Bei der Reaktivierung der Kochertalbahn gibt es noch viele Fragezeichen
Die mögliche Inbetriebnahme der Kochertalbahn zwischen Künzelsau und Waldenburg schlägt weiter hohe Wellen. Durch den Kreistag geht ein tiefer Riss, Befürworter und Gegner beharren auf ihren Positionen. Kompromisse scheinen derzeit kaum möglich.
Das Thema Reaktivierung der Kochertalbahn ist so brisant und komplex, dass darüber noch lange gestritten werden wird. Landrat Matthias Neth steht zwischen allen Stühlen. Er muss versuchen, die Wogen zu glätten und die nächsten Schritte zu gehen. Als da wären: Die konkrete Trassenführung mit dem Land sowie Künzelsau, Kupferzell und Waldenburg auszuhandeln, die dann mit einer Standardisierten Bewertung samt Infrastrukturplanung eingehend untersucht wird.
Wird die Kochertalbahn wieder fahren?
Erst wenn auch diese Studie der Kochertalbahn eine ausreichend hohe Wirtschaftlichkeit bescheinigt, kann der Kreis beim Land beantragen, die Investitionskosten bis zu 90 Prozent gefördert zu bekommen. Wenn der Kreistag denn in zwei bis drei Jahren auch politisch noch für die Wiederbelebung ist. Im Frühjahr 2024 wird das Gremium neu gewählt, da kann sich einiges verschieben. Es ist also noch ein langer Weg bis zu einer möglichen Reaktivierung, bedenkt man, dass sich Künzelsau, Kupferzell und Waldenburg noch gar nicht einig sind, ob die Bahn überhaupt wiederbelebt wird und wer am Ende was zahlen soll - für die nun anstehende Standardisierte Bewertung genauso wie für den Eigenanteil der Baukosten.
Betriebskosten sind der größte Knackpunkt
Ein noch dickeres Fragezeichen steht hinter den Betriebskosten, die das Land zum größten Teil tragen müsste, damit die Kochertalbahn überhaupt dauerhaft fahren kann. Rund 30 stillgelegte Strecken mit einer Gesamtlänge von 480 Kilometern wollen zum Zug kommen, wovon das Verkehrsministerium aber nur 100 Kilometer (und vielleicht noch ein paar mehr) sicher finanziert. Wer da den Betrieb nicht schnell genug gesichert hat, geht leer aus. Und es gibt viele Kreise, in denen die geplante Reaktivierung politisch völlig unumstritten sind.
Neths Bauchgefühl sagt: Die Bahn kommt eher nicht
Selbst Landrat Matthias Neth meint Stand heute: "Ich habe das Bauchgefühl, das Projekt kommt eher nicht" - während derzeit "alle anderen Aussagen und Gutachten" - zumindest die offiziell beauftragten - "in die andere Richtung gehen". Bund und Land hätten versichert, bis zu 90 Prozent der Investitionen zu bezahlen, was es so noch nie gegeben habe. Deshalb ist Neth der Ansicht, eine weitere Analyse mache Sinn.
Finanzielles Risiko laut Neth kalkulierbar
Genauso sieht es auch die Mehrheit des Kreistags. Am 26. Juli fiel der Beschluss: 20 Räte sagten Ja, zwölf Nein, zwei enthielten sich. Dafür müsste der Kreis maximal "1,5 Millionen Euro" tragen, so Neth: also die Hälfte der Gesamtsumme. Würde es teurer, sei ein weiteres Votum des Kreistags nötig. "Und meine Verwaltung hält sich an diesen Beschluss", beteuert Neth. 1,5 Millionen: Dies sei kein "unkalkulierbares Risiko", rechnet Neth fest damit, dass ein Großteil der Kosten für die intensivere Prüfung und Planung gefördert wird. Und wenn doch nicht, wie FWV-Fraktionschef Achim Beck wissen wollte? "Dann läge unser rechnerisches Risiko bei 16,4 Millionen Euro."