Von wegen Mobilitätswende: Wenn das Denken nicht zum Handeln passt
Stadtbewohner befürworten einer aktuellen Studie zufolge neue Formen der Mobilität und Klimaschutz, fahren aber weiterhin vor allem Auto. Mehr Zusammenarbeit, intensivere Digitalisierung und Regulierung als Lösungsansätze für nachhaltige Mobilität.

Die Mobilitätswende ist in aller Munde. Doch was bedeutet das konkret im Alltag? Was sind die Menschen bereit zu tun, um nachhaltige Mobilitätskonzepte voranzubringen? Interessante Antworten auf diese Fragen gibt eine aktuelle Studie, die das Ludwigsburger Beratungsunternehmen MHP gemeinsam mit der Motor Presse Stuttgart in Auftrag gegeben hat.
Für die Studie wurden 3000 Menschen in den 15 größten deutschen Städten zu ihrem Mobilitätsverhalten und ihrer Einstellung zum Klimaschutz befragt. Zwei zentrale Ergebnisse lauten: Es herrscht eine große Kluft zwischen Denken und Handeln. Und das Auto hat auch in den Städten als Fortbewegungsmittel längst noch nicht ausgedient. So ist für 35 Prozent der Befragten der Besitz eines eigenen Autos sehr wichtig. Und 67 Prozent können sich nicht vorstellen, auf das eigene Auto zu verzichten. Jeder dritte Stadtbewohner fährt täglich mit dem Auto zur Arbeit - und das, obwohl in Städten wie Berlin die Durchschnittsgeschwindigkeit gerade mal bei 31 Stundenkilometern liegt. Nur jeder vierte Befragte nutzt Bus und Bahn, gerade mal sechs Prozent fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit.
Die Nutzung des Autos ändert sich langsam
Immerhin ändert sich das Nutzungsverhalten: In 13 der 15 Städte bleibt das Auto häufiger stehen als noch vor fünf Jahren. Dazu passt, dass 35 Prozent der Befragten angaben, in Zukunft weniger Auto fahren zu wollen, während 45 Prozent öfter öffentliche Verkehrsmittel nutzen wollen. Grundsätzlich ist es so, dass die Bedeutung des Autos nachlässt, je besser der ÖPNV in den Städten ausgebaut ist.
Dass neue Angebote wie Carsharing, E-Scooter oder E-Roller die schleppende Mobilitätswende voranbringen, ist der Studie zufolge nicht zu erwarten. Zwar kennen 80 Prozent der Befragten diese Mobilitätsangebote, genutzt werden sie aber lediglich von 14,4 Prozent.Persönliche
Freiheit wichtiger als Klimaschutz
Beim Thema Klimawandel werden die Widersprüche zwischen Denken und Handeln besonders deutlich. So findet es die Hälfte der Befragten gut, dass über den Klimawandel gesprochen wird. 44 Prozent denken sogar daran, hier persönlich aktiv zu werden. Wenn es jedoch konkret wird, sieht es anders aus. So befürworten nur 30 Prozent der Befragten Tempo 30 in den Innenstädten, und nur 22 Prozent halten die Umwandlung von Parkflächen in Grünflächen für eine gute Idee. Eine Klimasteuer für die Finanzierung von Klimaprojekten befürworten lediglich zwölf Prozent der Befragten.
Die Autoren der Studie "Mythos Mobilitätswende" empfehlen einen Dreiklang aus Kooperation, Digitalisierung und Regulierung, um nachhaltige Mobilität in den Städten voranzubringen. Städte, ÖPNV-Anbieter, Autokonzerne, Energieanbieter und Mobilitätsdienstleister müssten enger zusammenarbeiten, um intelligente urbane Mobilität zu ermöglichen. Die Digitalisierung sehen die Verfasser der Studie dabei als wesentliches Werkzeug zur Umsetzung. So könnten beispielsweise ÖPNV und private Mobilitätsangebote auf neutralen digitalen Plattformen gebündelt werden.
Drittens fordern die Autoren einen regulatorischen Rahmen für die Mobilitätswende, der auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene abgestimmt werden müsse und die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen soll. "Ohne den Impuls der Regulation wird die Mobilitätswende nicht passieren", schreiben die Autoren. Der Markt funktioniere hier nicht. "Drohen Einbußen des persönlichen Komforts oder der persönlichen Freiheit, sinkt die Bereitschaft für eine Verhaltensänderung zugunsten nachhaltiger Mobilität drastisch", heißt es in der Studie. Bei der Regulierung sei es wichtig, die Balance zwischen Sanktionen und Anreizen zu wahren.
Mobilität der Zukunft
-
Von wegen Mobilitätswende: Wenn das Denken nicht zum Handeln passt
-
Mobilität der Zukunft: Das sind die großen Trends
-
Zuerst die Software, dann das Auto
-
Alles Elektro oder was? Alternative Antriebsformen im Überblick
-
Dem Stillstand auf der A6 auf die Pelle rücken
-
Autonomes Fahren ist einer der Megatrends für die Zukunft