Alte Bahnstrecken, neu belebt? Das ist der aktuelle Stand
Vier Strecken in der Region Heilbronn-Hohenlohe sind prinzipiell möglich. Bis zur Realisierung gibt es aber noch viele Hürden zu meistern.
In der Region gibt es vier stillgelegte Bahnstrecken, die Chancen haben, reaktiviert zu werden. Vor möglichen Baubeschlüssen ist aber noch jede Menge zu tun. Erst wenn die konkreten Trassen feststehen und die Wirtschaftlichkeit final geprüft wurde, können die Kreise ihre Förderanträge stellen. Ohne die finanzielle Unterstützung von Bund und Land wären diese Vorhaben nämlich gar nicht realisierbar. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum aktuellen Stand.
Was ist das Ergebnis der Machbarkeitsstudie zur Kochertalbahn?
Dass eine Reaktivierung prinzipiell möglich ist. Entscheidend ist die Wirtschaftlichkeit, und die Experten sind zu dem Schluss gekommen: Kosten und Nutzen stehen in einem positiven Verhältnis. Die Ergebnisse wurden am 27. März 2023 vorgestellt. Eine erste Machbarkeitsstudie vor elf Jahren hatte für die Kochertalbahn noch den Daumen gesenkt. Deshalb wurde das Projekt nicht mehr weiterverfolgt. Jetzt haben sich die Vorzeichen zugunsten ländlicher Räume geändert, in denen das Fahrgastpotenzial in der Regel nicht so hoch ist, was sich ungünstig auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt. Besondere Belange des Klimaschutzes werden in der Bewertung nun stärker berücksichtigt.
Wie geht es nun bei der Kochertalbahn weiter?
Der Kreistag des Hohenlohekreises muss am kommenden Mittwoch die weiteren Weichen stellen. Dabei geht es allein darum, ob das Gremium den Weg freimacht für die sogenannte Standardisierte Bewertung, die 150 .000 bis 200 .000 Euro kosten wird. Damit verbunden ist allerdings eine aufwendige Infrastrukturplanung, die mit rund drei Millionen Euro zu Buche schlägt. Der Kreis sowie die Anliegerkommunen Künzelsau, Kupferzell und Waldenburg müssen sich die Kosten teilen.
Warum ist diese Standardisierte Bewertung so wichtig?
Die Standardisierte Bewertung bleibt der Goldstandard, um die Wirtschaftlichkeit neuer Bahnstrecken final zu ermitteln. Sie folgt der ersten Machbarkeitsstudie, die am 27. März vorgestellt wurde und der Kochertalbahn ein positives Ergebnis bescheinigt hat. Um von Land und Bund finanziell unterstützt zu werden, genügt diese Prüfung aber nicht. Man muss dafür noch viel genauer ins Detail gehen, was die konkrete Trassenführung samt Kosten betrifft. Erst wenn diese Standardisierte Bewertung ebenfalls positiv ausfällt, kann der Förderantrag gestellt werden. Diese umfangreiche Prüfung kann laut Kreis zwei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen.
Wie hoch sind die Kosten für eine reaktivierte Kochertalbahn und welche Trassen stehen zur Wahl?
Zwei Trassen sind am wirtschaftlichsten. Die eine biegt im Nordosten Gaisbachs ins Künsbachtal, die andere führt dort in einen Tunnel. Die eine misst 15 Kilometer, die andere zwölf Kilometer. Die eine kostet 194,5 Millionen Euro, die andere 274,1 Millionen Euro. Die Tunnel-Variante wird von den Prüfern empfohlen, denn sie ist drei Minuten kürzer und erfordert keinen zusätzlichen Fahrzeugumlauf. Dafür ist sie teurer. Sollte der Kreistag am 26. Juli mehrheitlich "Ja" sagen, würde er damit die Ausschreibung der Standardisierten Bewertung grundsätzlich gutheißen, bei der konkreten Trassenwahl aber noch auf die Bremse treten. Diese soll mit den Kommunen, dem Kreis und dem Land erst noch final fixiert werden.
Was ist mit der Bottwartalbahn?
Ein Fachbüro hat eine Machbarkeitsstudie vorgelegt, vier Varianten untersucht und festgestellt: Alle vier wären wirtschaftlich zu machen.
Was spricht für die ursprüngliche Trasse über Ilsfeld und Talheim?
Hier wurde der höchste Kosten-Nutzen-Faktor von 1,9 errechnet. Außerdem wäre hier der Teil der Reaktivierung am größten, während man bei anderen Trassen formal von einem Neubau spricht. Beim Neubau sind die Fördersätze höher, der Anteil der Gemeinden geringer. Bis zum Planfeststellungsverfahren ist es ein weiter Weg. Am 25. Juli werden die Ergebnisse in Neckarwestheim öffentlich vorgestellt. Danach geht die kommunalpolitsche Diskussion um die richtige Streckenführung erst richtig los.
Was ist mit der Zabergäubahn?
Auch ihr wurden Top-Werte bei der Wirtschaftlichkeit bescheinigt. Die Strecke zwischen Zaberfeld und Lauffen wäre also ökonomisch sinnvoll. Ob sie auch gebaut wird, hängt von der Zustimmung der Anrainergemeinden ab. Das Echo auf die Veröffentlichung der positiven Studienergebnisse war allerdings geteilt.
Und im Krebsbachtal?
Das Projekt ist am weitesten gediehen. Zwischen Hüffenhardt und Neckarbischofsheim liegen bereits Gleise. Hier fahren auch Züge im Ausflugsverkehr. Der Bad Rappenauer Gemeinderat hat dem Projekt im zweiten Anlauf zugestimmt. Geplant ist auch eine drei Kilometer lange Neubaustrecke, um den Ast ans Heilbronner Stadtbahnnetz anzuschließen. Die Erms-Neckar-Bahn AG (Enag) ist Eigentümerin der Strecke und treibt die Planungen mit den Kommunen voran.