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Reaktivierung der Kochertalbahn: So sind die Argumente von Befürwortern und Gegnern

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Die Wiederbelebung der Kochertalbahn zwischen Künzelsau und Waldenburg sorgt für reichlich Diskussionsstoff im Kreistag. Befürworter und Gegner haben gute Argumente für ihre Positionen. Ein Überblick.

Wird die Kochertalbahn eines Tages wieder durch Hohenlohe fahren? Der Kreistag ist sich uneins.
Wird die Kochertalbahn eines Tages wieder durch Hohenlohe fahren? Der Kreistag ist sich uneins.  Foto: Ralf Reichert

Pro: Verfechter beschwören Jahrhundertchance

Die CDU ist sich weitgehend einig: Bis auf Rolf Weibler stimmen am vergangenen Mittwoch ( 26.07.) alle neun Kreisräte dafür, die Reaktivierung der Kochertalbahn noch intensiver untersuchen und das Projekt damit weiter leben zu lassen. Natürlich legen sich die zwei Künzelsauer Christian von Stetten und Stefan Neumann dabei am meisten ins Zeug: der eine als Vorsitzender der Bürgerinitiative "Wir bauen die neue Kochertalbahn", der andere als Bürgermeister. Die Reaktivierung sei eine "Jahrhundertchance", er habe es "in den vergangenen zwanzig Jahren noch nie erlebt, dass alle regionalen Bundestags- und Landtagsabgeordneten bei einem Thema einheitlicher Meinung sind".

Kommt bei der Förderung der Investitionskosten sogar noch eine Schippe drauf?

Wer ist dafür, die Reaktivierung der Kochertalbahn weiter zu prüfen? Neun CDU-Kreisräte strecken, genauso wie die fünf Vertreter der Grünen und drei der SPD.
Wer ist dafür, die Reaktivierung der Kochertalbahn weiter zu prüfen? Neun CDU-Kreisräte strecken, genauso wie die fünf Vertreter der Grünen und drei der SPD.  Foto: Reichert, Ralf

Die Zusage des Bundes, kommunale Investitionen zur Wiederbelebung stillgelegter Bahnstrecken mit 90 Prozent zu fördern, "wird beibehalten", da komme "sogar noch etwas drauf", will der langjährige MdB im Bundesverkehrsministerium erfahren haben. "Auch Landesverkehrsminister Hermann will es und sagt: Beeilt euch, wenn ihr bei den ersten seid, finanziere ich euch noch einen Teil der Kosten für den Betrieb."

Von Stetten: Noch nie hatten ländliche Räume so große Chancen

Klar seien die aktuell geschätzten Baukosten von "einer Viertelmilliarde Euro viel Geld", aber wenn sie nicht "bei uns" ausgegeben würden, "dann eben im Schwarzwald oder in Niedersachsen", so von Stetten. Nie zuvor hätten ländliche Regionen solch gute Chancen gehabt, bei Bahnprojekten überhaupt und derart üppig gefördert zu werden, nachdem der Bund die Wirtschaftlichkeit nicht mehr nur an der Fahrgastzahl ("Da gewinnen immer die Ballungsräume"), sondern auch am Beitrag zum Klimaschutz bemisst.

 


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Neumann: Nicht nur Künzelsau profitiert, "sondern die anderen noch viel mehr"

"Ich kenne viele Weltmarktführer und es gibt nicht einen, der gegen die Kochertalbahn ist", sagt Stefan Neumann. "Wir müssen das Thema Fachkräftemangel ernst nehmen, und eine Frage, die immer gestellt wird, ist die, wie unser Raum schienen-technisch angebunden ist. Nach E-Bussen wird hingegen nie gefragt." Neumann versichert: "Nicht nur Künzelsau wird davon profitieren, sondern die anderen noch viel mehr" - womit er vor allem Kupferzell und Waldenburg meint.

Und wenn die finanziellen Belastungen zu hoch sind?

Michael Foss, Fraktionschef der CDU, betont, der aktuelle Kreistagsbeschluss sei "keine Entscheidung für oder gegen die Kochertalbahn", sondern es gehe allein darum, die "vielen offenen Fragen" mit einer zwar teuren, aber unverzichtbaren Bewertung zu beantworten. Geklärt werden müsse auch die finanzielle Beteiligung der Kommunen und die Frage, wer die Betriebskosten trage. Wenn die Belastungen am Ende zu hoch seien, müsse man eben die Reißleine ziehen.

 


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Das ist die Position der Grünen

"Für die Wiederinbetriebnahme spricht unter anderem, dass alle regional wichtigen Schulen entlang dieser Trasse liegen sowie das Landratsamt", sagt Martin Braun, Fraktionssprecher der Grünen. Ein "klassischer Gütertransport" sei zwar unmöglich, "allerdings gibt es längs der Trasse hauptsächlich Firmen, die in erster Linie kleinere Geräte – sozusagen in Paketgröße – produzieren, die in einem Paketabteil der Stadtbahn transportiert werden könnten". Auch eine "Verlängerung der Kochertalbahn bis nach Forchtenberg" dürfe nicht aus den Augen verloren werden. Die "Vorschrift", dass parallel zum Bahnverkehr keine Busse fahren dürften, wird laut Braun umso dringender "modifiziert" werden müssen, je mehr Bahnstrecken reaktiviert würden.

 


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Contra: Gegner zweifeln an Wirtschaftlichkeit

Wer ist dagegen, die Reaktivierung der Kochertalbahn weiter zu prüfen?
Wer ist dagegen, die Reaktivierung der Kochertalbahn weiter zu prüfen?  Foto: Reichert, Ralf

Die Fraktion der Freien Wähler ist fast vollständig dagegen, die Reaktivierung der Kochertalbahn weiter prüfen zu lassen. Acht Räte sagen Nein am 26. Juli, nur Karl Michael Nicklas stimmt mit Ja. Kreisrat Otto Weidmann stellt das Alternativkonzept der FWV ausführlich vor und begründet, warum eine Wiederbelebung der stillgelegten Strecke "ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll" sei. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kochertalbahn komme, liege bei unter 50 Prozent. Und dann dauere es noch "bis 2038 oder 2040", ehe es mit der reaktivierten Bahn einen Stundentakt gebe. "Dabei haben die Bürger schon jetzt einen Stundentakt: mit dem Bus." Weidmann meint damit die stark aufgestockte Regionalbuslinie 7, die seit 26. Februar 2016 täglich zwischen dem Busbahnhof in Künzelsau und dem Bahnhof in Waldenburg verkehrt, um die Kreisstadt noch verlässlicher mit der Schiene zu verbinden.

 


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Drei neue Elektrobusse: viel schneller und günstiger

Es sei "besser, jetzt nicht viele Millionen Euro in die weitere Planung und dann 200 bis 300 Millionen in den Bau der Kochertalbahn zu stecken". Stattdessen sollten "die Stadt Künzelsau und der Kreis drei neue Elektrobusse kaufen, die im 20-Minuten-Takt fahren und die bestehende Regiobuslinie zum Waldenburger Bahnhof ersetzen" - auf einer eigenen Busspur der B19. Diese Verbindung sei viel günstiger und könnte schon "ab 2025/26" genutzt werden, "und nicht erst in zwanzig Jahren".

Basiert jüngste Studie auf "falschen" Vergleichswerten?

Die jüngste Machbarkeitsstudie zur Kochertalbahn basiere auf "falschen" Vergleichswerten. Richtig gewesen wäre, die Reaktivierung in Relation zu den drei neuen Elektrobussen zu analysieren. "Drei Millionen Euro" für die Bewertung und "30 Millionen Euro" Eigenanteil für die Baukosten: Im Gegensatz dazu sei die Bus-Variante sehr günstig: "1,2 Millionen Euro für die drei neuen Fahrzeuge" und die restlichen 1,8 Millionen Euro für die Fahrer: "Dann hätten wir in acht bis zehn Jahren dasselbe ausgegeben wie für die Standardisierte Bewertung der Kochertalbahn" - und erst danach wieder Kosten, die aber weiterhin viel niedriger lägen als das, was für Investition und Betrieb der reaktivierten Bahn draufginge.

 


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Wurden zentrale Details ausgeblendet?

FWV-Kreisrat Peter Lemke erklärt, "vordergründig" gehe es nur um die weiteren Prüfungskosten. "Wenn wir dem zustimmen, gibt es aber kein Zurück mehr, also geht es heute darum, ob die Kochertalbahn reaktiviert werden soll." Die Mehrheit der Kupferzeller Bevölkerung sei aber dagegen. Sein Krautheimer Fraktionskollege Thomas Dubowy meint, die jüngste Machbarkeitsstudie habe zentrale Details ausgeblendet und das Ergebnis ganz bewusst in die von den Befürwortern gewünschte Richtung gelenkt. Die Wirkungen des Busverkehrs seien "nicht fair angerechnet" worden, ohne diesen "Bewertungstrick" sinke der Wirtschaftlichkeitsfaktor dramatisch in den Negativbereich.

Züfle: "Für die allermeisten Kreiseinwohner bringt die Kochertalbahn gar nichts"

FWV-Kreisrat Rainer Züfle legt den Finger noch tiefer in die Wunde. Die geplante "Reaktivierung" sei ein "Etikettenschwindel" und habe mit der früheren Kochertalbahn "rein gar nichts" zu tun. Es gehe vorwiegend darum, Künzelsau ans S-Bahn-Netz anzuschließen. Ob CO2-Einsparung, Ersatzradweg oder Busse: In der jüngsten Studie sei vieles "schön gerechnet" und aus kommunalpolitischer Sicht "schön gedacht" worden. Deshalb: "Für die allermeisten Kreiseinwohner bringt die Kochertalbahn gar nichts."

 

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