Abstiegskampf wird für Sport-Union Neckarsulm zur Charakterfrage
Nach der Niederlage in Thüringen empfängt die Sport-Union Neckarsulm in der Handball-Bundesliga die HSG Bensheim/Auerbach. Gegen den Tabellenzweiten kommt es vor allem auf das Wie an.

Man konnte der Sport-Union Neckarsulm am Mittwochabend in Bad Langensalza vieles absprechen, doch ihren Optimismus hatten die Verantwortlichen und die Protagonistinnen trotz der 20:35-Niederlage im Nachholspiel des 16. Bundesliga-Spieltags beim Thüringer HC nicht verloren. "Wir machen weiter und kämpfen bis zum Schluss", war beispielsweise einer der ersten Sätze, die Trainer Thomas Zeitz nach der deutlichen 15-Tore-Niederlage sprach.
"Ein bisschen leicht gemacht" habe man es dem Gegner und "ein paar Chancen zu viel" seien verworfen worden, so dass man angesichts der bevorstehenden Wochen "nur phasenweise" etwas für das gute Gefühl habe tun können, konstatierte Zeitz. Ihm blieb zugutezuhalten, dass er sich auch nach der 14. Niederlage der Saison mit verbal abfedernden Worten schützend vor seine Mannschaft stellte und sie - zumindest öffentlich - nicht zusammenstauchte.
Öffentliches Wachrütteln dürfte kaum helfen
Dabei gibt es Momente in einer solch komplizierten Saison, da kann so ein öffentlichkeitswirksamer Wachrüttler helfen. Doch die Sport-Union scheint an diesem Punkt längst vorbeigefahren zu sein. Was ihr im Abstiegskampf helfen könnte, ist den fehlenden Toren, den vielen Fehlern und der dringend ausbaufähigen Chancenverwertung vorgelagert.
Denn zu oft wechselten sich in dieser Saison Licht und Schatten ab. Immer wenn man glaubte, die Kratzer am Bug des Schiffes dank viel mühseliger Kleinarbeit endlich ausgebessert zu haben, tropfte es im Heck schon wieder in den Maschinenraum, so dass man wenig später auf der Kommandobrücke dazu gezwungen war, das Schiff einmal mehr neu auszurichten und nach Lösungen für das neue Problem zu suchen.
Frage des Charakters und der Attitüde
Wer aber Ende Februar mit vier Punkten am Tabellenende steht und dort noch einmal weg möchte, der muss zuallererst den Abstiegskampf annehmen. Und das ist keine Frage der sportlichen Qualität - die in Neckarsulm fraglos vorhanden ist -, sondern eine Frage des Charakters und der Attitüde. "Der fehlende Fokus und die Konzentration jeder einzelnen Spielerin auf den eigenen Job sind ein Thema, das wir schon die ganze Zeit haben", sagt Thomas Zeitz.
Während die Qualität gegen den Thüringer HC bei einzelnen Spielerinnen wenigstens aufblitzte, war von Charakter und Attitüde kaum etwas zu sehen. Beides mag vorhanden sein, was sich etwa andeutet, wenn Nina Engel nach dem Spiel selbstkritisch anmerkt: "Wir hatten uns andere Sachen vorgenommen und haben viel zu viele technische Fehler gemacht." Zu sehen war es allerdings nicht.
Trainer Thomas Zeitz sieht Licht und Schatten
"Die Moral in der Mannschaft ist das einzige, was uns nach vorne bringen kann und uns nach vorne bringen muss", sagte Engel. "Wir müssen uns noch mehr den Arsch aufreißen als alle anderen, das ist der einzige Weg." Dieser Weg führt am Samstagabend (18 Uhr) in der Ballei über die HSG Bensheim/Auerbach. Dass man als Außenseiter auch aus einem Duell mit einem Top-Team etwas Positives ziehen kann, hat die Sport-Union in dieser Spielzeit schon bewiesen: im Hinspiel, im Pokal gegen Bietigheim oder beim BVB in Dortmund.
Trainer Thomas Zeitz, der Verein und die treuen Neckarsulmer Fans können nicht erwarten, dass ihr Team die Gegner Woche für Woche an die Wand spielt. Was sie aber erwarten können, ist, dass sich die Mannschaft jede Woche so teuer wie möglich verkauft. So, wie sie es in einigen Spielen bereits getan hat. Gegen den Thüringer HC sei das nicht der Fall gewesen, räumt Zeitz ein. In einigen Phasen "habe ich mich sehr geärgert, andere fand ich aber auch nicht so schlecht", blickt der 50-Jährige am Tag danach zurück.
Dass Nina Engel auf die Moral verweist und ihr Trainer nach der Niederlage von enttäuschten Gesichtern und gedrückter Stimmung berichtet, stimmt positiv, dass den Akteurinnen das sportliche Schicksal ihres Arbeitgebers nicht gleichgültig ist. "Es ist niemand nach Thüringen gefahren und hatte keinen Bock", versichert Zeitz. Seine Spielerinnen sind gefordert, ihn am Samstag mit Einsatz und Herz zu bestätigen.