Audi-Fertigung in den USA rückt näher – „prüfen intensiv alle Optionen“
Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass Audi künftig auch Autos in den USA fertigt. In den Überlegungen spielen aber nicht nur Strafzölle eine Rolle. Vermutlich teilt sich Audi ein Werk mit der Konzernmutter VW.
Mit einer großen Modelloffensive, einer eigenen Marke für China und einem umfangreichen Sparprogramm will Audi zurück in die Erfolgsspur. „Bei Audi stehen die Zeichen auf Aufbruch“, hatte CEO Gernot Döllner am vergangenen Montag bei der Weltpremiere des neuen Q3 in Ingolstadt gesagt. „Neben China und Europa soll der US-Markt die dritte große Säule für uns werden“, sagt Döllner. „In Nordamerika werden wir bis Ende nächsten Jahres zehn neue Modelle auf den Markt bringen.“ Mittelfristig plant das Unternehmen dort mit 250.000 bis 300.000 verkauften Fahrzeugen jährlich. Zuletzt hat Audi im vergangenen Jahr in den USA etwas mehr als 230.000 Fahrzeuge ausgeliefert.
Audi-Produktion in den USA: Endgültige Entscheidung voraussichtlich im November
Angesichts der Strafzölle der US-Regierung auf importierte Fahrzeuge haben die Überlegungen für eine Fertigung von Audi in den USA zugenommen. „Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Entscheidung und prüfen intensiv alle Optionen“, sagte Gernot Döllner bei der Q3-Weltpremiere im Gespräch mit der Heilbronner Stimme.
Bei Audi soll die interne Entscheidung im September bei der nächsten Sitzung des Aufsichtsrats fallen. Dann muss aber noch der VW-Konzern grünes Licht geben. Daher gilt als wahrscheinlich, dass die endgültige Entscheidung im November bei der nächsten Planungsrunde getroffen wird. Bei dieser Runde entscheidet Europas größter Autobauer in regelmäßigen Abständen über große Investitionen und die Werkbelegung für die nächsten Jahren - also darüber, wo welches Modell welcher Marke gefertigt wird.
Audi-Fertigung in den USA: Frage der Zölle, aber auch ein Image-Thema
Auf den ersten Blick mag die anstehende Entscheidung allein durch die Zölle auf Auto-Importe geprägt sein. Sie liegen aktuell bei 27,5 Prozent – eine Belastung, die insbesondere für europäische Hersteller wie Audi die Wettbewerbsfähigkeit auf dem US-Markt erheblich einschränkt.
„Abgesehen davon achtet ein nicht unerheblicher Teil der Kundschaft in den USA darauf, wo ein Auto produziert wird“, sagt ein Manager aus dem Audi-Vertrieb unserer Zeitung. „Die US-Kundschaft ist da mitunter sehr patriotisch und legt wert darauf, dass ein Auto im Inland vom Band rollt.“ Hier habe Audi bei einer Fertigung vor Ort beim Absatz sicher einiges an Luft nach oben. Im Vergleich zu BMW und Mercedes hinkt Audi beim Thema US-Produktion deutlich hinterher. Beide Wettbewerber betreiben bereits große Fertigungsanlagen in den USA, in denen SUV-Modelle für den globalen Markt gebaut werden.
Audi könnte das Werk der Konzernmutter VW in Chattanooga nutzen
Aktuell betreibt Audi kein Werk in den USA, sondern in Mexiko, wo aktuell die Fertigung des neuen Q5 hochfährt. Aktuell die wahrscheinlichste Lösng ist die Nutzung eines bestehenden Standorts in den USA. Audis Konzernmutter Volkswagen verfügt über ein Werk in Chattanooga, im US-Bundesstaat Tennessee, etwa 214 Kilometer südöstlich von Nashville. Dort fertigen aktuell rund 5500 Beschäftigte SUV-Modelle der Baureihe Atlas sowie den vollelektrischen ID.4.
Das Elektro-SUV teilt sich die technische Basis mit dem Audi Q4 E-Tron, damit könnte die Marke mit den vier Ringen die Baureihe Experten zufolge relativ schnell für eine lokale Fertigung nutzen. Das VW-Werk hat aktuell eine Kapazität von rund 250.000 Fahrzeugen jährlich.
Kapazität in Chattanooga kann vergrößert werden: Setzt Audi Plan von 2022 um?
Nach Informationen der Heilbronner Stimme existierte bereits 2022 bei Audi ein fertiges Konzept, um Fahrzeuge im VW-Werk Chattanooga zu bauen. Der komplette Konzernvorstand war im Sommer 2022 dafür in die USA gereist. Am Ende wurde das Projekt allerdings gestoppt. Nun hat sich die Situation schlagartig geändert. Insidern zufolge wird eine Erweiterung des bestehenden VW-Werks in Chattanooga als wahrscheinliche Option angesehen, um für Audi und VW mehr Kapazitäten. Zudem plant die Konzernmarke Cupra bis Ende des Jahrzehnts den Markteintritt in die USA - ebenfalls mit lokaler Fertigung als Option.
Potenzial gibt es in Chattanooga wohl genug. „Der Standort hat Kapazitäten für eine Vergrößerung. „Dort ist noch so viel Platz vorhanden, dass das bestehende Werk in selber Größe noch einmal daneben passt“, erzählt ein Manager aus der Produktion. Mittelfristig könnte das Produktionsvolumen dem Vernehmen nach auf rund 600.000 Autos pro Jahr steigen. Auch das geplante Werk der Pick-up-Marke Scout in South Carolina wird als Möglichkeit für eine Audi-Fertigung geprüft. Zudem gibt es wohl auch Pläne, wonach Audi eine komplett eigenes Werk bekommt.