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Plan für Hochregallager in Öhringen gescheitert

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Gut eineinhalb Jahre war der geplante Bau eines Hochregallagers am westlichen Stadteingang Öhringens ein heiß diskutiertes Thema. Nun nimmt das Unternehmen Schäfer + Peters Abstand von der umstrittenen Planung. Eine Chronologie.

Von Yvonne Tscherwischke
Seit eineinhalb Jahren erhitzt das geplante Hochregallager von Schäfer + Peters die Gemüter. Foto: Archiv/Mugele
Seit eineinhalb Jahren erhitzt das geplante Hochregallager von Schäfer + Peters die Gemüter. Foto: Archiv/Mugele  Foto: Rolf Mugele

Dezember 2017: In der letzten Sitzung vor Weihnachten fasst der Gemeinderat bei zwei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen mit großer Mehrheit den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan "Spital-Etzweide - 4. Änderung und Erweiterung". Durch die geplante Betriebserweiterung (von Schäfer + Peters) würden "neue wohnortnahe Arbeitsplätze innerhalb der Stadt geschaffen", hieß es in der Beschlussvorlage der Verwaltung. Allerdings lägen die bis zu 30 Meter hohen Neubauten "in einer siedlungsklimatisch bedeutenden lokalen Kaltluftzugbahn und einer örtlichen Kaltluftentstehungsfläche".

Januar 2018: Schnell regt sich Widerstand bei den Anwohnern. Sie fürchten starke Beeinträchtigungen des Kleinklimas im Wohngebiet entlang der Berliner Straße und den Seitenstraßen.

Februar 2018: Der Klimagutachter widerspricht den Zweifeln der Anwohner, insbesondere von Wolfgang Kammerer, an der Datengrundlage seiner Prognose. Die Anwohner kündigen an, eine mögliche Genehmigung des Bebauungsplan vor dem Verwaltungsgericht anfechten zu wollen. Zugleich reichen Bürger im Rathaus zahl- und umfangreiche Einwendungen gegen den Bebauungsplan ein.

Mai 2018: Die Verwaltung kündigt eine öffentliche Bürgerfragestunde und eine Sondersitzung des Gemeinderates an, in der die zweite Runde der Öffentlichkeitsbeteiligung eingeleitet werden soll.

Bei der Bürgerinformation zum geplanten Hochregallager war die Kultura im Juli 2018 bis in die letzte Reihe besetzt.
Foto: Archiv/Tscherwitschke
Bei der Bürgerinformation zum geplanten Hochregallager war die Kultura im Juli 2018 bis in die letzte Reihe besetzt. Foto: Archiv/Tscherwitschke  Foto: Tscherwitschke

Juli 2018: Bei der öffentlichen Bürgerfragestunde kommt erstmals in Öhringen ein Verfahrensmanager zum Einsatz, der die gegensätzlichen Positionen moderieren soll. Allerdings gehört er dem Fachbüro an, das im Auftrag der Stadt die Einwendungen gegen den Bebauungsplan bearbeitet. Dies stößt ebenso auf Kritik der Bürger wie ein zusätzliches Klimagutachten, das die Stadt mittlerweile in Auftrag gegeben hat. Auch die Gemeinderäte stellen kritische Fragen. Zwei Wochen später leitet das Gremium dennoch die zweite Runde des Planverfahrens ein, dieses Mal bei sieben Gegenstimmen und einer Enthaltung. Immerhin: Eine Zufahrt zum geplanten Parkhaus über die Berliner Straße lehnt die Stadt ab.

September 2018: Ende des Monats wird bekannt, dass sich das Bebauungsplanverfahren durch eine Panne im Bauamt verzögert. Ein Link im Internet führt zu veralteten Daten, die Anhörung der Öffentlichkeit muss wiederholt werden. Das Stadtbauamt geht davon aus, dass das Verfahren im Januar 2019 abgeschlossen werden kann.

Januar 2019: Es werde wohl März werden, bis alle Einwendungen gegen den Bebauungsplan abgearbeitet seien, informiert Oberbürgermeister Thilo Michler in öffentlicher Gemeinderatssitzung.

12. Juli 2019: Der Oberbürgermeister teilt mit, dass Schäfer + Peters das Projekt an diesem Standort nicht weiter verfolge. Das Unternehmen suche für seine Erweiterung einen neuen Standort.


Kluger Zug

Ein Kommentar von Yvonne Tscherwitschke

Eineinhalb Jahre lang hat das von Schäfer + Peters geplante Hochregallager die Gemüter erhitzt. Und das nicht nur, weil die Frischluftzufuhr in Gefahr schien. Auch optische Gründe und zu viel Verkehrsbelästigung für die Anwohner spielten eine Rolle. Die Diskussion wurde sehr emotional geführt. Das lag auch daran, dass die Gutachter unprofessionell auftraten, teils widersprüchliche Zahlen lieferten, alles andere als glaubwürdig wirkten.

Dass das Unternehmen nun Abstand nimmt von seiner umstrittenen Planung, ist ein kluger Zug. Die BI hat keinen Zweifel daran gelassen, zur Not auch den Klageweg zu beschreiten. Der Ausgang wäre unklar gewesen. Sicher aber wäre gewesen: Das Projekt hätte sich erneut massiv verzögert. Die Entscheidung nun wendet drohenden Schaden ab und schafft dem Unternehmen Planungssicherheit. Ein Neubau ohne infrastrukturelle Zwänge, der am Reißbrett nach Maßgabe betrieblicher Abläufe geplant werden kann, ist auch einfacher zu realisieren.

Ob der geplante Neubau nun in Öhringen oder auf gemeinsamen Flächen mit Zweiflingen, Pfedelbach und Bretzfeld entsteht, wird die Zukunft weisen. So unterschiedlich diese Kommunen sind, haben sie doch alle ein Problem: Sie brauchen Erweiterungsflächen für ihre Firmen. Und ihre Planungen müssen einem zu Recht gesteigerten ökologischen Bewusstsein genügen und kritischen Fragen der Bevölkerung standhalten.

 

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