Der meinungsstarke Gegenpol im Trainerteam der Sport-Union Neckarsulm
Seit Sommer ist Branka Zec auf ihrer allerersten Trainerstation für die Entwicklung der drei Neckarsulmer Bundesliga-Torhüterinnen verantwortlich.

Wenn die Neckarsulmer Reisegruppe zum Auswärtsspiel beim BSV Sachsen Zwickau (Samstag, 18 Uhr) gen Stadthalle Zwickau aufbricht, wird auch Branka Zec mit im Bus sitzen. Selbstverständlich ist das nicht, aber Zec ist sich der Wichtigkeit der Partie bewusst, daher fährt sie mit.
Die 38-Jährige ist als Trainerin der Neckarsulmer Bundesliga-Torhüterinnen seit Sommer das neueste Mitglied im Trainerstab und hat sich längst bestens eingelebt, wie sie sagt. Die Arbeit mit gleich drei Torhüterinnen sei zwar nicht einfach, belebe aber den Konkurrenzkampf – gerade, wenn die Spielerinnen so unterschiedliche Charakteristika hätten wie Johanna Fossum, Lena Ivancok und Alexandra Orowicz. „Bis jetzt ist das eine gesunde Konkurrenz“, hat Branka Zec festgestellt, „die aber keinen Mittagsschlaf und keinen Winterschlaf erlaubt. Man muss immer wach sein, sonst ist man schnell außen vor.“
Thomas Zeitz’ Beharrlichkeit zahlt sich im vergangenen Sommer aus
Eine Paradenquote von 35 Prozent hat die Frau aus Ljubljana sich – und damit auch „ihrem“ Trio – zum Ziel gesetzt. Mindestens. In dieser Saison ist das einzig beim 31:24-Erfolg gegen den Buxtehuder SV gelungen. „Ich weiß, das ist ein hoher Wert. Aber das ist das, was ich mir vorstelle. Dazu muss aber das Zusammenspiel mit der Abwehr noch besser, noch konstanter klappen.“
Zweimal pro Woche ist Zec beim Training dabei, dazu bei den Heim- und ausgewählten Auswärtsspielen. Mehr war nicht drin. Für sie, die vormittags als Projektkauffrau bei einem Göppinger Bauunternehmen arbeitet, aber auch für die Sport-Union, deren finanzieller Spielraum nach dem Engagement von Gernot Drossel als Co-Trainer und Handball-Koordinator im Sommer begrenzt war.
Dass die Neckarsulmer aber extra für sie die Trainingszeiten anpassten, imponierte der Slowenin. So fanden der Verein und sie nach den Anwerbeversuchen von Trainer Thomas Zeitz und ein Jahr nach ihrem Karriereende beim VfL Waiblingen im Sommer zusammen.
Eine Karriere mit Höhen und Tiefen
Vor jenen Auswärtsspielen, bei denen Branka Zec nicht mit dabei ist, bekommt das Torhüterinnen-Trio vorab Informationen. „Die Mädels sind aber professionell und erwachsen genug, um sich auch selbst vorzubereiten. Ich kann zwar alle Würfe auf einen Zettel schreiben, aber wenn ein Torhüter nicht selber sieht, wie jemand anläuft und wirft“, sagt Zec, dann hülfen alle Vorbereitungen nichts. Wichtig sei es vielmehr, ein Spiel lesen und entsprechend reagieren zu können.
Zecs eigene Karriere war ein Auf und Ab. Gute Momente hatte die Slowenin überall: 83 Länderspiele inklusive vier EM-Turnieren und einer WM-Teilnahme, das erste Bundesliga-Jahr 2013 bei den Vulkan-Ladies Koblenz/Weibern, lehrreiche Jahre bei Bayer Leverkusen und Frisch Auf Göppingen oder im Karriereherbst der Erstliga-Aufstieg mit dem VfL Waiblingen. Dem gegenüber stehen die Insolvenz ihres Heimatvereins Olimpija Ljubljana, die sie zum ungewollten Wechsel innerhalb der Heimat zwang, dazu Kreuzbandrisse in Koblenz und Waiblingen und Meinungsverschiedenheiten mit ihren Trainern.
Olympia-Verzicht als Lehre aus der eigenen Vergangenheit
Wer sich jedoch länger mit der redseligen 38-Jährigen unterhält, merkt schnell: Da ist jemand im Reinen mit sich und seiner Karriere – auch wenn sich die Jugendträume von der Olympia-Medaille und den Champions-League-Nächten nicht erfüllt haben. Auf Olympia verzichtete sie freiwillig, um jüngeren Konkurrentinnen die Chance auf Einsatzzeiten zu geben – obwohl Nationaltrainer Dragan Adzic sie im Kader haben wollte. „Ich habe selbst als junge Spielerin darunter gelitten, dass ich zugunsten der Älteren keine Chance bekommen habe, obwohl ich besser war“, erinnert sich Zec. Anderen sollte es nicht so ergehen.
Es besser zu machen als andere und andere dabei besser zu machen; das ist es, was Branka Zec antreibt. Ihre eigene, emotionale Persönlichkeit auf dem Feld versucht sie an ihre Schützlinge weiterzugeben. Das mache viel aus, sagt Zec. „Damit hältst du schon mal zwei oder drei Bälle mehr.“
Wechsel neben das Spielfeld als Herausforderung
Den Absprung vom Spielerinnen-Dasein hat sie inzwischen geschafft. Fast jedenfalls. „In den ersten zwei Monaten war es noch etwas schwierig, den Abstand zu den Spielerinnen zu halten“, gibt Zec zu. Das habe sie schnell lernen müssen und sich auch deshalb dazu entschieden, bei den Partien nicht mit auf der Bank, sondern etwas abseits zu sitzen. „Den Kontakt zu den Torhüterinnen habe ich trotzdem. Aber die Mädels brauchen auch Abstand zu den Trainern“, schließlich müsse man sich als Spielerin in gewissen Situationen auch einmal von den Trainern ungehört über diese ärgern dürfen.
Zec hält sich mit ihrer Meinung nicht zurück. Wer ihre Ansichten nicht hören wolle, sagt sie, der solle sie auch nicht danach fragen. „Ich bin immer ehrlich und direkt, und sage Dinge so, wie ich sie sehe“, betont sie. Stünde sie auf statt neben dem Spielfeld, Zec wäre die geborene Sprecherin des Mannschaftsrates.
Zusammenarbeit mit Thomas Zeitz funktionierte schon als Spielerin
Die Frau vom Balkan weiß, dass nicht jeder mit ihr und ihrem Temperament umzugehen weiß. Thomas Zeitz schon. „Wir sind immer gut miteinander klargekommen und haben uns gut verstanden, auch wenn ich ein bisschen anders bin als er“, sagt sie. Der 50-Jährige schätze und akzeptiere ihre Meinung, auch wenn sie nicht immer seiner eigenen entspräche. „Und keiner von uns hat dabei Komplexe. Deswegen können wir gut miteinander arbeiten.“
Drei Jahre hatte die Slowenin in Waiblingen unter Zeitz und noch mit Rabea Pollakowski gespielt. Mit Annefleur Bruggeman teilte sich Zec in Leverkusen die Kabine. „Ich war aber schon damals deutlich älter; die anderen 18 oder 20 Jahre alt. Dadurch hatte ich schon als Spielerin eine etwas andere Rolle“, erinnert sich Zec.
Haltung ist mehr Wert als Einsatzzeiten
Eine Meinung zu haben und auch nicht verlegen zu sein, diese kundzutun – egal, ob sie anderen gefällt oder nicht –, das hebt Branka Zec von vielen Sportlern ab. Das war als Spielerin so und das ist auch jetzt als Trainerin so.
Hin und wieder hat sie diese Einstellung und Offenheit im Laufe ihrer Karriere um Einsatzzeiten und Chancen gebracht. Das weiß Branka Zec. Aber sie sei sich immer treu geblieben und könne ungetrübt in den Spiegel schauen, wie sie selbst sagt. Am Ende ist das vielleicht wichtiger als alles andere.