Neckarsulmer Mission Klassenerhalt startet in der Ballei
Hopp oder top: Sport-Union Neckarsulm empfängt Bayer 04 Leverkusen zum ersten Spiel in den Bundesliga-Playdowns. Trainer Thomas Zeitz bangt jedoch ausgerechnet noch um zwei Leistungsträgerinnen.

Wenn schon der Trainer vor einer richtungsweisenden Partie ein „komisches Gefühl“ hat, dann verheißt das eigentlich nicht allzu viel Gutes. „Es ist nicht das gleiche Gefühl wie vor einem normalen Hauptrunden-Spiel“, gibt Thomas Zeitz zu. Auch bei ihm ist nun, wenn es in der Handball-Bundesliga ernst wird, eine gewisse Anspannung zu spüren. 22 Spiele, acht Siege, Tabellenplatz neun – und trotzdem ist noch nichts erreicht.
„Jedem ist bewusst, dass es jetzt noch einmal neu losgeht. Und wir sind so gut gerüstet, wie wir es sein können“, versichert der 51-Jährige vor dem ersten Playdown-Spiel seiner Sport-Union Neckarsulm am Donnerstagabend (19.30 Uhr/Kostenfreier Livestream: sportdeutschland.tv) gegen Bayer 04 Leverkusen.
Thomas Zeitz erwartet keine Überraschungen
Zwei Dinge treiben Zeitz dieser Tage besonders um. An der sportlichen Qualität seines Teams zweifelt er nicht, sinniert allerdings über die psychischen und physischen Aspekte, die der neue Austragungsmodus mit sich bringt.
„Diese Spiele müssen erstmal gespielt werden. Denn was keiner weiß: Wie gehen die Spielerinnen mit dieser neuen Druck-Situation um?“ Während Bayer-Trainer Michael Biegler seine Mannschaft in den vergangenen acht Monaten einzig auf die K.o.-Partien (mental) vorbereitet hat, wählte Zeitz eine andere Herangehensweise und setzte auf Sicherheit und Selbstvertrauen durch sportliche Erfolge.
Entsprechend wird sein Team das erste Duell mit den Rheinländerinnen angehen: „Wir schauen ganz klar auf uns und haben auch den Anspruch zu sagen: Wir müssen unseren Job zweimal gut machen. Leverkusens Chancen, uns zu überraschen, sind doch sehr gering und ihre spielerischen Muster bekannt. Mir fehlt etwas die Fantasie, was da Spektakuläres kommen soll.“
Sorgen um Smits und Ivancok, doch Zeitz will nicht jammern
Spektakel gab es bei den Bayer-Handballerinnen in den vergangenen Monaten meist nur abseits der Platte, doch Zeitz hütet sich trotz der klaren Favoritenrolle seiner Mannschaft, davor, von einem Selbstläufer zu sprechen. Dass das Tabellenschlusslicht zwar 15 Punkte weniger gesammelt, dabei aber nur vier Gegentore mehr kassiert hat als die Sport-Union, ist Warnung genug: Wer seine Chancen gegen die „Werkselfen“ und ihre 6:0-Deckung nicht nutzt, lässt sich auf ein gefährliches Vabanquespiel ein.
„Mir fehlt die Fantasie, was da Spektakuläres kommen soll.“
Thomas Zeitz
Weil das größte Leverkusener Problem das Angriffsspiel ist, sieht Zeitz vor allem seine Deckung in der Pflicht. Dass die zuletzt bestens aufgelegte Torhüterin Lena Ivancok während ihrer Länderspiele für Österreich das gleiche Schicksal erlitt wie Munia Smits in der letzten Hauptrunden-Partie in Ludwigsburg, hilft ihm daher nicht. Beide knickten am Knöchel um und werden im ersten Spiel definitiv nicht bei 100 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit sein.
„Auf die Zähne zu beißen oder die Schmerzen zu stillen, ist das eine. Das andere ist der psychologische Aspekt, der dahintersteht“, weiß Zeitz. Schonen kann er seine Top-Torjägerin und seine Nummer eins zwischen den Pfosten eigentlich nicht, „verheizen“ aber selbstredend auch nicht. „Ich habe aber das ganze Jahr nicht gejammert und werde jetzt nicht damit anfangen.“
Thomas Zeitz bestätigt Hinkelmanns Saison-Aus
Für den Rest der Saison ausfallen und damit weitere Duelle gegen ihren Ex-Verein verpassen wird die gebürtige Leverkusenerin Kim Hinkelmann, wie Thomas Zeitz einräumt. Alle anderen sind fit – auch Annefleur Bruggeman und Lilli Holste, die ebenso eine sportliche Vergangenheit unter dem Bayer-Kreuz haben wie Torhüterinnen-Trainerin Branka Zec als Spielerin (2016 bis 2018).
Es ist nach einer abermals ereignisreichen Neckarsulmer Saison somit alles angerichtet für den Auftakt zum großen Showdown. „Und der fängt dann so an, wie jedes Viertelfinale bei einer Weltmeisterschaft: dann werden die Karten neu gemischt“, sagte Michael Biegler, als Ex-Bundestrainer mit jener Turniererfahrung ausgestattet, bereits vor vier Wochen im Rahmen des Hauptrunden-Rückspiels in Neckarsulm.
Bayer 04: Zwei Vertragsverlängerungen und viele offene Fragen
Aus dem derzeitigen Bayer-Kader sind einzig die Vertragsverlängerungen von Spielführerin Sophia Cormann und Kreisläuferin Annika Ingenpaß öffentlich bekannt, die seit März in einer Doppelrolle auch als Sportliche Leiterin des Teams fungiert. „Mir sind schon ganz andere Dinge bekannt“, sagte Biegler vielsagend.
Wie und in welcher Liga es mit den Bayer-Handballerinnen unabhängig vom sportlichen Ausgang der Saison weitergeht, ist jedoch noch immer ungewiss. Der traditionell starke Nachwuchs, der bei den A-Juniorinnen bereits in das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft eingezogen ist, wird allerdings in der nächsten Saison bei den Aktiven eine gewichtige Rolle spielen.
Sport-Union will schon in Spiel eins für klare Verhältnisse sorgen
„Immerhin ist der TSV Bayer 04 Leverkusen immer noch auf der Landkarte und wird es weiterhin bleiben“, betonte Biegler, der sich bereits nach der 20:27-Niederlage seiner „Werkselfen“ in der Ballei sicher war, dass es zu einem Wiedersehen beider Mannschaften in den Playdowns kommen würde. Doch ausgerechnet das, was seine Mannschaft in 22 Partien nicht vermochte, muss nun gleich doppelt gelingen: Gewinnen.
Eigentlich schwer vorstellbar, doch Zeitz’ Warnung – „Diese Spiele müssen erstmal gespielt werden“ – verhallt nicht ungehört. Die Sport-Union will alles daran setzen, dass alle Leverkusener Träume bereits am Donnerstagabend zerplatzen.