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"Schikane für Autofahrer"
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Tempo 30 in Hohenlohe: Wie sinnvoll ist das auf Ortsdurchfahrten?

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Nicht nur in Wohngebieten, sondern auch innerhalb vieler Ortsdurchfahrten in Hohenlohe herrscht mittlerweile Tempo 30. Welche Gründe das auf Ein- und Ausfallstraßen hat und was Verkehrsteilnehmer und Anwohner in Bretzfeld dazu sagen.


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Die Frau hat eine klare Meinung: „Ich fühle mich in meiner Freiheit als Bürgerin eingeschränkt. Das ist Schikane für Autofahrer.“ Kurz darauf entscheidet sie sich, mit dieser Aussage lieber doch nicht mit Namen in der Zeitung stehen zu wollen. Aber zu dem, was sie gesagt hat, steht sie.

Die Frau lebt an der Ortsdurchfahrt von Bretzfeld. Sie ärgert sich über das, was jeden Tag vor ihrer Haustüre auf der Straße herrscht: Tempo 30. 

Bretzfelderin kritisiert Tempo 30 auf der Ortsdurchfahrt als Schikane für Autofahrer

Die Reduzierung soll dem Lärmschutz dienen, der Verminderung von Abgasen und der Verkehrssicherheit – doch die Anwohnerin lässt das nicht gelten: „Die Autos machen mit 50 nicht mehr Krach wie mit 30“, meint sie, und sie verpesteten ebenso die Luft. „Aber sie sind mit 50 schneller weg.“ Auch der Verkehrssicherheit diene das kaum: „Das hätte ich brauchen können, als meine Kinder klein waren.“ Aber heute „werden die Kinder doch alle gefahren“.

Um schließlich zwei Totschlagargumente zu bringen: Tempo 50 sei normal, immer normal gewesen, und: „Das bringt nichts, es hält sich keiner dran.“ Viele Autofahrer seien früher mit deutlich über 50 durch Bretzfeld gebrettert und täten das noch heute. Man solle sich zur Hauptverkehrszeit an die Adolzfurter Straße stellen, dann werde man das schon sehen.

Auf der Adolzfurter Straße in Bretzfeld herrscht vor Rathaus und Kirche Tempo 30. Manche Anwohner sehen dahinter eine sinnvolle Sicherheitsmaßnahme - andere regen sich darüber auf.
Auf der Adolzfurter Straße in Bretzfeld herrscht vor Rathaus und Kirche Tempo 30. Manche Anwohner sehen dahinter eine sinnvolle Sicherheitsmaßnahme - andere regen sich darüber auf.  Foto: Büchele, Torsten

Tempo 30 auf Ortsdurchfahrten: In welchen Orten im Hohenlohekreis das gilt

Bretzfeld ist bei Weitem nicht der einzige Ort, in dem mittlerweile Tempo 30 nicht nur in Wohngebieten, sondern ganztägig zumindest abschnittsweise auch auf einer Ortsdurchfahrt, Ein- oder Ausfallstraße gilt. Hier gibt es sogar zwei: Die Burgwiesenstraße am Bildungszentrum und die Adolzfurter Straße vor dem Rathaus.

Die Teilorte Bitzfeld und Schwabbach zählen auch dazu, mit der L1036, der wichtigen Verbindung von Öhringen nach Heilbronn.

Zahlreiche Tempo-30-Zonen im Hohenlohekreis auf Haupt- und Ortsdurchfahrten

Dazu kommen Kreis- und Landesstraßen durch zwölf weitere Orte im Hohenlohekreis: Niedernhall, Dörzbach (dort auch B19), Mulfingen, Ailringen, Berndshofen, Unterohrn, Neuenstein, Belzhag, Kupferzell, Krautheim, Laibach und Klepsau. Das teilen die beiden Verkehrsbehörden im Kreis mit: das Landratsamt und die Große Kreisstadt Öhringen.

In Pfedelbach und Öhringen liefen aber derzeit Verfahren zur Aufstellung von Lärmaktionsplänen, so dass hier bald mit weiteren Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Lärmschutzgründen zu rechnen sei. Eine spezielle Situation herrscht derzeit in Pfedelbach, Oberohrn und Baierbach: Hier gilt temporär Tempo 30 durch die Orte, weil hier aufgrund einer Umleitung wegen der einseitigen Brückensperrung in Öhringen-Cappel mehr Ortsunkundige unterwegs sind als sonst.


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Was meinen andere Einwohner? Sollte Verkehr auf Durchgangsstraßen schneller fließen? In Bretzfeld in der Bäckerei an der Ecke Adolzfurter Straße/Einsteinstraße teilt man die Meinung der Einwohnerin nicht ganz. Ja, es stimme: „Manche halten sich daran, manche nicht“, sagt eine Verkäuferin, die den Verkehr jeden Tag vom Tresen aus sieht. Mit dem Zebrastreifen in der Einsteinstraße und der Ampel in der Adolzfurter Straße sei schon viel für die Verkehrssicherheit getan. Sie bezweifelt, dass Tempo 30 für Fußgänger viel bringt, die außerhalb dieser Hilfen die Straße queren: Nicht die Geschwindigkeit alleine sei entscheidend, sondern der Abstand der Fahrzeuge. Und: „Ich kann mir vorstellen, dass das die Autofahrer manchmal ärgert.“

Tempo 30 auf Ortsdurchfahrten: Gesetz wurde jüngst verschärft

Wo Tempo 30 herrschen kann oder muss, ist gesetzlich klar geregelt. Das Landratsamt stellt klar: „Die Anordnung bedarf einer besonderen Gefahrenlage.“ Die häufigsten Gründe seien Schutz vor Lärm und Abgasen. Daher würden Temporeduzierungen „insbesondere durch die Gemeinden im Rahmen von Lärmaktionsplänen beantragt“.

Außerdem sei mehr Verkehrssicherheit ein Grund, „insbesondere zugunsten besonders schutzbedürftiger Personengruppen“ - und zwar auch ohne, dass es dort schon mal einen schweren Unfall gegeben hat. Das Gesetz erlaubt, dass Tempobeschränkungen relativ einfach vor Fußgängerüberwegen, Kitas, Spielplätzen, vielbenutzten Schulwegen, Schulen, Alten- und Pflegeheimen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder Krankenhäusern angeordnet werden können, wenn diese an Straßen des überörtlichen Verkehrs liegen. Mit der vergangenen Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung habe der Gesetzgeber diesen Kriterien-Katalog nochmals erweitert.

Tempo 30 in Hohenlohe: Anwohner schlägt Kompromiss vor

Der Bretzfelder Friedhelm Weinstock läuft die Adolzfurter Straße entlang. Er gibt zu, dass Tempo 30 durch den Ort für ihn noch ungewohnt sei: „Man ist es von früher noch gewohnt, dass Tempo 50 herrscht, und will dann schnell durchkommen.“

Er lebt nicht an der Hauptstraße, sondern in einem Wohngebiet mit 30er-Zone, und mit reduziertem Tempo hier wie dort braucht er mit dem Auto schon lange, um aus seinem Ort herauszukommen. Von vermindertem Lärm und mehr Verkehrssicherheit auf der Durchfahrtstraße hat er selbst wenig, obwohl auch er im Ort lebt. Aber er gibt zu: „Dort steht jetzt ein neues Pflegeheim, es gibt ein paar Ältere mehr hier.“ Für deren Sicherheit müsse man sorgen. Wenn er die Entscheidung hätte? „Dann würde ich Tempo 40 machen“, schlägt er einen Kompromiss vor.

Streit in Pfedelbach: Räte lehnen Lärmaktionsplan ab

Dass Tempo 30 nicht unbedingt auf Zustimmung stößt, hat man Anfang des Jahres in Pfedelbach gesehen, wo ein Lärmaktionsplan erstellt wurde. Im Gemeinderat sind die Vorschläge der Verwaltung, die auf einem Gutachten beruhen, nicht auf Zustimmung gestoßen.

Besonders in der Hauptstraße im Kernort von Pfedelbach sind viele Häuser vom steigenden Lärm von immer mehr Fahrzeugen betroffen.
Besonders in der Hauptstraße im Kernort von Pfedelbach sind viele Häuser vom steigenden Lärm von immer mehr Fahrzeugen betroffen.  Foto: Jani, Stefanie

Aus den Reihen im Gremium ist ein Kompromissvorschlag erarbeitet worden. So soll für Lastwagen Tempo 30 bis zur Hauptstraße 114 im Kernort kommen. Das Limit für Autos gilt von 22 bis 6 Uhr, obwohl die Gemeinde betont, sie hätte an vielen Stellen generell ein Tempo 30 auch für Autos favorisiert.

Dasselbe soll in Teilen der Baierbacher Straße umgesetzt werden. Ebenso soll das Limit für stark lärmbelastete Straßen in Windischenbach oder Untersteinbach gelten. Zahlreiche Bürger indes sind nicht einverstanden mit diesem Kompromiss, da besonders an der Hauptstraße in Pfedelbach einige Wohnhäuser stehen, deren Bewohner sich mehr Ruhe wünschen. 

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