Dauerhafte Erschöpfung und weitere Symptome durch Long Covid: Das können Betroffene tun
Der Wissensstand zu Long Covid ist noch äußerst dünn. Es gibt jedoch Behandlungsmöglichkeiten, Selbsthilfegruppen und einen Online-Long-Covid-Coach.

Auch wenn Corona schon seit einiger Zeit nicht mehr die Schlagzeilen bestimmt: Die Sars-CoV-2-Erkrankung ist nach wie vor existent. Und manche Menschen, die an dem Coronavirus erkrankt gewesen sind, leiden bis heute an den Nachwirkungen der Infektion. Wie zum Beispiel Hanne Herrmann aus Schwäbisch Hall-Sulzdorf.
Die 61-Jährige ist schnell außer Atem. Ein paar Treppenstufen reichen, um ihre Herzfrequenz nach oben schießen zu lassen. Sie leidet an Long Covid - den Langzeitfolgen einer Covid-19-Erkrankung. Die Auswirkungen sind enorm: Das Leben der passionierten Sportlerin Hanne Herrmann ist seither geprägt von Atembeschwerden, Schwindel und Konzentrationsproblemen - auch, nachdem Gliederschmerzen, Schüttelfrost und starke Kopfschmerzen, die typischen Corona-Symptome, längst abgeklungen sind. Herrmann berichtet: „Ich war jeden Tag so erledigt, dass ich mich nach der Arbeit zunächst einmal hinlegen und ausruhen musste."
Long Covid: Kein klares Krankheitsbild
Sobald die gesundheitliche Beeinträchtigung über die akute Krankheitsphase von vier Wochen hinaus vorliegt, spricht man von Long Covid. Dr. Alexandra Isaksson, Ärztin bei der AOK Baden-Württemberg, erläutert: „Das Krankheitsbild kann sehr verschiedenartig sein. Mögliche Symptome sind Schwäche, eingeschränkte Belastbarkeit, Depressionen, Kopfschmerzen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Schwindel oder Übelkeit." Teilweise sind die Auswirkungen so gravierend, dass die Patienten arbeitsunfähig sind.
Die körperlichen und psychischen Symptome reichen weiterhin von Gedächtnisstörungen über Kurzatmigkeit und einem Druckgefühl im Brustkorb bis hin zu Muskelschwäche, Konzentrationsstörungen, extremer Müdigkeit und Vergesslichkeit. Zudem können die Krankheitsbilder sowohl einzeln als auch in unterschiedlichen Kombinationen auftreten.
Bis zu 15 Prozent der Corona-Erkrankten von Long Covid betroffen
Beunruhigend: Sicher vor Long Covid ist offenbar niemand. Jeder, der sich mit dem Coronavirus angesteckt hat, kann Langzeitfolgen entwickeln, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung berichtet. Man kann Long Covid auch dann bekommen, wenn die Corona-Erkrankung mild verlaufen ist oder man nach der Ansteckung keine Krankheitszeichen hatte. Menschen mit schwerem Krankheitsverlauf und vielen Beschwerden während der Erkrankung an Covid-19 leiden aber vermutlich häufiger an Langzeitfolgen. Aus mehreren Studien geht hervor, dass bei Erwachsenen Long-Covid-Beschwerden häufiger sind, wenn sie wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt wurden. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass das Risiko für Langzeitfolgen zunimmt, wenn man sich mehrmals mit dem Coronavirus ansteckt.
Darüber hinaus sind die zugrundeliegenden Mechanismen noch nicht geklärt, was die Diagnostik und Behandlung gesundheitlicher Langzeitfolgen erschwert. Nach aktuellen Schätzungen sind zwischen sechs und 15 Prozent aller Personen betroffen, die zuvor eine Corona-Infektion hatten. Dr. Alexandra Isaksson erklärt: „Eine spezifische medikamentöse Therapie existiert aktuell leider noch nicht, sodass die Betroffenen symptomatisch behandelt werden und in ihrer Alltagsfähigkeit unterstützt werden."
Eng mit Long Covid verbunden ist auch das Fatigue-Syndrom: Schon kleine Belastungen sorgen dafür, dass die Betroffenen tagelang körperlich und mental extrem erschöpft sind. Bereits vor der Corona-Pandemie - zwischen 2015 und 2019 - wuchs die Zahl der vom Erschöpfungssyndrom im Landkreis Heilbronn betroffenen Menschen von 247 auf 383 und im Stadtkreis Heilbronn von 89 auf 119, wie die AOK Heilbronn-Franken berichtet.
Behandlung von Long Covid bislang schwierig
Gesundheitsforscher gehen davon aus, dass bei Long Covid infolge der Coronavirus-Infektion die Funktion des autonomen Nervensystems gestört ist. Dieses steuert zum Beispiel, wie das Blut auf jene Organe verteilt wird, die es gerade besonders dringend benötigen - sei es die Muskulatur oder das Gehirn.
Medikamente zur Bekämpfung von Long Covid gibt es bislang nicht. Dr. Hans-Peter Zipp, Kinder und Jugendarzt bei der AOK Baden-Württemberg, berichtet: „Durch symptomatische Therapie, Stressreduktion und Einhalten eines individuell geeigneten Belastungsniveaus kann es bei CFS langfristig zur Besserung kommen. Patienten sollten vorrangig ihren Lebensstil der Krankheit anpassen und Belastungsspitzen vermeiden. Entspannungstechniken sind ein wichtiger Baustein der Behandlung.“
Selbsthilfegruppen geben bei Long Covid wertvollen Rückhalt
Um mit Long Covid den Umständen entsprechend zurechtzukommen, ist es aufgrund der schlechten Therapie-Aussichten seitens der Medizin wichtig, dass sich die Betroffenen untereinander Rückhalt geben. So sah das auch die eingangs vorgestellte Hanne Herrmann aus Schwäbisch Hall-Sulzdorf. Mit Unterstützung der AOK Heilbronn-Franken rief sie eine Long-Covid-Selbsthilfegruppe ins Leben. Rasch haben sich mehr als 40 Menschen der Runde angeschlossen, um sich gegenseitig im Umgang mit Long Covid zu unterstützen. Herrmann und die anderen Teilnehmer schöpfen aus den virtuellen und persönlichen Treffen Kraft und Hoffnung auf nachhaltige Besserung ihres Wohlbefindens. Betroffene von Long Covid aus Heilbronn-Franken können sich an Hanne Herrmanns Gruppe "Corona im Ländle" wenden.

Barbara Welle vom Sozialen Dienst der AOK Heilbronn-Franken betont: „Viele Menschen, die eine chronische Erkrankung oder Behinderung haben, profitieren sehr vom Austausch mit anderen Betroffenen. Dafür sind die Selbsthilfegruppen hervorragend geeignet. Bei der Selbsthilfekontaktstelle der AOK Heilbronn-Franken können Interessierte, die eine solche Gruppe gründen oder besuchen wollen, viele ihrer Fragen klären: Wie stellt man den Kontakt zu anderen Betroffenen her? Wo können die Treffen stattfinden und wie organisiert man das Zusammenkommen?"
Nicht nur bei Long Covid: AOK Heilbronn-Franken unterstützt Selbsthilfegruppen
Auch, nachdem sich die Interessierten vernetzt haben, unterstützt das Team der AOK Heilbronn-Franken sie weiterhin. Barbara Welle: „Wir organisieren unter anderem Fortbildungsangebote und bringen sie in den Erfahrungsaustausch mit anderen Gruppenleitern. Auch hier gilt: Zusammen ist man weniger allein."
Seit mehr als 30 Jahren ist es dem Team der AOK Heilbronn-Franken ein Anliegen, die vielfältigen Strukturen und Aktivitäten der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe finanziell und strukturell zu unterstützen. In diesen Selbsthilfegruppen finden beispielsweise auch Betroffene von Depressionen oder Angststörungen wichtige Ergänzungen zu ihrer ärztlichen Therapie. Im Jahr 2024 stellt die AOK bundesweit 33,5 Millionen Euro zur Unterstützung der Selbsthilfegruppen zur Verfügung.
AOK Heilbronn-Franken mit Tipps gegen Long Covid
Auf der Homepage der AOK Heilbronn-Franken finden Betroffene von Long Covid auch Übungen, um gegen die Symptome der Erkrankung vorzugehen und Schritt für Schritt wieder ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Zudem geht der digitale Long-Covid-Coach der AOK Heilbronn-Franken auf die aktuellen Erkenntnisse zu den unterschiedlichen Symptomen der Long-Covid-Forschung ein und gibt wertvolle Tipps im Umgang mit den Beschwerden. "Dieser Online-Coach ist eine niederschwellig zugängliche Hilfe zur Beschwerde-Linderung und wird bereits vielfach und erfolgreich genutzt", berichtet die AOK Heilbronn-Franken.
Darüber hinaus unterstützt die AOK Heilbronn-Franken ihre Mitglieder mit Präsenz- und Onlinekursen dabei, Fitnessübungen durch Functional Training problemlos in den Alltag zu integrieren und sich gesund zu ernähren.