Wie die A6 künftig entlastet werden soll
Stauregion Heilbronn: Alle wollen dem Stillstand auf die Pelle rücken. Der Landesverkehrsminister setzt auf den Ausbau der A6 und die Schiene. Im Mobilitätspakt wollen Politik, Verwaltung und Teile der Wirtschaft den regionalen Individualverkehr mindern.

Die Autobahn A 6 Heilbronn-Mannheim gehört laut Landesverkehrsministerium zu den staureichsten Strecken in Baden-Württemberg.
2019 zählte die Behörde für den Abschnitt insgesamt 8118 Staus mit zusammen mehr als 6700 Stunden, die die Autofahrer auf diesem Streckenabschnitt im Stau standen. In beiden Fahrtrichtungen schieben sich hier zusammen mehr als 93.000 Fahrzeuge täglich an Neckarsulm vorbei.
Überlastete Autobahn sorgt in Heilbronn für Staus
"Ein großes Problem für Heilbronn ist das Unfallgeschehen auf der Autobahn", sagt Christiane Ehrhardt, Leiterin des Amtes für Straßenwesen in Heilbronn. "Dann ist ein Teil dieses Verkehrs in der Stadt." Unter normalen Umständen fließe der 22 Stunden am Tag. In den Spitzenzeiten morgens und abends müssten Autofahrer auch mal zwei Ampelphasen stehen, so Ehrhardt. Laut Studie des Verkehrsdaten-Anbieters Inrix für 2019 gehört Heilbronn nicht zu den stauträchtigsten Städten in Deutschland.
"Prinzipiell dienen alle Bundesmittel, die das Land für den Neu- oder Ausbau von Straßen einsetzt, der Stauvermeidung", so ein Sprecher des Verkehrsministeriums gegenüber unserer Zeitung. Hinzu kämen Mittel für sogenannte straßenverkehrstelematische Einrichtungen sowie für Anwendungen der Digitalisierung im Straßenverkehr. So habe das Land vergangenes Jahr knapp 140 Millionen Euro in die Verbesserung des Verkehrsflusses auf den Autobahnen investiert. 2020 sind 180 Millionen Euro veranschlagt.
Sechs Spuren sollen Verkehr flüssig machen
Eine spürbare Verbesserung erhofft sich das Ministerium vom sechsspurigen Ausbau der A6 zwischen der Anschlussstelle Wiesloch-Rauenberg und dem Autobahnkreuz Weinsberg. Die Behörde geht davon aus, "dass nach dem abgeschlossenen Streckenausbau durch den Wegfall der Baustellensituation eine Entspannung der Lage eintritt", so der Ministeriumssprecher.
Verkehrsclub Deutschland setzt ganz auf ÖPNV
Hans-Martin Sauter, Vorstandssprecher des Regionalverbandes des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) hält das für den falschen Weg. "Wer mehr und breitere Fahrbahnen baut, zieht mehr Autos auf die Straße." Statt den Menschen das Autofahren zu vereinfachen, müsste mehr Geld in den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) investiert werden. Sauter nennt Ausbau und Modernisierung der Schiene sowie flächendeckend Busspuren.
Zwar soll laut Verkehrsministerium "der Steckenausbau zur Erhöhung der Kapazität zur Stauvermeidung beitragen". Das Ministerium strebe aber auch an, die Kapazitäten des Streckennetzes "optimal zu nutzen sowie den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu fördern".
Mehr Radfahrer im Verkehrsmix
Als weiteres wichtiges Instrument nennt der Ministeriumssprecher den Mobilitätspakt Heilbronn/Neckarsulm. "Alle Bausteine zielen darauf ab, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren und den Anteil des ÖPNV und des Fuß- und Radverkehrs im Verkehrsmix zu erhöhen", so Neckarsulms Pressesprecher Andreas Bracht. Der Pakt wurde 2017 vom Land, dem Landkreis, den Städten und Teilen der Wirtschaft gegründet. Ziel ist es, den Verkehrsproblemen des Wirtschaftsraumes mit neuen verkehrsträgerübergreifenden Lösungsansätzen zu begegnen.
Bundesstraße 27 stark belastet
Im Fokus steht die Entlastung der Bundesstraße 27. An der Sulmbrücke fahren werktags 40.350 Fahrzeuge, auf Höhe der Aral-Tankstelle 58.100 und zwischen dem Amorbachknoten und Bad Friedrichshall-Kochendorf 28.950. Staus in den Morgen- und Abendstunden sind die Regel.
Homeoffice soll Straßen entlasten
Der Erfolg der bisherigen Maßnahmen lasse sich quantitativ schwer bemessen, so Bracht. Es sei aber gelungen, den Verkehr an neuralgischen Punkten zu verflüssigen. Zudem arbeiten infolge der Corona-Krise viele Beschäftigte im Homeoffice, so dass das Verkehrsaufkommen zurückgegangen sei. Neckarsulms Oberbürgermeister Steffen Hertwig werde die Veränderungen durch diesen Trend mit den Partnern im regionalen Mobilitätspakt diskutieren, so Bracht.
Und Heilbronn? Auch wenn der Verkehr im Großen und Ganzen fließe, gebe es Verbesserungspotenzial, räumt die Leiterin des Amtes für Straßenwesen ein. Neben Umfahrungsplänen müsse unter anderem die Grüne Welle optimiert werden. "Hier haben wir eine Untersuchung in Auftrag gegeben."
Staus auf den Straßen
Laut ADAC-Staubilanz 2019 wurden in Baden-Württemberg mehr als 76.000 Staus mit fast 70.000 Stunden erfasst. Baden-Württemberg belegt mit rund 191.000 Kilometern Stau Platz drei nach Nordrhein-Westfalen mit rund 453.000 Kilometern und Bayern mit 267.000 Kilometern.
Laut ADAC liegt ein Stau vor, wenn mehrere Fahrzeuge auf einer Länge von mindestens einem Kilometer mindestens fünf Minuten lang im Durchschnitt unter 20 Kilometer pro Stunde schnell sind. Welchen wirtschaftlichen Schaden Staus verursachen, kann nur geschätzt werden. Der Verkehrsanalyst Inrix geht von rund 80 Milliarden Euro bundesweit aus. Laut VCD ist der Autoverkehr der größte Klimasünder im Südwesten, 31 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen entfielen auf diesen Sektor, so Matthias Lieb, Landesvorsitzender VCD.
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