Niederlage gegen Oldenburg: Sport-Union Neckarsulm geht punktlos ins Jahr 2024
Same procedure as every year: Einen Tag vor Silvester verliert Handball-Bundesligist Sport-Union Neckarsulm einmal mehr ein Duell mit Angstgegner VfL Oldenburg. Doch die Formkurve zeigt weiter nach oben.

Der Aufwärtstrend hält an, die Niederlagenserie allerdings ebenfalls. Auch im letzten Spiel des Jahres musste sich die Sport-Union Neckarsulm am Samstagabend in der heimischen Ballei-Sporthalle dem VfL Oldenburg geschlagen geben. Die spielerische Darbietung bei der 25:27 (13:14)-Niederlage schloss an den lange Zeit guten Auftritt kurz nach Weihnachten beim Buxtehuder SV an, brachte den Gastgeberinnen aber noch nicht die erhofften ersten Punkte im Kampf um den Klassenerhalt.
"Natürlich haben wir wieder ein paar Fehlerchen zu viel gemacht – vor allem im Passspiel – aber ich bin auch heute wieder stolz auf die Mannschaft. Oldenburg ist keine Laufkundschaft, aber wir haben dagegengehalten und das gibt mir sehr viel Mut und Hoffnung für einen guten Start in 2024", sagte Trainer Thomas Zeitz nach Spielschluss.
3:0-Start sorgt sofort für Rückenwind bei der Sport-Union Neckarsulm
Seine personell erneut stark dezimierte Mannschaft machte gegen den Neckarsulmer Pokal-Schreck aus Niedersachsen viel richtig und brachte die Gäste um die umtriebige Spielführerin Merle Carstensen und Nationalspielerin Toni-Luisa Reinemann in Hälfte eins arg in Bedrängnis – ein 3:0 zum Start hatte Selbstvertrauen gegeben.
Nina Engel übernahm in der Rückraum Mitte den Spielaufbau, während im Abwehrspiel der Innenblock um Sharon Nooitmeer und Kim Hinkelmann mit seinen Nebenfrauen Oldenburger Ballverluste und Zeitspiel-Situationen provozierte. "Wir hatten in der ersten Hälfte wenig Durchbrüche, fast gar keine", lobte Zeitz.
Dazu kam ein gutes Gespür für die Temposteuerung; mal ging es nach Ballgewinnen schnell nach vorne, mal nahmen die Gastgeberinnen im Aufbauspiel die Geschwindigkeit heraus. Das Spiel mit seinen verschiedenen Situationen richtig zu lesen, war bis vor der WM-Pause keine Selbstverständlichkeit im Neckarsulmer Spiel gewesen.
Erstligareife Stimmung in der Neckarsulmer Ballei und spielerische Glanzlichter
"Handballerisch waren die letzten beiden Spiele erstligatauglich und erstligawürdig; besonders, wenn man die Umstände mit nur neun fitten Feldspielerinnen im Hinterkopf hat", hatte nicht nur Thomas Zeitz gehobenes Niveau festgestellt. Auch die 1163 Fans in der Ballei waren schnell angefixt und sorgten im vierten Liga-Heimspiel der Saison für die bislang beste Heimspiel-Stimmung in dieser Spielzeit.
Gegen gut verteidigenden Gäste erwies sich immer wieder das Zusammenspiel zwischen Munia Smits und Nooitmeer als probates Mittel. Mehrfach setzte die Belgierin ihre niederländische Teamkollegin am Kreis gekonnt in Szene, was nicht nur Tore, sondern auch lange nicht mehr gesehenes handballerisches Flair ins Neckarsulmer Spiel brachte.
"Munia tut der Mannschaft unglaublich gut und wir sind glücklich, sie zurück zu haben. Sie setzt das, was sie vorher von außen an Unterstützung und Input hineingebracht hat, nun auf dem Feld um und ist eine Spielerin, die vorneweg geht. Das hat uns manchmal ein bisschen gefehlt und hilft uns jetzt enorm", lobte Zeitz Smits' gelungenes Heim-Debüt.
Oldenburger Rückraum-Duo sorgt für mächtig Betrieb in der Ballei
Nach einer kleinen Schwächephase rund um die 20-Minuten-Marke, in der sich die Gäste erstmals mit drei Treffern auf 9:6 absetzten konnten, berappelte sich die Sport-Union wieder und fand die richtigen Antworten. Nina Engel verpasste die Führung beim Stand von 9:9 noch, doch im Spiel mit einer siebten Feldspielerin sorgte Alessia Riner fünf Minuten vor der Halbzeit mit ihrem Tor zum 11:10 für mächtig Stimmung in der Ballei. Doch der VfL ließ sich nicht entscheidend abschütteln und hatte im Zusammenspiel von Luisa Knippert und der wurfgewaltigen Reinemann ein Rückraum-Duo, gegen das das Zeitz-Team zu selten effektive Gegenmittel fand.
Nichtsdestotrotz stemmte sich die Sport-Union auch nach der Pause, in die sie fast etwas unnötig mit einem knappen 13:14-Rückstand gegangen war, gegen die Niederlagenserie und den letzten Tabellenplatz.
Sport-Union Neckarsulm wehrt sich in der Schlussphase nach Kräften
Doch zwischen 30. und 45. Minute setzte sich die spielerische Qualität und der Vorteil der breiteren Bank aufseiten der Gäste schrittweise durch. Nach 45 Minuten stand es 19:23 aus Sicht der Gastgeberinnen, was Thomas Zeitz zu zwei Auszeiten bewog, um noch einmal korrigierend eingreifen zu können. In der Schlussphase verteidigte die Sport-Union etwas offensiver, wehrte sich nach Kräften und versuchte durch eine 5:1-Deckung schneller an den Ball zu kommen. "Die Konzepte, die wir uns vornehmen, spielen wir inzwischen auch und sehen, dass es funktioniert. Darauf müssen wir weiter aufbauen", erkannte Thomas Zeitz erneut einen Entwicklungsschritt.
Weil sich an diesem Abend jedoch zwei Mannschaften auf Bundesliga-Niveau gegenüberstanden und der VfL Oldenburg sich vom Neckarsulmer Taktik-Kniff nicht überrumpeln ließ, konnten die Gastgeberinnen den zwischenzeitlichen Fünf-Tore-Rückstand bis zur Schlusssirene nur noch auf 25:27 verringern.
Überraschungen werden in der Rückrunde der Handball-Bundesliga vonnöten sein
Für die Sport-Union Neckarsulm geht damit ein von Enttäuschungen und einmal mehr auch von Verletzungen geprägtes Halbjahr ohne Punkte und als Tabellenschlusslicht zu Ende. "Es ist trotzdem absolut eine Entwicklung zu erkennen - im Angriff wie in der Deckung und auch individuell", mochte Trainer Thomas Zeitz den Kopf trotz der semioptimalen Ausgangslage für das neue Jahr nicht in den Sand stecken. Seine Mannschaft hatte sich im November und Dezember schließlich mehrfach teuer verkauft und damit einen Aufwärtstrend erkennen lassen. Das unterscheidet die sportliche Situation grundlegend von jener im Dezember des Vorjahres.
Doch 2024 werden es genau solche Spiele wie gegen den VfL Oldenburg sein, in denen die Sport-Union auch einmal einen Überraschungspunkt abgreifen muss, sofern die Mission Klassenerhalt noch gelingen soll. Wie das geht, machte am Samstagabend der SV Union Halle-Neustadt beim 20:20 (10:9) gegen Top-Team HSG Bensheim/Auerbach vor.
Erster Konkurrent passt sich der Sport-Union an
Der Sport-Union darf neben dem Aufwärtstrend und dem sich wohl bald wieder etwas lichtenden Lazarett zumindest Hoffnung machen, dass sie mit ihrem Torverhältnis von -75 nun nicht mehr alleine dasteht. Aufsteiger HSV Solingen-Gräfrath holte sich kurz vor dem Jahreswechsel bei der TuS Metzingen eine böse 21:43-Packung ab und steht nun ebenfalls bei einer Tordifferenz von -75 Treffern.
Bei Punktgleichheit entscheidet im Zweifel zunächst das Tor-Gegentor-Verhältnis und erst danach der direkte Vergleich. Doch bis es soweit ist, braucht die Sport-Union im Jahr 2024 erst einmal ihre ersten Punkte. Die Januar-Gastspiele in Bad Wildungen und Solingen dürfen nun definitiv als richtungsweisend gelten.
Sport-Union Neckarsulm: Ivancok (12 Paraden); Salamakha - Verbraeken (2/1), Hoitzing, Engel (4), Nooitmeer (3), Bruggeman (2), Pollakowski (3); Riner (5), Smits (5), Hinkelmann (1).
Erfolgreichste Werferinnen VfL Oldenburg: Merle Carstensen (6), Toni-Luisa Reinemann (5).
Schiedsrichter: Thomas Kern/Thorsten Kuschel.
Siebenmeter: Sport-Union Neckarsulm: 1/1; VfL Oldenburg: 0/1.
Zeitstrafen: 4/3.
Zuschauer: 1163.