Nach Lizenz-Schock: Heilbronner Falken weiter massiv verschuldet
Falken-Boss Franz Böllinger räumt Managementfehler beim Heilbronner Eishockey-Oberligisten ein und gibt detaillierten Einblick in die Finanzlage. Am Ende der Saison 25/26 soll kein weiteres Minus stehen.
Mit dem juristischen Erfolg vor dem DEB-Spielgericht und dem verspäteten Erhalt der Oberligalizenz sind die Heilbronner Falken umgehend zur Tagesordnung übergegangen. Nach dem Update der Geschäftsführung vom 24. Juli gab es nur noch Verlautbarungen über den neuen Caterer, den Oberliga-Spielplan, die letzten Spielerverpflichtungen und das Testspiel gegen die Bietigheim Steelers.
Ein schriftlich eingereichter Fragenkatalog der Stimme vom 30. Juli zu den vielen Ungereimtheiten bei der Lizenzierung wurde am Mittwochnachmittag. 6. August, beantwortet. Hier der Überblick:
Warum flogen die Heilbronner Falken offenbar im Blindflug Richtung Lizenzverweigerung?
In den eingereichten Unterlagen fehlten zentrale Bausteine wie die Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkassen und der Berufsgenossenschaft sowie ein Mietvertrag über das Eisstadion am Europaplatz. Unter diesen Voraussetzungen ist der Erhalt einer Spielerlaubnis reine Utopie. „Wir durften davon ausgehen, noch rechtzeitig in der Nachfrist, durch Eingang von Zahlungen, die notwendigen Forderungen ausgleichen zu können und damit auch die erforderlichen Bescheinigungen nachweisen zu können“, teilt Franz Böllinger als geschäftsführender Gesellschafter der Heilbronner Falken GmbH zu dieser Frage mit.
Oberliga-Lizenz für Heilbronner Falken: Was sagt der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) dazu?
Der DEB hatte eine endgültige Frist bis zum 8. Juli gewährt. „Mit diesem Abgabetermin haben wir uns schon im Kulanzbereich bewegt“, stellt DEB-Sprecher Matthias Scholze gegenüber der Stimme klar und ergänzt: „Wir haben nun wirklich gar kein Interesse daran zu verkünden, dass ein Oberligist keine Lizenz erhält.“ Irgendwann gebiete es aber die Fairness gegenüber den anderen Clubs und die generelle Glaubwürdigkeit eines Lizenzierungsverfahrens, dass ein Schlussstrich gezogen werde. „25 andere Clubs haben sich schließlich an die gesetzten Fristen gehalten“, sagt Scholze.
Böllinger betont zwar, „die ganze Zeit über im aktiven Austausch mit dem DEB“ gewesen zu sein. Dass das Ende der Fristen-Fahnenstange erreicht war, erkannte er aber nicht. Ergo erfolgte die ungebremste Fahrt der Falken Richtung Abgrund im Stillen – bis zum Aufschlag. Als der DEB die Lizenzverweigerung am 10. Juli öffentlich bekanntgab, wurden Sponsoren, Fans und Öffentlichkeit gleichermaßen überrascht. Offenbar hatten die Falken selbst den Ausschluss nicht erwartet, es dauerte schließlich fast einen Tag, ehe der Club reagierte.
Wie gelang den Heilbronner Falken die Rettung ?
Erst als das Kind in den Brunnen gefallen war, setzte sich eine Rettungsmaschinerie in Gange. Der Böllinger-Vorgänger Marco Merz wurde als Nothelfer eingespannt. Es waren aber die Falken-Anhänger, die den Solidaritätslauf initiierten und die Spendenkampagne auf den Weg brachten. Die Falken-Verantwortlichen wurden von den Getreuen zum Jagen getragen und für ihre wochenlange Agonie mit 110 000 Euro beschenkt. Das DEB-Spielgericht ließ dann am 22. Juli Gnade vor Recht ergehen, bestätigte die Richtigkeit des Falken-Ausschlusses und erteilte den Heilbronnern gleichzeitig – unter Auflagen – die Spielerlaubnis für die Saison 2025/26.
Sind die versäumten Fristen Resultat der neuen Führungsstruktur der Heilbronner Falken?
Die Falken sind ja bereits seit Jahrzehnten im Profibereich unterwegs und die Lizenzierung dementsprechend eine alljährlich wiederkehrende Aufgabe. Da sollte die Bedeutung von Abgabefristen bekannt sein. Im Unterschied zu früheren Jahren war dieses Mal aber eben kein hauptamtlicher Geschäftsführer mit dieser Aufgabe betraut, sondern ein geschäftsführender Gesellschafter in Nebentätigkeit. Der selbstständige Unternehmer Böllinger sieht in der Führungsstruktur aber kein grundsätzliches Problem, sondern verweist darauf, dass „in den Zeiten, in denen die Verbindlichkeiten massiv angestiegen“ seien, „die Heilbronner Falken über einen jeweils hauptamtlichen Geschäftsführer verfügt“ hätten. Böllinger räumt jedoch im Hinblick auf die Corona-Spielzeiten und den DEL2-Abstieg erstmals Fehler ein: „Jeder der in diesen Zeiträumen Verantwortung getragen hat, ob auf der Seite der Geschäftsführer und auch Gesellschafter, hat seinen Beitrag zum Misslingen geleistet.“
Wie hoch sind die „Altlasten“ der Heilbronner Falken aktuell noch?
Die Höhe der verbleibenden „Altlasten“ beziffert Böllinger aktuell auf einen „mittleren sechsstelligen Betrag“. Wie im Statement vom 24. Juli erklärt, seien seit dem DEL2-Abstieg bereits Außenstände in gleicher Höhe von den Gesellschaftern ausgeglichen worden. Diese enormen Summen führt Böllinger zurück auf „die Herausforderungen“, die „in der Zeit während und nach Corona unter schwierigsten Rahmenbedingungen zu bewältigen“ gewesen seien. Allein an Corona-Staatshilfen seien „nahezu 100 000 Euro“ zurückgezahlt worden.
Sind die Falken-Gesellschafter weiterhin bereit, in diesem Maße, Geld in die Organisation zu stecken?
Dem Eindruck, dass sich Böllinger, Tom Bucher und Rainer Maurer womöglich langsam fragen, wie viel sie ihr Hobby weiterhin kosten soll, tritt Böllinger entschieden entgegen: „Die Gesellschafter haben sich bezüglich ihres Engagements, die Gesellschaft mit Mitteln auszustatten, Haftungen über das normale Maß eines Gesellschafters hinaus zu übernehmen und dies im beträchtlichen Umfang, nichts vorzuwerfen.“
Hätten die Heilbronner Falken angesichts solch hoher Belastungen nicht massiv am Kader sparen müssen?
Dass der Club mit zu teuren Kadern in der DEL2 über seine Verhältnisse gewirtschaftet habe, hatten die Falken ebenfalls bereits am 24. Juli eingeräumt. „Die Gesellschafter tragen dafür selbstverständlich die Verantwortung als Kontrollgremium“, räumt Böllinger ein, verweist aber auch darauf, dass sich die Kaderkosten „ausgehend von der DEL2 über die beiden Oberliga-Saisons stetig reduziert“ hätten. Als Beispiel führt er Oula Uski und die Wernerson-Libäck-Zwillinge an, die trotz guter Leistungen „aus Kostengründen“ nicht weiterverpflichtet worden seien.
Droht den Heilbronner Falken am Ende der Saison 2025/26 ein ähnliches Szenario wie in diesem Jahr?
Für die anstehende Saison sei „ein ausgeglichener Haushalt geplant“, in dessen Rahmen „zusätzlich der Abbau von Verbindlichkeiten ermöglicht“ werde. Dies sei bereits ohne die über die Crowdfunding-Kampagne generierten knapp 110.000 Euro gelungen, wie Böllinger betont. „Die zusätzlichen Mittel, für die wir unendlich dankbar sind, wurden und werden für den Abbau von Verbindlichkeiten in Lieferungen und Leistungen sowie Abgaben investiert.“ Ob das Zahlenwerk am Ende der Saison aufgehe, hänge vom „Zuschauerzuspruch über den Saisonverlauf hinweg“ und die „Bindung und Gewinnung von Werbepartnern“ ab.