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Konflikt um Flüchtlingsunterkunft in Pfedelbach entschärft

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Zwischen der Kreisverwaltung und der Pfedelbacher Bürgerinitiative läuft der Austausch konstruktiv, für die Nutzung eines ehemaligen Seniorenheims als Flüchtlingsunterkunft soll auch eine Resolution aus dem Gemeinderat Beachtung finden. Einige andere neue Einrichtungen sind im Hohenlohekreis ebenfalls in Sicht.

Das ehemalige Seniorenheim am Löwengraben in Pfedelbach steht seit Ende September 2022 leer. Nach Abschluss des Mietvertrags und Erteilung der Baugenehmigung wird das Objekt zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut.
Das ehemalige Seniorenheim am Löwengraben in Pfedelbach steht seit Ende September 2022 leer. Nach Abschluss des Mietvertrags und Erteilung der Baugenehmigung wird das Objekt zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut.  Foto: Stefanie Jani

Im Konflikt um die Nutzung des ehemaligen Seniorenheims in Pfedelbach als Flüchtlingsunterkunft stehen die Zeichen auf Entspannung, nachdem das von Gegnern beantragte Bürgerbegehren nicht rechtens ist. "Das Landratsamt hat die vom Gemeinderat am 30. März verabschiedete Resolution zur Kenntnis genommen und wird diese umsetzen", erklärt Sascha Sprenger, Sprecher des Landratsamts.

Die geforderten Punkte werden beherzigt

Das heißt: Die bei der letzten Bürgerinformation geforderten Punkte werden eingehalten. Dazu zählt die maximale Belegung mit 95 Personen, vorrangig mit Familien, Ehepaaren sowie Personen mit Handicap. Die Flüchtlinge sollen von mindestens einem Sozialarbeiter betreut werden, der von 8 bis 16 Uhr vor Ort ist, zusätzlich soll ein Sicherheitsdienst aufpassen.

Mit der Bürgerinitiative stehe man in regelmäßigem Kontakt. "Der Austausch gestaltet sich, anders als die Stimmung in der zweiten Bürgerinfoveranstaltung, freundlich und konstruktiv."

Belegung im Laufe des zweiten Quartals möglich

Der Kreis habe beim Bauamt der Stadt Öhringen die Nutzungsänderung beantragt. Nach Abschluss des Mietvertrags und Erteilung der Baugenehmigung werde das Objekt umgebaut. "Wenn alles klappt, könnte die Unterkunft im Laufe des zweiten Quartals belegt werden."

Eine umgebaute Gewerbehalle in der Schwabbacher Moosbachstraße wird im zweiten Quartal erstmals belegt.
Eine umgebaute Gewerbehalle in der Schwabbacher Moosbachstraße wird im zweiten Quartal erstmals belegt.  Foto: Tscherwitschke, Yvonne

Parallel dazu will der Kreis die bereits umgebaute Gewerbehalle in der Schwabbacher Moosbachstraße bald erstmals als weitere Sammelunterkunft nutzen. "Wir gehen davon aus, dass eine Belegung im Laufe des zweiten Quartals notwendig wird", so Sprenger. 73 Plätze stehen dort bereit.

Neuensteiner Sammelunterkunft wird erweitert

Außerdem soll die seit September 2017 betriebene Sammelunterkunft in der Neuensteiner Bahnhofstraße von 88 auf 136 Plätze erweitert werden. Das Bauprojekt ist zeitlich in Verzug und erst "im Planungsstadium", der mögliche Baubeginn steht noch nicht fest.

Noch im Planungsstadium ist die Erweiterung der bestehenden Unterkunft in Neuenstein um das direkt angrenzende Lager.
Noch im Planungsstadium ist die Erweiterung der bestehenden Unterkunft in Neuenstein um das direkt angrenzende Lager.  Foto: Reichert, Ralf

Klar ist, dass die 48 zusätzlichen Plätze in jenem Trakt des direkt angrenzenden früheren BAG-Areals entstehen, der aktuell noch als Lager für das Flüchtlingsheim genutzt wird.

Neue Containeranlage im Öhringer Westen geplant

Eine neue Containeranlage mit 48 Plätzen will das Landratsamt im Öhringer Westen errichten. Sie soll auf einer Fläche unweit des Kreisverkehrs an der Westallee im Gewerbegebiet "Im Sichert" entstehen. "Der Bauantrag wurde beim Bauamt der Stadt Öhringen eingereicht und das Vorhaben vom Regierungspräsidium Stuttgart genehmigt", teilt Sprenger mir.

Nächste Woche würden Einladungen an die Nachbarschaft "zu einer Informationsveranstaltung" verschickt. "Die Vorarbeiten seitens des Vermieters haben bereits begonnen." Wenn alles wie geplant läuft, "könnte die Containeranlage Ende des zweitens Quartals oder Anfang des dritten Quartals belegt werden", sagt Sprenger.

14 Einrichtungen mit 797 Plätzen stehen aktuell bereit

Der Landkreis betreibe aktuell 14 Einrichtungen mit 797 Plätzen im Rahmen der vorläufigen Unterbringung. Bis Jahresende sollen mit den neuen Objekten rund 950 Plätze bereitstehen. Der Bedarf beruhe auf einem geschätzten monatlichen Zugang von 35 Asylsuchenden sowie 20 Schutzsuchenden aus der Ukraine, so Sprenger.


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76 Prozent der Kapazitäten sind aktuell belegt

Wie angespannt ist die derzeitige Lage? "Bei 797 Plätzen und 606 Bewohnern ergibt sich eine aktuelle Auslastung von 76 Prozent." Bei 80 Prozent sei in der Regel eine "Vollbelegung" erreicht, da gewisse Leerstände durch notwendige Renovierungen oder spezielle Familienkonstellationen unvermeidbar seien. Teilweise mache man bereits von der Möglichkeit Gebrauch, die Wohn- und Schlaffläche von sieben auf 4,5 Quadratmeter pro Person zu reduzieren. So seien in den Containeranlagen in Kupferzell und Niedernhall in einem Zimmer in der Regel vier statt zwei Personen untergebracht. Allein deswegen sei es nötig, weitere Kapazitäten aufzubauen.

Bis Jahresende rechnet der Hohenlohekreis mit mehr als 800 Bewohnern, so dass 150 zusätzliche Plätze geschaffen werden sollen. Man sei bestrebt, stets "vor der Lage" zu sein. Ein vorrangiges Ziel sei, keine Turnhallen oder Gemeindehallen zu Behelfsunterkünften umfunktionieren zu müssen, erklärt Sprenger.

Landrat fordert realitätsbezogene Flüchtlingspolitik gemäß des kommunalen Zwölf-Punkte-Plans

Bund, Länder und Kommunen streiten weiter um die Unterbringung von Flüchtlingen. Zuletzt sorgte die Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser für Ärger, die Aufnahme nicht zu begrenzen. Auch ihre Mahnung, den Kommunen schon genügend finanzielle Mittel bereitgestellt zu haben, während diese auf mehr Geld dringen, kam dort gar nicht gut an. "Dies zeigt, dass die Herausforderungen, vor denen wir auf der kommunalen Ebene stehen, in Berlin nicht gesehen werden", klagt Matthias Neth, Landrat des Hohenlohekreises.

Die Situation sei "momentan sehr schwierig": bei der Unterbringung wie beim Personal. Er fordere eindringlich, eine Flüchtlingspolitik umzusetzen, die sich an dem Zwölf-Punkte-Plan der kommunalen Landesverbände orientiert. "Der Flüchtlingsgipfel am 10. Mai muss dafür sorgen, dass man in Berlin endlich die Realitäten der kommunalen Ebene erkennt", so Neth.

Kretschmann droht den Kommunen bei Leas

Auch der Ministerpräsident erhöht den Druck: Kommunen könnten notfalls zum Bau von Erstaufnahmeeinrichtungen gezwungen werden, die in die Zuständigkeit des Landes fallen (Lea), auf kommunaler Ebene aber abgelehnt werden - so wie zuletzt in Pforzheim oder Tamm geschehen. Sammelunterkünfte von Kreisen sind davon nicht betroffen - und eine Lea des Landes für Hohenlohe gar nicht geplant. Deshalb möchte Landrat Neth dies nicht bewerten. Auch in Heilbronn ist das kein Thema. Sowohl Landrat Heuser wie OB Mergel wollten dazu aber nicht gezwungen werden.


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In der Flüchtlingspolitik Druck zu machen, führt in die falsche Richtung


 
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