DTM-Rennen fahren ist eigentlich wie Klettern
15 Nachwuchs-Reporter entlocken den DTM-Fahrern Ricardo Feller, Kelvin van der Linde und Ex-Sieger Martin Tomczyk bei einer Kinder-Pressekonferenz im Neckarsulmer Audi-Forum ungewöhnliche Antworten.
Fragen stellen, die noch nie gefragt wurden, und Antworten bekommen, die der Fragesteller gar nicht erwartet hat. Diese Konstellation sorgt bei Interviewern wie Interviewten am Donnerstag im Audi-Forum Neckarsulm für ein ganz besonderes Erlebnis. Als sich die DTM-Fahrer Kelvin van der Linde und Ricardo Feller vor dem Saisonfinale am Wochenende auf dem Hockenheimring rund eine Stunde Zeit nehmen, um bei der Kinder-Pressekonferenz der Heilbronner Stimme Fragen zu beantworten und Autogramme zu schreiben, sind jedoch nicht nur die Augen der 15 Nachwuchs-Reporter groß, sondern auch das Interesse an den Fahrern und ihrer Arbeit.
So entlockt etwa Timo Ochs (7) aus Ingelfingen dem Duo, dass es seine gewonnenen Pokale meist beim Team abgeben muss und das Edelmetall gar nicht immer mit nach Hause nehmen darf. „Wie viele Pokale ich zu Hause habe, kann eigentlich mein Papa besser beantworten, denn sie stehen alle bei ihm“, erzählt Feller (24) mit einem Lachen und verrät, dass er bei seinem Auszug aus dem Elternhaus in diesem Jahr nur zwei Trophäen mit in die neue Wohnung genommen habe.
Ricardo Feller und der Gastronomen-Traum
Das Fahrer-Gespann vom Team Abt Sportsline erzählt auch von seiner liebsten Fahrzeuglackierung – Red-Bull-Farben (van der Linde) oder ganz in Carbon-schwarz (Feller) – von der Herausforderung, mit Slick-Reifen im Regen zu fahren (van der Linde: „Das ist möglich, aber für uns Fahrer das Schlimmste, weil es dann sehr einfach ist, das Auto wegzuwerfen.“), von Vorbildern und von den Plänen nach der Karriere. „Eine coole Bar oder ein Café eröffnen, das wäre ein Traum“, sagt Ricardo Feller. „Ich weiß aber gar nicht genau, warum. Wahrscheinlich, weil ich selbst gerne in Bars gehe.“ Die Lacher hat der Schweizer damit auf seiner Seite.
Einig ist man sich auch bei der Lieblingsstrecke: „Die Nordschleife ist nicht zu vergleichen mit anderen Strecken. Die 25 Kilometer und die wechselnden Bedingungen gibt es sonst nirgendwo“, sagt Kelvin van der Linde. Feller weiß es zu schätzen, dass der Kurs in der Eifel auch nach fast 100 Jahren noch immer Teil des Rennkalenders ist: „Es ist für jeden Fahrer auch ein Privileg, dort noch fahren zu können.“ Was beide Piloten eint: sie haben den 24-Stunden-Klassiker auf dem Nürburgring in einem Audi R8 LMS GT3 bereits gewonnen; Feller just in diesem Jahr, van der Linde 2017 und 2022.
Aus Südafrika in die Spitze des GT3-Motorsports
Doch es geht auch um private Dinge. Allen voran um die Geschwister-Beziehung zwischen Kelvin (28) und seinem drei Jahre jüngeren Bruder Sheldon, der in einem BMW ebenfalls in der DTM startet. Im Zweifel nehme man auf der Strecke schon besondere Rücksicht auf den Bruder, gibt Kelvin van der Linde zu. „Schwierig war es aber vor zwei Jahren, als mein Teamkollege René Rast gegen Sheldon um den Titel gekämpft hat und ich natürlich René unterstützen musste.“
Generell überwiege aber der Stolz, dass die Brüder aus Südafrika die Motorsport-Tradition der Familie, die Onkel Etienne und Großvater Hennie begründet haben, fortsetzen können. „Unsere Mutter schreit bei den Rennen ständig durch das Haus, weil sie immer sehr nervös ist.“ Sie sei mit viel Herzblut dabei, aber es schmerze sie, dass immer nur einer ihrer Söhne gewinnen könne, erzählt van der Linde.
„Go hard or go home“ als Motto und Motivation
Auch das Motto des Audi-Piloten „Go hard or go home“ resultiert aus seiner südafrikanischen Herkunft, wie der „KVDL“ erzählt: „Mein Bruder und ich haben für den Motorsport viel riskiert, Sheldon hat sogar die Schule abgebrochen. Ich habe sie noch zu Ende gemacht, was ihr in jedem Fall auch tun solltet“, rät van der Linden seinen Fragestellern. „Aber uns beiden war klar: Entweder es klappt in Europa mit dem Motorsport oder wir werden wieder zurück nach Südafrika gehen müssen.“
Vor allem die Anfangszeit auf dem unbekannten Kontinent sei sehr schwierig gewesen, erzählt van der Linde, als er gefragt wird, wie es war, so weit entfernt von der Heimat in einer anderen Welt zu leben. „Vor zehn Jahren habe ich noch kein Wort Deutsch gesprochen und dann mit 18 Jahren alleine online angefangen, es zu lernen. Meine damalige Freundin hat mir ebenfalls dabei geholfen.“
Dadurch habe er schließlich auch Freunde gefunden und „ich fühle mich heute hier zu Hause“. Da war es nur folgerichtig, dass der in Kempten lebende gebürtige Johannesburger in diesem Sommer als „Doppelstaatler“ auch deutscher Staatsbürger geworden ist. „Und darauf bin ich sehr stolz“, wie er bei der Kinder-Pressekonferenz betont.
Martin Tomczyk fährt einen Kermit-grünen Audi
Teil der Runde ist auch Abt-Motorsport-Direktor Martin Tomczyk. Der 42-Jährige, der privat einen aufsehenerregenden, Kermit-grünen Audi fährt, hat mit dem DTM-Titel von 2011 das voraus, was seine Piloten noch erreichen wollen. „Ich vermisse es aber nicht mehr, selbst zu fahren. Mein Helm bleibt im Schrank“, sagt der Rosenheimer.
Einen Tipp hat er nach fast 200 DTM-Starts trotzdem: „Man darf im Auto keine Angst, muss aber immer Respekt haben. Das ist wie, wenn man vor einem großen Klettergerüst steht: Wenn man Angst hat, dauert es lange, bis man hoch kommt.“ Doch mit dem nötigen Respekt vor der Aufgabe stiegen sogar die Chancen, dass man sicher an der Spitze ankommt.
DTM-Finale in Hockenheim
Es ist eine liebgewonnene Tradition, dass die DTM ihre Saison auf dem Hockenheimring beschließt. Vor allem die offene Boxengasse (Samstag: 16.25 Uhr bis 17.05 Uhr; Sonntag: 11.45 Uhr bis 12.30 Uhr) ist für viele Fans ein Highlight. Zeit- und Lagepläne, einen Spotterguide und weitere Informationen finden sich unter www.dtm.com. Eintrittskarten gibt es ab 39 Euro unter www.adac-motorsport.de und an den Tageskassen. Kinder unter 16 Jahren bezahlen in Begleitung eines Erwachsenen keinen Eintritt. Im Rahmenprogramm fahren unter anderem das ADAC GT Masters mit dem Heilbronner Pablo Schumm und die ADAC GT4 Germany.
Kommentare öffnen



Stimme.de
Kommentare