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Halbzeit in der HBF: Mehr Zuschauer, mehr Spannung, aber die Sport-Union läuft hinterher

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Die Bundesliga-Hinrunde hat viele Erkenntnisse geliefert. Allen voran: Der Frauen-Handball befindet sich im WM-Jahr im Aufwind. In Neckarsulm hadert man jedoch mit fehlenden Punkten.

Mit sechs Punkten aus zwölf Spielen hat die Sport-Union Neckarsulm im bisherigen Saisonverlauf auch nach eigenen Vorstellungen zu wenig aus ihren Möglichkeiten gemacht.
Mit sechs Punkten aus zwölf Spielen hat die Sport-Union Neckarsulm im bisherigen Saisonverlauf auch nach eigenen Vorstellungen zu wenig aus ihren Möglichkeiten gemacht.  Foto: Larissa Eisele

Wenn es nach dem Spielplan der Handball Bundesliga Frauen (HBF) geht, hat die Sport-Union Neckarsulm die Rückserie der Bundesliga-Hauptrunde bereits mit ihrer 28:35-Niederlage am Mittwochabend bei der HSG Bensheim/Auerbach eröffnet. Doch erst jetzt bleibt richtig Zeit, um durchzuatmen – und für den Blick zurück auf die Hinrunde, bevor es für die Mannschaft von Trainer Thomas Zeitz ab dem 18. Januar mit dem Heimspiel gegen den VfL Oldenburg bis Ende Februar im Wochenrhythmus Schlag auf Schlag geht.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse der Hinrunde?

Es ist spannender geworden, die Liga ist zusammengerückt, und (fast) jeder kann (fast) jeden schlagen. Dass dies dem neuen Austragungsmodus geschuldet ist, liegt nahe. Durch die sich an die Hauptrunde anschließenden Playoffs und Playdowns entscheidet ein schlechter Tag noch nicht über den Titel oder den Abstieg; daher werden bei den vermeintlichen Favoriten die letzten Prozente nicht immer herausgekitzelt, was es vor allem im Mittelfeld der Tabelle spannend werden lässt. Auch die Tatsache, dass die Ligagröße von 14 auf zwölf Mannschaften reduziert worden ist, trägt ihren Teil zur Ausgeglichenheit bei.

Erfreulich dürfte mit Blick auf die Heim-WM im November und Dezember für den Deutschen Handball-Bund und die HBF der gestiegene Zuschauerzuspruch sein. Eine größere Halle in Zwickau als temporäre Spielstätte, der Bietigheimer Umzug nach Ludwigsburg und der Aufstieg von Zuschauer-Magnet Frisch Auf Göppingen sorgen derzeit im Durchschnitt für mehr als 1402 Zuschauer pro Begegnung.

Zum Aufschwung (+ 498 Zuschauer pro Partie im Vergleich zur gesamten vergangenen Spielzeit) tragen auch Event-Spiele in größeren Hallen wie beim VfL Oldenburg oder der TuS Metzingen bei. Die Sport-Union ist dadurch in der Zuschauer-Tabelle ins hintere Mittelfeld abgerutscht, hat nach der Hinrunde mit 992 Zuschauern pro Spiel ihren Wert der Vorsaison (990) allerdings gehalten.


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Welche Erkenntnisse hat speziell die Sport-Union Neckarsulm bislang geliefert?

Wirklich schlau werden Außenstehende aus der Mannschaft nicht. Fest steht: Das Team hat individuell und auch als Gruppe absolut die Qualität, um Playoff-Platz acht zu erreichen. Was es hingegen (noch) nicht hat, ist die dafür notwendige spielerische und mentale Konstanz.

Es liegt an der Mannschaft und Thomas Zeitz, der dies immer wieder als wichtigen Teil des Lernprozesses bezeichnet, für diese dringend benötigte Kontinuität in der heimspiellastigen Rückrunde zu sorgen. Nur dann kann die Sport-Union auch gegen Favoriten Punkte abgreifen und der Einzug in die Playoffs gelingen.

Was fehlt der Sport-Union Neckarsulm?

Einfache Antwort: Punkte. Mindestens zwei aus dem Spiel in Zwickau, eher sogar drei oder vier Zähler haben die Unterländerinnen zu wenig. Da Platz acht wohl mit 16 Punkten und einem ordentlichen Torverhältnis zu erreichen ist, sollte die Sport-Union fünf ihrer zehn verbleibenden Rückrunden-Partien gewinnen.

Einen Spielraum für Ausrutscher in den Heimspielen gegen Frisch Auf Göppingen, Sachsen Zwickau und Bayer Leverkusen gibt es daher nicht. Auch Buxtehude sollte die Mannschaft Ende Januar besser nicht punktlos verlassen. Denn alle Konkurrenten haben der Sport-Union eines voraus: Punktgewinne gegen Top-Teams.

Sachsen Zwickau hat die TuS Metzingen und Blomberg-Lippe besiegt und der Buxtehuder SV dem BVB und den „TuSsies“ jeweils einen Punkt abgenommen. Frisch Auf Göppingen gewann zu Hause gegen den VfL Oldenburg und ebenso bei der HSG Bensheim/Auerbach wie die TuS Metzingen. Die Turn- und Sportvereinigung gewann zudem ihr Gastspiel in Oldenburg. Die Sport-Union Neckarsulm hat ihre sechs Punkte hingegen bislang „nur“ aus Duellen mit direkten Konkurrenten gesammelt. Für Rang acht könnte das jedoch in der Endabrechnung zu wenig sein.

Droht in der Rückrunde trotz der bisherigen Spannung eine tabellarische Zweiklassengesellschaft?

Es sieht danach aus. Die Aussagekraft der Tabelle ist angesichts des zweigeteilten Austragungsmodus mit Hauptrunde und Playoffs/Playdowns zwar überschaubar, doch nach dem Saisonbeginn mit einer ganzen Reihe von Überraschungen hat sich das Klassement zuletzt ein wenig geordnet. Von der TuS Metzingen auf Platz sieben (11:13 Punkte) bis abwärts zur Sport-Union auf Rang elf (6:18) geht es allerdings weiterhin mehr oder weniger eng zu.

Umkämpfte Duelle (hier mit Neckarsulms Annefleur Bruggeman) prägten die Hinrunde in der Bundesliga.
Umkämpfte Duelle (hier mit Neckarsulms Annefleur Bruggeman) prägten die Hinrunde in der Bundesliga.  Foto: Seidel, Ralf

Nach den Darbietungen der Hinrunde stehen mit dem Buxtehuder SV (schwacher Start, gutes Ende), dem BSV Sachsen Zwickau (guter Start, schwaches Ende), Neckarsulm (gutes Niveau, keine Konstanz) und den noch immer punktlosen „Werkselfen“ von Bayer 04 Leverkusen, die mit nun 0:22 Punkten den Neckarsulmer 0:20-Saisonstart der Vorsaison noch unterboten haben, die „logischen“ Mannschaften in der Gefahrenzone.

Wie ist es den ehemaligen Neckarsulmerinnen im bisherigen Saisonverlauf ergangen?

Fünf Spielerinnen der Sport-Union Neckarsulm wechselten im Sommer innerhalb der Liga ihren Arbeitgeber. Anlaufprobleme hatten verletzungsbedingt Sharon Nooitmeer (Thüringer HC) und Amber Verbraeken (HSG Blomberg-Lippe). Die beiden Niederländerinnen haben in ihren Clubs noch nicht solch zentrale Rollen inne wie zuvor in Neckarsulm. Nooitmeer spielt wenig und muss am Kreis meist Josefine Hanfland den Vortritt lassen. Verbraeken ist im rückraumlastigen Blomberger Spiel mit 2,5 Toren pro Partie weit von ihrem sehr guten Wert der vergangenen Saison (5,2) entfernt.

Während Marloes Hoitzing auch bei Sachsen Zwickau eher Mitläuferin ist, ist Arwen Gorb wichtiger Teil des wurfgewaltigen Zwickauer Rückraums um Spielmacherin Blanka Kajdon und Kaho Nakayama – eine Rolle, die sie in der Vorsaison ohne Verletzungen auch in Neckarsulm hätte spielen können. Zuletzt lief bei den Sachsen (ohne die verletzte Rita Lakatos) allerdings nur noch wenig zusammen.

Nina Engel hat sich bei der HSG Bensheim/Auerbach und Trainerin Heike Ahlgrimm zunächst zurechtfinden müssen, gehört inzwischen aber mit 70 Toren zu den erfolgreichsten Werferinnen der Liga und hat für die HSG von der Bank kommend bereits Spiele entschieden. Als Kader-Neuling machte sie zudem bei der Europameisterschaft einen exzellenten Eindruck. Der sportliche Weg der 21-Jährigen dürfte an der Bergstraße noch nicht zu Ende sein. Ob die Dreifachbelastung mit Pokal-Final-Four und European League Auswirkungen auf ihre Leistungen hat, wird sich zeigen.


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Was waren in der Liga die Gesprächsthemen der Hinrunde?

Zunächst waren da die schwachen Saisonstarts und Ausrutscher der Favoriten. Pokalsieger TuS Metzingen (Aus in European-League-Qualifikation, Remis in Buxtehude, vier Niederlagen bis Weihnachten) trennte sich daraufhin von Trainer Peter Woth. Bei Vizemeister HSG Bensheim/Auerbach (Niederlagen gegen Oldenburg, Blomberg, Göppingen und Metzingen) kündigte Trainerin Heike Ahlgrimm ihren Abschied zum Saisonende an.

Meister HB Ludwigsburg verlor zudem am 30. Oktober bei Borussia Dortmund nach 89 Spielen und über drei Jahren erstmals wieder ein Bundesliga-Spiel. Beim 33:28 brachte ein 7:0-Lauf des BVB zwischen 49. und 57. Minute die Wende. Im März 2021 hatten die damals noch als SG BBM Bietigheim spielenden Ludwigsburgerinnen ebenfalls in Dortmund verloren. 

Die Gerüchteküche brodelt unterdessen in Bad Langensalza und Bensheim. Geht die Ära Herbert Müller beim Thüringer HC am Saisonende nach 15 Jahren als Trainer zu Ende? Möchte der 62-Jährige noch einmal ein Champions-League-Team übernehmen?

Zukunftsfragen gibt es bei der HSG Bensheim/Auerbach um Ex-Neckarsulmerin Lucie-Marie Kretzschmar (links).
Zukunftsfragen gibt es bei der HSG Bensheim/Auerbach um Ex-Neckarsulmerin Lucie-Marie Kretzschmar (links).  Foto: Kunz, Christiana

Alles ebenso unklar wie die Zukunft bei der HSG Bensheim/Auerbach. In Südhessen ist der Hauptsponsor und größte Arbeitgeber der Region, Dentsply Sirona, finanziell kräftig angeschlagen; hinzu kommt die teure European-League-Teilnahme. Der Stadt Bensheim fehlt durch die Schieflage des Zahntechnik-Herstellers zudem ein Millionen-Betrag an Gewerbesteuereinnahmen, die durch Nutzungsgebühren für die Sportstätten ausgeglichen werden könnten, wie der Hessische Rundfunk berichtet.

Das könnte die HSG zusätzlich belasten; dennoch sind Verträge bereits verlängert und Transfers zur nächsten Saison getätigt worden. Auch sportlich rumpelte es in Südhessen gehörig. „Das ist nach so einer Top-Saison aber auch nicht unnormal. Aber, ich glaube, niemand dort hat sich darauf vorbereitet und alle haben die Situation unterschätzt. Da holt die Realität das Wunschdenken ein bisschen ein“, urteilt Thomas Zeitz.

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