Neckarsulmer Ballei-Sporthalle rüstet sich für die Zukunft
Seit drei Wochen wird in der Neckarsulmer Ballei der Boden der Sporthalle ausgetauscht − zum ersten Mal seit dem Bau des Veranstaltungszentrums 1979. Die Stadt steht dafür in einem engen Austausch mit der Sport-Union, der HBF und den Schulen.

Es sind Anblicke, die es in Neckarsulm bisher noch nicht gab und die es so schnell wohl auch nicht wieder geben wird. Groß und weitläufig sieht sie aus, die Ballei-Sporthalle, mit ihren hochgeklappten Tribünen und den ordentlich verstauten Sportgeräten. Doch vor allem der nicht vorhandene Bodenbelag lässt die Sporthalle geräumiger wirken.
Abgesperrt ist der frisch behandelte Unterbau nicht. Der gesunde Menschenverstand genügt, um zu erahnen, dass von einem Betreten eher abzuraten ist. Bei der Hallenbegehung am vergangenen Freitag lässt sich der Baufortschritt der bislang dreiwöchigen Sanierungsarbeiten, die Ende November abgeschlossen sein sollen, bereits deutlich erkennen, das Endergebnis allerdings nur schwerlich erahnen.
Hallennutzung war zuletzt nur noch eingeschränkt möglich
Es läuft bislang jedoch alles nach Plan, versichern Nadine Lange vom städtischen Hochbauamt und Frank Borth, Leiter des Neckarsulmer Kultur- und Sportamtes. Beide sind seit Monaten in den Sanierungsprozess eingebunden und begleiten das seltene Vorgehen für die Stadt. Selten ist das Prozedere vor allem deshalb, weil bis zuletzt auf dem ersten, beim Hallenbau 1979 verlegten Boden gespielt, gefeiert und getagt worden war.

Vor zehn Jahren waren zwar vereinzelte Beschädigungen ausgebessert und die Versiegelung erneuert worden, doch nun entschied sich die Stadt in enger Zusammenarbeit mit der Sport-Union Neckarsulm − mehr oder weniger gezwungenermaßen − zu einem Austausch des Bodens. Die abfedernde Wirkung des alten Geläufs hatte zuletzt so stark nachgelassen, dass die Stadt eine gefahrenlose Nutzung nicht mehr uneingeschränkt garantieren konnte. Hinzu kamen die Anforderungen der Handball-Bundesliga Frauen (HBF), die der Nutzung der Ballei als Heimspielstätte des Bundesliga-Teams der Sport-Union nur zähneknirschend zugestimmt hatte − zu wenig telegen war der grüne, dazu noch mehrfach linierte Boden.
Ambitionierte Zeitpläne können eingehalten werden
Also entschieden sich die Stadt und der Verein, der mit verschiedenen Sportarten und Altersklassen Hauptnutzer der Sportstätte ist, dazu, während der Bundesliga-Pause anlässlich der Handball-Europameisterschaft den Untergrund auszutauschen. "Das es geklappt hat, war eine ziemliche Herkulesaufgabe und durchaus eine Meisterleistung des Hochbauamtes", sagt Frank Borth anerkennend. Denn erst als im Mai der vorläufige Rahmenterminplan für die Frauen-Handball-Saison 2022/2023 veröffentlicht wurde, konnte die Stadt mit der Planung und Ausschreibung beginnen.
"Wir hatten Glück, dass wir dann schnell eine passende Firma gefunden haben", sagt Nadine Lange vom Hochbauamt. Ende Juni/Anfang Juli bekam schließlich die Sport- und Fußbodentechnik Süd GmbH aus Ditzingen den Zuschlag für die 204.000 Euro teure Sanierung. Weil Materialbestellung und -lieferung danach trotz aller derzeitigen Begleitumstände nach etwa zehn Wochen realisiert waren, wird nun seit dem 4. Oktober eifrig (um-)gebaut.
Multifunktionale Nutzung als entscheidendes Kriterium

In der Planungsphase galt es vor allem, auch auf dem neuen Belag die vielfältige Nutzung der Ballei gewährleisten zu können. "Der Boden muss so beschaffen sein, dass dort nicht nur Sport betrieben werden kann", gibt Borth zu bedenken. So sei die Belastung des Bodens etwa beim Rosenmontagsball oder dem Neujahrskonzert eine andere als beim Trainings- oder Spielbetrieb. "Es war durchaus ein Drahtseilakt zwischen mechanischen Belastungen, etwa durch eine Bühne, und den Anforderungen des Sports einen Mittelweg zu finden." Um die Auswirkungen von punktuellen Belastungen bei Nicht-Sport-Veranstaltungen möglichst gering zu halten, wird der neue "Lagoon"-farbene Untergrund "misch-elastisch" und ein wenig härter werden als ein Boden zur reinen Sportnutzung.
Ein weiteres wichtiges Thema war von vornherein die Haltbarkeit des Bodens; 20 bis 25 Jahre lang kann er bei entsprechender Pflege genutzt werden. Weil in der Ballei der tägliche Einsatz von Harzen und anderen Haftmitteln erlaubt ist, aber auch Schul- und Breitensport stattfindet, ist eine ebenso regelmäßige wie gründliche Reinigung für Nutzbar- und Langlebigkeit unerlässlich. Die Kosten trägt die Stadt, hat diese Aufgabe jedoch an einen externen Anbieter vergeben.
Boden wird nicht verlegt, sondern vergossen
Für Nadine Lange vom Hochbauamt der Stadt war zudem die Erkenntnis erfreulich, dass sich die Bodenplatte, also der Untergrund unter dem alten Boden, auch nach über 40 Jahren mangelfrei präsentierte. Wären daran weitere Arbeiten notwendig geworden, hätte sich das negativ auf Bauzeit und -kosten ausgewirkt. Im ersten, etwa zehntägigen Bauabschnitt war der Boden bis auf den Gussasphalt zurückgebaut worden. Danach wurden der Untergrund gespachtelt und geschliffen, so dass eine PE-Schaumschicht verlegt werden konnte, die die Elastizität des späteren Bodens gewährleistet, und der Untergrund der Hinter-Tor-Bereiche, in denen im Spielbetrieb die ausklappbaren Tribünen stehen, verstärkt. Im Anschluss wurde diese Schaumschicht erstmals mit einer Flüssigbeschichtung versiegelt. Dies ist nun der Status quo.

Was später folgt ist das eigentliche "Verlegen" des blauen Bodens. Dabei werden jedoch keine fertigen Bahnen aneinandergelegt und anschließend verklebt, sondern eine Polyurethan-Flüssigkeit wird auf der versiegelten Schaumschicht gleichmäßig verteilt. 28 Tage lang muss diese danach aushärten, bevor der neue Untergrund handballspezifisch liniert, erneut versiegelt und im letzten Schritt technisch abgenommen werden kann. Größter Vorteil des flüssigen Verlegens sei die Fugenlosigkeit, die gerade wegen des Einsatzes von Haftmitteln gründlichere Reinigungen ermögliche, wie Nadine Lange bemerkt.
Sportamt-Leiter lobt Zusammenarbeit der beteiligten Akteure
"Der Hallenboden ist das größte Sportgerät in einer Sporthalle", sagt Frank Borth beim Blick auf die zentrale Bedeutung des Projektes. Für die Stadt wie den Ankermieter Sport-Union Neckarsulm mit ihrem Bundesliga-Team als sportlichem Leuchtturm der Stadt ist die Sanierung der Halle ein Meilenstein.
Der Sportamt-Leiter freut sich, dass Stadt, Vereine und Schulen bei dem weitreichenden Vorhaben so gut zusammengearbeitet hätten. Auch für ihn und Nadine Lange vom Hochbauamt ist die Begleitung des Umbaus eine seltene Erfahrung. Der nach 43 Jahren erstmals offenbarte Blick auf eine bodenlose Ballei-Sporthalle währt allerdings nur kurz. Ende November soll die Halle wieder ihrer Bestimmung übergeben werden, bevor dann die Sport-Union am 21. Dezember (19.30 Uhr) anlässlich eines Bundesliga-Nachholspiels gegen die HSG Bensheim/Auerbach erstmals zum Tanz auf dem neuen Parkett bittet.