsere eigenen Werke in Deutschland nicht ausgelastet sind“, fragte Feigenspan in Richtung der anwesenden Vorstände. „Als Arbeitnehmervertretung haben wir hier eine klare Meinung: Unsere Auslastung muss gesichert sein. Wir sagen: bevor wir keine Auslastung der deutschen Werke haben, kann es auch kein Werk in den USA geben.“

Dank der neuen Modelle A5 und A6 (Im Bild) ist der Standort Neckarsulm aktuell gut ausgelastet. Bis mindestens 2032 sollen in der Region Verbrenner gefertigt werden.
Dank der neuen Modelle A5 und A6 (Im Bild) ist der Standort Neckarsulm aktuell gut ausgelastet. Bis mindestens 2032 sollen in der Region Verbrenner gefertigt werden.  Foto: Audi

Audi-Vorstand Ros: „Produzieren in Neckarsulm mindestens bis 2032 Verbrenner“

Audis Personalvorstand Xavier Ros hielt dagegen und hob in seiner Rede für das Unternehmen die Investitionen in die deutschen Standorte hervor. „Mit der Zukunftsvereinbarung schaffen wir die nötigen Voraussetzungen für die Standortsicherheit und investieren bis 2029 rund acht Milliarden Euro in unsere beiden deutschen Standorte“, sagte der Spanier. „Für Neckarsulm bedeutet das: Wir produzieren auch weiterhin Verbrenner bis mindestens 2032 und stärken den Standort gezielt durch Investitionen in Technologien rund um E-Mobilität, zum Beispiel in das Batterietechnikum.“ Ein besonderer Fokus würde zudem auf dem Thema Künstlicher Intelligenz liegen - hier solle Neckarsulm die führende Rolle innerhalb des Audi-Konzerns übernehmen. Zudem bedankte sich Ros bei den Neckarsulmer Beschäftigten für den gelungenen Anlauf des neuen Audi A6.

Audis Personalvorstand Xavier Ros bedankte sich bei den Neckarsulmer Beschäftigten für den gelungenen Anlauf  des neuen Audi A6.
Audis Personalvorstand Xavier Ros bedankte sich bei den Neckarsulmer Beschäftigten für den gelungenen Anlauf des neuen Audi A6.  Foto: Audi

Audi: Keine Bestätigung für weiteres Modell für den Standort Neckarsulm

Auf eine Nachricht warteten die Beschäftigten bei der Betriebsversammlung allerdings vergeblich. Viele hatten sich Hoffnungen gemacht, dass der Vorstand ein weiteres Modell für den Standort bestätigen würde. Während Neckarsulm aktuell gut ausgelastet ist, wird in den Böllinger Höfen in Heilbronn der E-Tron GT nur noch in einer Schicht gefertigt. Konzepte für ein zweites Modell gibt es dem Vernehmen nach, eine Entscheidung steht aber immer noch aus. In den nächsten Monaten wird aber erwartet, dass Bewegung in das Thema kommt. Schließlich steht im November die nächste Planungsrunde des VW-Konzerns an, in der große Investitionen und die Werkebelegung für die nächsten Jahren entschieden wird.

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