Drei Tore, drei Gegentore, kein Dreier: Drei VfB-Lehren nach dem Mainz-Spiel
Der VfB Stuttgart spielt gegen den FSV Mainz 05 nur Unentschieden, obwohl der Sieg greifbar nah war. Mit drei Erkenntnissen geht es nun in die Länderspielpause. Was der VfB dann ändern sollte.

Nur 3:3 nach einer 2:0-Führung im eigenen Stadion. Das erste Heimspiel der Saison begann hoffnungsvoll, endete aber mit einem herben Rückschlag für den Vizemeister. Wieder keine drei Punkte, kein Sieg. Ernüchterung und viele Baustellen statt Party vor der Länderspielpause. Dabei war die Woche beim VfB Stuttgart von Highlights geprägt: 5:0-Sieg im DFB-Pokal, Real Madrid als ersten Champions-League-Gegner, Kader-Debüt für Angelo Stiller in der Nationalmannschaft.
Das erste Heimspiel sollte die Woche veredeln, sorgt aber eher für Frust. Mit einem Tag Abstand lassen sich jedoch ein paar Erkenntnisse ziehen. Die drei Lehren des VfB Stuttgart aus dem dreierlosen Start in die Bundesliga-Saison.
Erste Lehre nach dem Saisonstart: Die Ausführung der Standards beim VfB Stuttgart
Es war auffällig schwach, wie der VfB Stuttgart gegen den FSV Mainz bei Standards agierte. Enzo Millot war lange Zeit der Mann für den ruhenden Ball. So stark der Franzose auch über viele Strecken des Spiel agierte, so groß waren auch die Schwächen vor allem bei Eckbällen. Kurz gesagt: Der Ball verhungerte meist schon vor dem ersten Pfosten, fand kaum Abnehmer.
Das änderte sich als in der Schlussphase Neuzugang Fabian Rieder sich der Sache annahm. Schon bei der EM 2024 war der Schweizer für seine gefährlichen Standards bekannt. Dass er per Freistoß trifft (88.), rundet das Bild perfekt ab, auch wenn das Tor etwas glücklich viel. Dass es nicht nur ein Glücksschuss war, wie bei vielen anderen Freistoßschützen, zeigte Rieder wenige Minuten später erneut als ein Ball von ihm an das Lattenkreuz segelte.
Auch die Ecken kamen plötzlich mal hoch, mal scharf, aber vor allem dorthin, wo die VfB-Kollegen auf die Kugel warteten. Standards können für Gefahr sorgen und vor allem in Spielen, in denen der Gegner mauert, ein Knackpunkt sein. Es wäre fahrlässig, diese Chance ungenutzt zu lassen. Die Millot-Ecken sorgten eher für Kopfschützen. Rieder hingegen für Gefahr.
Zweite Lehre nach dem Saisonstart: Frühe Tore und die Trinkpausen-Thematik
Ausgleich im Supercup in der 15. Minuten. Führung beim SC Freiburg in der zweiten Minute. Treffer nach sieben Minuten im Pokalspiel in Münster. 2:0-Führung gegen den FSV Mainz 05 nach der ersten Viertelstunde. In den ersten vier Pflichtspielen war der VfB Stuttgart von Beginn an hellwach. Fans und Trainerteam dürften sich darüber freuen. Doch die Frühstarter des VfB haben ein Trinkpausen-Thema.
Gerade in den beiden Bundesliga-Spielen war auffällig, dass der Hurra-Fußball der Anfangsphase nur eine Momentaufnahme war. Bedeutet nicht, dass der VfB Stuttgart nach einer halben Stunde immer die schlechtere Mannschaft wurde, aber wie ein User auf X (ehemals Twitter) schon nach der 2:0-Führung im Heimspiel gegen den FSV Mainz anmerkte: "Nur eine Trinkpause kann den VfB noch stoppen." Und das tat sie!
Wie schon gegen den SC Freiburg am ersten Spieltag wurde der Gegner nach der kurzen Unterbrechung stärker, der VfB Stuttgart investierte phasenweise zu wenig in die Offensive, deutete Schwächen in der Abwehr an. Gut, dass nach der Länderspielpause und wohl spätestens ab Oktober die Trinkpausen ein Ende nehmen dürften.
Dritte Lehre nach dem Saisonstart: Abwehr-Ausfälle und das Eingeständnis zum Stuttgarter "Staatsfeind"
Und apropos Abwehr. Phasenweise hui, immer wieder pfui – so könnte die Beschreibung lauten. Der VfB Stuttgart und vor allem die Fans müssen sich eingestehen, dass die Abgänge von Hiroki Ito und der dessen Name... Und genau da ist der Punkt: So sehr der Abgang und die Art und Weise die Fans schmerzt, Waldemar Anton fehlt an allen Ecken und Enden. Er spielt nun in Dortmund, die mit dem Zerfall einer eingespielten Abwehr vor Jahren eine ähnliche Erfahrung machen mussten (Hummels/Subotic). Nun ist die Innenverteidigung der VfB-Vizemeistersaison weg, der Umbruch also stark.
Dennoch haben die Verantwortlichen nachgelegt, mit dem noch verletzten Ameen Al-Dakhil oder Jeff Chabot in die Defensive investiert. Anrie Chase wurde ins kalte Wasser geworfen und zeigte bislang in allen Spielen ansprechende Leistungen, auch wenn er vor dem 2:2 des FSV Mainz 05 einen fatalen Fehlpass spielte. Doch Chase ist jung und wird zurecht von Trainer Sebastian Hoeneß beschützt.

Er darf Fehler machen, er macht sie sicher noch häufiger. Die Verletztenmisere in der Abwehr spielt eine große Rolle bei den Unsicherheiten im Verbund. Dass Al-Dakhil als Neuverpflichtung noch mehrere Wochen ausfällt, passt ins Bild. Was Hoffnung macht: Die Abwehr hat eine gute Mischung aus jungen (wie Chase, Al-Dakhil) und erfahreneren Spielern (Chabot oder auch Stenzel), die, wenn sie sich eingespielt haben, Potenzial haben in die Anton-Ito-Fußstapfen zu treten. Doch gerade in der Abwehr braucht es Konstanz und Geduld bis die Abstimmung funktioniert. Dass die Abwehr hier und da wackelt, zeigte sich nicht nur gegen den FSV Mainz 05, doch gerade dort. Als die Gäste stärker wurden, ließ die Defensive des VfB zu viel zu. Beim 3:3-Ausgleich in der letzten Minute standen gleich drei Mainzer frei am Fünfmeterraum der Gastgeber.
Es ist nicht alles schlecht: Noch kein Fehlstart für den VfB Stuttgart
Doch es ist nicht alles schlecht beim VfB Stuttgart. Das ist ganz wichtig und vielleicht auch die größte und heimliche vierte Lehre: Der Vizemeister hat das Spielen nicht verlernt. Offensiv sind viele starke Momente dabei. Die Verantwortlichen strahlen eine bodenständige Ruhe aus. Das Umfeld freut sich und ist stolz auf das Erreichte, wird aber nicht übermütig. Es bedarf Geduld bis die Rädchen ineinander greifen beim VfB Stuttgart.
In der anstehenden Länderspielpause wird auch beim VfB Stuttgart daran gearbeitet. Rückkehrer wie der lange Verletzte Josha Vagnoman oder möglicherweise auch Dan-Axel Zagadou werden vermutlich Spielpraxis im Test gegen den 1. FC Kaiserslautern bekommen. Die Nationalspieler kommen mit Selbstbewusstsein und neuen Erfahrungen zurück. Dann geht es Schlag auf Schlag mit Bundesliga und Champions League.
Und ganz wichtig dabei: Beim VfB Stuttgart über einen Fehlstart zu sprechen, wäre zu früh. Wenn aus den Lehren die richtigen Schlüsse gezogen werden, kann sich das schwäbische Blatt schnell wieder wenden.