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Nach Spielabsage: Sport-Union Neckarsulm wartet auf Urteil

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Die kurzfristige Spielabsage am Karsamstag könnte für die Sport-Union ein Nachspiel haben. Die Vorzeichen sind eher schlecht. Womöglich verliert der Bundesligist die Punkte am Grünen Tisch.

Neckarsulms Vorstandschef Rolf Härdtner, Handball-Abteilungsleiter Christian Saup und Vorstandsmitglied Bernd Dollmann (v. li.) beratschlagten am Samstag das weitere Vorgehen. Nun müssen sie auf eine Entscheidung der HBF warten.
Neckarsulms Vorstandschef Rolf Härdtner, Handball-Abteilungsleiter Christian Saup und Vorstandsmitglied Bernd Dollmann (v. li.) beratschlagten am Samstag das weitere Vorgehen. Nun müssen sie auf eine Entscheidung der HBF warten.  Foto: Berger, Mario

Wie geht es nun weiter? Die am Samstagabend wohl meistgestellte Frage blieb aufgrund der Osterfeiertage vorerst unbeantwortet. "Die HBF wird sich wahrscheinlich am Dienstag in Dortmund zusammensetzen und darüber beraten. Alles andere wäre nur Spekulation", sagte Neckarsulms Vorstandsmitglied Bernd Dollmann, nachdem die Verantwortlichen der Handball-Bundesliga Frauen (HBF) die Begegnung der Sport-Union gegen den SV Union Halle-Neustadt am Samstagabend nach Rücksprache mit den Schiedsrichterinnen sowie den Vereinsverantwortlichen rund 25 Minuten nach ihrem eigentlich geplanten Anwurf abgesagt hatten.

Spielabsage der Sport-Union Neckarsulm: Rutschiger Hallenboden verhindert Austragung

Eine sichere Durchführung der Partie hatte in der Ballei nicht gewährleistet werden können, weil der Hallenboden an einigen quadratmetergroßen Stellen beinahe spiegelglatt war. Vor allem in der Spielhälfte vor der Bechtle-Tribüne waren die Außen und der Kreis vor dem Tor so rutschig, dass unter Wettkampfbedingungen die Gesundheit der Akteurinnen gefährdet gewesen wäre.

Bei der Ursachenforschung herrschte ebenso wie bei den Konsequenzen der Absage sogleich Ratlosigkeit. "Ich weiß nicht, was seit Donnerstag hier passiert ist", sagte Neckarsulms Trainer Thomas Zeitz, und Vereinschef Rolf Härdtner betonte: "Wir haben keine Erklärung für das Ganze." Fest steht, dass der Bundesligist am Donnerstag noch problemlos in der Ballei trainiert hatte und anschließend auch Jugend-Mannschaften und die Verbandsliga-Männer ihre Einheiten absolviert hatten.

Wer hat wann mit was gereinigt?

Am Karfreitag war die städtische Halle dann wegen des Feiertags eigentlich geschlossen. Gereinigt wurde sie aber offenbar trotzdem, schließlich war der Boden am Samstag wieder haftmittelfrei. Ob die externe Firma, die normalerweise im Auftrag der Stadt Neckarsulm für die Reinigung der Spielfläche verantwortlich ist, ihrer Arbeit auch am Feiertag nachgegangen ist, war kurzfristig nicht zu klären, so dass die Stadt nach den Osterfeiertagen alles daran setzen dürfte, umgehend herauszufinden, wer in der Ballei wann, wie lange und vor allem mit was gereinigt hat.

Alle packten mit an, doch auch Oliver Rieth, Lena Ivancok, Valentyna Salamakha und Agni Zygoura (von links) gelang es nicht, den Boden spielfähig zu bekommen.
Alle packten mit an, doch auch Oliver Rieth, Lena Ivancok, Valentyna Salamakha und Agni Zygoura (von links) gelang es nicht, den Boden spielfähig zu bekommen.  Foto: Berger, Mario

"Es fühlt sich an, als wäre an den entsprechenden Stellen die Versiegelung, die dünne Kautschukschicht, weg", versuchte Thomas Zeitz dem Problem auf den Grund zu gehen. Seine Spielerinnen und Torhüterinnen-Trainer Oliver Rieth hatten bereits lange vor dem geplanten Anwurf versucht, mit Harz und Bällen dem Boden seine Griffigkeit zurückzugeben. Es half nicht.

Auch der Einsatz von Spiritus schaffte keine dauerhafte Abhilfe. Was die Neckarsulmer Verantwortlichen daher vor allem umtrieb, war die Frage, wie es nun weitergehen könnte.

Thomas Zeitz sieht keine Schuld beim Verein

Entscheidend wird sein, ob die HBF die Absage als "Höhere Gewalt" oder als Verschulden des gastgebenden Vereins einstuft. In letzterem Fall dürften die Punkte kampflos an den direkten Konkurrenten nach Halle an die Saale gehen. Dieses Szenario wäre für die um ihre wohl letzte Chance auf den Klassenerhalt kämpfende Sport-Union der Super-GAU. Anderenfalls dürfte die Partie neu angesetzt werden.

Die Sorge, dass das Spiel kampflos verloren sein könnte, trieb am Samstag auch Thomas Zeitz um, obwohl es für den 50-Jährigen eigentlich nur eine Entscheidung geben könnte: "Das ist eine städtische Halle, und wir sind als Verein auch nicht für die Reinigung verantwortlich." Sollte heißen: Der Sport-Union trifft aus seiner Sicht keine Schuld für die Absage. Ob das die HBF auch so sieht, wird sich wohl in dieser Woche entscheiden. "Über das weitere Vorgehen und einen möglichen Nachholtermin informieren wir zeitnah", hieß es von der Liga.

Finanzielle Folgen für die Sport-Union

Klare Hinweise auf mögliche Konsequenzen in einem Fall wie dem vorliegenden gibt es in den Durchführungsbestimmungen der HBF nicht, doch in der Rechtsordnung des Deutschen Handballbundes (DHB) ist unter Paragraf 19 ("Fälle des Spielverlusts") zu lesen: "Für eine Mannschaft ist ein Spiel in folgenden Fällen mit einem Torverhältnis von 0:0 als verloren zu werten: [...] wenn sie durch unpünktlichen oder mangelhaften Aufbau der Spielfläche [...] verschuldet, dass ein Spiel nicht durchgeführt werden kann."

Sollte die Partie noch ausgetragen werden, dürfte die Sport-Union Neckarsulm mindestens für die erneute Anreise des Gegners finanziell aufkommen müssen. Zudem heißt es in den Durchführungsbestimmungen der HBF: "Die Absage eines festgesetzten Spiels kann von der Spielleitenden Stelle der HBF mit einer Geldbuße von bis zu 5000 Euro belegt werden."

Schlechtes Omen: Als ein rutschiger Boden den HC Elbflorenz die Punkte kostete

Einen ähnlichen Fall wie am Karsamstag in Neckarsulm hatte es im März 2019 beim Männer-Zweitliga-Spiel zwischen dem HC Elbflorenz und dem ASV Hamm-Westfalen gegeben.

Die Partie in der Ballsportarena Dresden war von den Unparteiischen nach 15 Minuten beim Stande von 6:6 zunächst unter- und nach einer fünfzehnminütigen Pause abgebrochen worden, weil die Gäste aus Nordrhein-Westfalen auf rutschige Stellen auf dem Feld aufmerksam gemacht hatten.

"Der Heimverein trägt [...] die Verantwortung [...]"

Ursache für den glatten Untergrund war aus Fugen ausgetretene Silikonmasse, die sich über die Schuhe der Spieler auf dem Boden verteilt hatte. Mit dem Silikon waren in der auch breitensportlich genutzten Ballsportarena herausnehmbare Deckel im Hallenboden verfugt worden, um deren ungewolltes Heraustreten zu verhindern.

Die Trainerteams beider Mannschaften diskutierten Für und Wider einer Spielabsage. Thomas Zeitz (Zweiter von rechts) plädiert für eine Neuansetzung.
Die Trainerteams beider Mannschaften diskutierten Für und Wider einer Spielabsage. Thomas Zeitz (Zweiter von rechts) plädiert für eine Neuansetzung.  Foto: Berger, Mario

Die Handball-Bundesliga (HBL) entschied damals zugunsten der Gäste und wertete das Spiel mit 0:0 Toren und 2:0 Punkten für den ASV Hamm-Westfalen. "Der Heimverein trägt [...] die Verantwortung dafür, dass ein Hallenboden zur Verfügung steht, der die Gesundheit der Spieler nicht gefährdet", hieß es seinerzeit in der Urteilsbegründung der HBL. Der HC Elbflorenz akzeptierte das Urteil.

Gibt es einen Präzedenzfall für den Frauen-Handball?

Eine solche Entscheidung wäre nun auch im Neckarsulmer Fall denkbar. Obwohl der Verein selbst die Unbespielbarkeit nicht zu verschulden hat, könnte es sehr wohl in seiner Verantwortung liegen, bis zum Spielbeginn für eine angemessene Bespielbarkeit zu sorgen. Auch im Falle des HC Elbflorenz war nicht der Verein der Verursacher des Problems gewesen, sondern der Hallenwart, der das Spielfeld verfugt hatte.

Angesichts der Feiertage wird sich die Spielleitende Stelle der Handball-Bundesliga Frauen frühestens am Dienstag mit dem Neckarsulmer Sachverhalt befassen und könnte - zumindest für die Frauen-Bundesliga - einen Präzedenzfall schaffen. Bei der Sport-Union Neckarsulm gab es hingegen bereits erste Überlegungen zu einer Neuansetzung - um im Fall der Fälle schnell reagieren zu können.

 
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