Neckarsulmer Angriffswirbel lässt Sachsen Zwickau hilflos zurück
Dank einer herausragenden ersten Hälfte feiert die Sport-Union Neckarsulm gegen den BSV Sachsen Zwickau den dritten Bundesliga-Heimsieg in Folge.

Als Lena Ivancok mit der Pausensirene noch einen letzten Wurf von Zwickaus Déborah Kpodar abgewehrt hatte, ballte Thomas Zeitz entschlossen die linke Faust. Ein kurzes Kopfnicken, dann ging es mit der Taktiktafel in der Hand in die Kabine. 22:13 stand es da. Neun Tore Vorsprung im so wichtigen Bundesliga-Duell gegen den Abstieg. Eine Machtdemonstration. 30 Spielminuten später hatten die Sport-Union Neckarsulm und ihr Trainer die Gäste des BSV Sachsen Zwickau mit 35:27 (22:13) in die Knie gezwungen. Dominant, souverän und ohne jeden Zweifel über den Sieger.
Auf die besten 30 Minuten der Neckarsulmer Saison waren 30 weitere, sehr souveräne und routinierte gefolgt, so dass den Sachsen über 60 Minuten nur eine Statistenrolle geblieben war. „Wir haben in der ersten Halbzeit mit dem Kader, den wir derzeit haben, nahe an der Perfektion gespielt. Das Tempo, das Finden der Lücken, das über Außen gehen nach Vorbereitungen – es hat alles funktioniert, was wir uns vorgenommen hatten“, sagte Zeitz später.
Zahlen untermauern spielerisch guten Auftritt der Sport-Union
Eine Wurfquote von 81 Prozent, nur zwei technische Fehler und Ivancoks 32 Prozent gehaltener Bälle waren zur Halbzeit statistische Werte, mit denen ein Handball-Spiel kaum zu verlieren ist. „Wir haben einen guten Flow gefunden und mit viel Bewegung einfache Tore gemacht“, sagte Rückraum-Akteurin Angunn Gudmestad, die mit neun Treffern, fünf Vorlagen und drei Balleroberungen an ihre starken Leistungen aus den jüngsten Partien gegen den Thüringer HC und die HSG Blomberg-Lippe anknüpfte.
„Wir haben in der ersten Halbzeit nahe an der Perfektion gespielt.“
Thomas Zeitz
Norman Rentsch verzweifelt an Neckarsulmer Tempo und Abwehrarbeit
Die gute Neckarsulmer Abwehrarbeit um Munia Smits, Annefleur Bruggeman und Gudmestad im Zentrum, die vielen Lücken, die die Offensive der Gastgeberinnen fand, und das hohe Tempo, mit dem die Sport-Union das schwerfällige Rückzugsverhalten des BSV regelmäßig bestrafte, ließen Gäste-Trainer Norman Rentsch an der Seitenlinie schier verzweifeln.
„Das, was wir heute im Tempo und ohne technische Fehler gespielt haben, hätten wir am Anfang der Saison noch nicht hingekriegt. Dazu gehört auch, dass wir mal aufeinanderfolgende Spiele gewinnen, und dann auch solche, bei denen wir gewinnen müssen, um unser Ziel nicht ganz aus den Augen zu verlieren. Da ist schon eine Entwicklung zu sehen“, betonte Zeitz.
Zeitz’ taktische Umstellung zeigt Wirkung
Besonders zwischen elfter und 18. Spielminute wussten die Sachsen während eines 7:1-Laufs der Sport-Union überhaupt nicht, wie ihnen geschah. Zeitz’ taktische Umstellung, Gudmestad für Smits im linken Rückraum aufzubieten, die Spielführerin dafür auf die rechte Halbposition zu verschieden und die dort üblicherweise beheimatete Lilli Holste zunächst nur für Spielmacherin Sinah Hagen in den Abwehrverbund rotieren zu lassen, ging sofort voll auf.
„Ich hatte irgendwie unter der Woche das Gefühl, da kommt heute von Angunn was. Auf diese Variante hatte sich Zwickau auch sicherlich nicht vorbereitet – es hat funktioniert; manchmal muss man als Trainer auch Glück haben“, erklärte Zeitz seine Gedankenspiele im Nachgang mit einem Grinsen.
In kleinen Schritten auf den richtigen Weg, aber noch kein Übermut
„Weil wir dann mit einem Neun-Tore-Vorsprung in die Pause gegangen sind, konnten wir in Hälfte zwei den Ball laufen lassen, auch wenn wir noch ein paar Fehler gemacht haben, weil wir weiter aufs Tempo gedrückt haben, anstatt es sicher herunterzuspielen“, sagte Gudmestad mit einem Hauch von Selbstkritik, die auch ihrem Trainer recht gewesen sein dürfte. Denn auch der mahnte: „Wir sind in immer noch kleinen Schritten auf einem guten Weg, dürfen jetzt aber auch nicht die Nerven verlieren und brauchen noch keine Traumschlösser bauen.“

Weil die Sport-Union phasenweise auf zehn Tore davongezogen war, bekam Zeitz in Hälfte zwei die Gelegenheit, Spielzeit zu verteilen. Am besten nutzte dies Torhüterin Aleksandra Orowicz, die in sieben Minuten fünf Bälle hielt und damit auf eine Paradenquote von über 62 Prozent kam. Es war aus Neckarsulmer Sicht schlicht und einfach ein rundum gelungener Handball-Abend.
Sport-Union Neckarsulm: Ivancok (9 Paraden); Fossum, Orowicz (5 Paraden) – Gkatziou (2), Smits (5), Bruggeman (1), Hagen (5), Gudmestad (9), Riner (7); van der Linden, Pollakowski (4/3), Holste (1), Kaiser (1).
Erfolgreichste Werferinnen BSV Sachsen Zwickau:Blanka Kajdon (8/3), Viktoria Hasselbusch (5).
Schiedsrichter: Jan Lier/Manuel Lier.
Siebenmeter: Sport-Union Neckarsulm: 0/1; BSV Sachsen Zwickau: 4/6.
Zeitstrafen: 0/4.
Zuschauer: 870.
Eine Woche Auszeit
Bis zum 15. März hat die Sport-Union Neckarsulm nun spielfrei. Das nächste Wochenende steht im Zeichen des DHB-Pokal-Final-Four-Turniers in Stuttgart, danach ist Länderspielpause. Trainer Thomas Zeitz hat seinen Spielerinnen eine Woche frei gegeben, um bei individuellem Training abzuschalten und Heimatbesuche zu ermöglichen. Am 3. März beginnt dann in der Gruppe die Vorbereitung auf das wichtige Heimspiel gegen Bayer Leverkusen.