Reaktivierung der Kochertalbahn: Kreistag gibt grünes Licht für wichtige Prüfung
Die Kochertalbahn bleibt ein zentrales Thema im Hohenlohekreis. Am Mittwoch hat sich der Kreistag erneut mit einer möglichen Reaktivierung befasst. Das Projekt ist heftig umstritten.

Am Mittwoch musste der Kreistag nachsitzen. Ab 17 Uhr ging es in der Stadthalle Künzelsau darum, ob die Reaktivierung der Kochertalbahn zwischen Künzelsau und Waldenburg weiter geprüft wird und dafür 3,2 Millionen Euro ausgegeben werden sollen – wovon der Hohenlohekreis die Hälfte zahlen muss. So viel kostet die Infrastrukturplanung samt Standardisierter Bewertung, ohne die das Vorhaben gar nicht weiterverfolgt werden kann. Hätten die Kritiker im Kreistag gewonnen, wäre die Wiederbelebung beerdigt gewesen. So aber setzten sich am Ende der zweistündigen und emotional aufgeladenen Sitzung die Befürworter mit 20 Stimmen durch. Zwölf Kreisräte waren dagegen, zwei enthielten sich.
Die Standardisierte Bewertung ist und bleibt der Goldstandard in der Beurteilung größerer Verkehrsprojekte. Nur wenn diese Analyse die positive Wirtschaftlichkeitsberechnung der ersten Machbarkeitsstudie bestätigt, kann der Hohenlohekreis eine Förderung beim Land beantragen. Diese bezieht sich sowohl auf die Investitionskosten, wo mit Hilfe des Bundes eine Übernahme von bis zu 90 Prozent möglich ist, als auch auf den laufenden Betrieb, der das entscheidende Kriterium ist. Bislang hat das Land nur für 100 Kilometer zu reaktivierender Schienenstrecken die dauerhafte finanzielle Unterstützung zugesagt. Jetzt ist das Verkehrsministerium umgeschwenkt und hat sich "zum Ziel gesetzt, perspektivisch auch die Betriebskosten einiger weiterer Reaktivierungsvorhaben im Landes-Standard zu übernehmen", erklärt Sprecher Edgar Neumann auf Anfrage der Hohenloher Zeitung.
Kochertalbahn: Staatliche Förderung macht den Löwenanteil bei der Finanzierung aus
Ob dieser "Landes-Standard" am Ende genügt, um die Kochertalbahn zu betreiben, wird sich zeigen. Alles, was darüber hinausgeht, müssen der Kreis und die drei beteiligten Kommunen selbst zahlen. Wie viel das sein wird, kann nur die Standardisierte Bewertung zeigen. So oder so macht die staatliche Förderung aber den Löwenanteil bei der Finanzierung der Betriebskosten aus, ohne den das Projekt gar nicht kommunal gestemmt werden könnte.
Die Befürworter der Kochertalbahn fürchten nun eines am meisten: Zeit zu verlieren. Genau das ist zuletzt passiert, als Landrat Matthias Neth am 26. Juni das Thema von der Tagesordnung nahm, nachdem Kreisrat Rainer Züfle beim Verwaltungsgericht Bedenken angemeldet hatte, ob der Punkt rechtmäßig beraten werden kann. Neth teilt Züfles Auffassung nicht, wollte aber keinen langen Rechtsstreit riskieren, indem er die Sache wie geplant durchgezogen hätte. So musste er den Punkt am Ende "nur" streichen und eine Sondersitzung anberaumen, die nun stattfindet.
Die Konkurrenz bei stillgelegten Bahnstrecken im Land ist groß
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst: Diesem vom Verkehrsministerium ausgerufenen Prinzip folgend, achtete man bisher darauf, das Projekt Kochertalbahn so schnell wie möglich voranzutreiben. Denn die Konkurrenz ist groß. "Derzeit gibt es landesweit gut 30 stillgelegte Bahnstrecken, bei denen realistische Chancen auf eine Wiederinbetriebnahme bestehen", erklärt Neumann.
2020 hatte das Land eine Potenzialanalyse durchgeführt, 42 "positive" Strecken ermittelt und deren Kreise ermuntert, weitere Studien in Auftrag zu geben. Die grundsätzliche wirtschaftliche Machbarkeit aller vier Vorhaben in der Region Heilbronn-Franken (Bottwartalbahn, Kochertalbahn, Krebsbachtalbahn, Zabergäubahn) wurde bestätigt. "Die weiteren Schritte und die Umsetzung liegen nun in der Verantwortung der Landkreise."
Kochertalbahn liegt noch gut im Rennen, Kreis muss sich aber sputen
Laut Ministerium seien die Hermann-Hesse-Bahn (Calw - Weil der Stadt) und die Wutachtalbahn (Lauchringen - Weizen) am weitesten fortgeschritten. Sie würden voraussichtlich in den nächsten zwei Jahren in Betrieb gehen. Alle übrigen Vorhaben "befinden sich derzeit alle ungefähr auf demselben Planungsstand".
Das heißt: Auch die Kochertalbahn liegt weiter gut im Rennen. Nur: Das Windhundprinzip gilt weiterhin. Sprich: Die Kreise müssen sich sputen und zielstrebig auf den Betrieb hinarbeiten. Erst wenn dieser tatsächlich erfolgt ist, fließen Landesmittel. Falls diese Finanzierungszusage schon vor dem Betriebsstart vorliegt, muss das Projekt zeitnah umgesetzt werden.



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