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Landratsamt des Hohenlohekreises schränkt Wasserentnahme ein

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Die Entscheidung hat gravierende Folgen für Landwirte. Wie wirkt sich die Trockenheit auf Fluss-Lebewesen und den Kanu-Tourismus aus?

Staubige Böden und Kanus, die nicht auf die Flüsse dürfen: Das sind nur einige der Auswirkungen vom trockenen Sommer.
Staubige Böden und Kanus, die nicht auf die Flüsse dürfen: Das sind nur einige der Auswirkungen vom trockenen Sommer.  Foto: Tscherwitschke, Yvonne

Das Gewitter in der Nacht auf Donnerstag hat einige Regentonnen gefüllt. Doch Fakt ist: Davor hat es über Wochen keinen Tropfen geregnet. Die Pegelstände an Kocher und Jagst sinken. In den Seen wachsen die Algen. Die Kommunen mahnen die Gartenbesitzer, das Bewässern der Rasenflächen einzustellen. Denn die Städte und Gemeinden haben Sorge um die Sicherheit der Trinkwasserversorgung. Die Landwirte fürchteten schon einige Zeit, dass sie bald nicht mehr bewässern können, weil die Wasserentnahme vom Landratsamt per Allgemeinverfügung untersagt wird. Das ist seit Freitag im Hohenlohekreis der Fall.


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Eine Katastrophe für den Obstbau

"Das ist ein Desaster, vor allem für die Sonderkulturen und den Obstbau, aber auch für unsere Ernährungssouveränität", sagt Jürgen Maurer, Vorsitzender des Bauernverbands Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems. Er hatte schon Mitte der Woche davor gewarnt, die Wasserentnahme komplett zu untersagen. Dann würden die Früchte notreif. Das könne man bereits an Zwetschgenbäumen beobachten, die die Früchte abwerfen. Er appelliert, für die Zukunft intelligente Systeme zu entwickeln, um Oberflächenwasser in versiegelten Gebieten zu sammeln und für die Bewässerung zu nutzen.


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Statt die Bewässerung die kommenden Monate komplett zu untersagen, hofft er, dass es nur zu einer Einschränkung kommt. So hat das Landratsamt nun auch entschieden und die Entnahme auf die Hälfte der genehmigten Mengen reduziert. Das gilt bis 31. August.

 


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Reduzierte Pegelstände

Nicht nur die Landwirtschaft, die mit Pumpen Wasser von den Flüssen auf die Äcker bringt, trägt zur Reduzierung der Pegelstände bei. Auch Wasserkraftwerke sieht Markus Hannemann aus Dörzbach, Sprecher der Fischhegegemeinschaft Jagst kritisch. Durch das Anstauen des Wassers, sagt er, trocknen Kiesbeete aus, Kleinlebewesen und Muscheln sterben ab. Er sieht hier einen Konflikt zwischen Umwelt und Wirtschaft. Es gebe nur wenige Turbinenbetreiber, die auf die Stromeinspeisung verzichten und die Maschinen in den heißen Monaten ausstellen würden. Er hofft auf ein Umdenken.

Auch im Wald fehlt das Wasser: "Es deutet sich jetzt schon an, dass wir wieder größere Probleme mit Borkenkäfer-Befall bekommen", sagt Roland Hartz, Chef des Forstbezirks Tauberfranken der Forst BW. Beim Laubholz leide momentan besonders die Buche unter der Witterung. "Da sieht es ziemlich schlimm aus." Teilweise vertrockneten sogar schon ganze Kulturen von Neupflanzungen, mit denen eigentlich die Schäden aus vorigen Hitzesommern kompensiert werden sollten. Die Forstleute täten, was ihnen möglich ist. "Aber großflächiges Bewässern ist nicht leistbar", so Hartz. Zumal ja Entnahmeverbote aus Oberflächengewässern ausgesprochen worden seien. So stehe man Trockenheit und Hitze "ein wenig machtlos" gegenüber.

 


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Auswirkungen auf die Freizeit- und Tourismusbranche

Einfluss hat die Trockenheit auch auf die Freizeit- und Tourismusbranche. So dürfen etwa Kocher und Jagst mit Kanus nur befahren werden, wenn sie am Morgen einen Pegel von 40 Zentimeter oder mehr aufweisen. Sinnvoll, findet Daniel Heffner des gleichnamigen Outdoor-Veranstalters. "Wir wollen ja auch naturverträglich unterwegs sein." Doch immer öfter erreichen die Flüsse diesen Mindestpegel nicht. So war diese komplette Woche Kanufahren auf beiden Flüssen nicht möglich und auch der kurze Regenschauer in der Nacht auf Donnerstag hat hier keine Abhilfe geschaffen. "Die vergangenen Jahre war der Sommer nicht so heiß, da war das nicht so ein Problem", erklärt Heffner. "Aber das wird in den nächsten Jahren immer mehr ein Problem werden." Auch finanziell hat das Fahrverbot Einfluss. Die ausfallenden Kanutouren kann der Outdoorexperte nur zu 60 bis 70 Prozent ausgleichen.

"Alleine aufs Kanufahren kann man sich heutzutage nicht mehr verlassen", ist er sicher. Vor allem, weil viele seiner Kunden explizit an Kocher oder Jagst wollen, auch, wenn er Alternativen wie die Tauber im Angebot hat, die keinen Mindestpegel benötigt. "Wenn man unbedingt an einen speziellen Fluss möchte, muss man das früher im Jahr machen, nicht im Hochsommer", empfiehlt der Freizeitexperte. "Der Mensch muss einfach lernen, flexibler zu werden", so Heffner. "Es ist zwar nicht so naturnah wie hier, aber es gibt ja auch noch Neckar und Main als Alternative, wenn man kein Problem mit der großen Schifffahrt nebenan hat." Eines sei klar: "Wasser wird ein hohes Gut werden - auch am Fluss."

 


Bis 31. August gilt drastische Begrenzung

"Wir sind kurz davor, die Wasserentnahme aus öffentlichen Gewässern zu untersagen", hatte Landrat Matthias Neth in der jüngsten Kreistagssitzung erklärt. "Die Allgemeinverfügung ist in der Schublade, erste Kreise haben das bereits umgesetzt." Am Freitag wurde die Allgemeinverfügung nun aus der Schublade geholt. Bis 31. August schränkt sie die Entnahme von Wasser drastisch ein. Man müsse sich daran gewöhnen, dass dieses Verbot künftig womöglich noch öfter schon im Juli verhängt werden müsse. Sonst sei es - wenn überhaupt - erst im Spätsommer ein Thema gewesen. "Als ich hier im Juli 2013 Landrat wurde, war ein solcher Schritt noch etwas Außergewöhnliches." Jetzt wird er wohl zur Normalität. "Für die Landwirtschaft ist das natürlich eine Katastrophe, weil deren Arbeit dadurch noch schwerer wird." Der Landrat kann nur an alle Bürger appellieren: "Sparen Sie beim Wasser und bei der Energie, sonst wird es nicht so schön." 

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