Die Fronten sind verhärtet im Streit um Asylunterkunft in Pfedelbach
Bei einem Info-Abend mit 600 Besuchern in der Pfedelbacher Nobelgusch brodelt die Stimmung. Viele Bürger zweifeln am neuen Belegungskonzept für die geplante Flüchtlingsunterkunft des Hohenlohekreises, die Landtagsabgeordnete wird ausgebuht.

Fast 600 Zuhörer sind am Mittwoch zum zweiten Infoabend über die umstrittene Asylunterkunft in die Pfedelbacher Nobelgusch gekommen. Die Stimmung brodelt, obwohl Landrat Matthias Neth kurz zuvor ein modifiziertes Belegungskonzept vorgelegt hatte. Statt vorwiegend junger Männer sollen hauptsächlich Menschen mit Handicap oder Familien und Ehepaare im ehemaligen Seniorenheim im Löwengarten unterkommen. Eine Garantie jedoch, und das wird an diesem Abend mehrfach betont, gibt es dafür nicht.
Genau deshalb findet der Kompromiss bei den Besuchern wenig Beachtung. Ihre Ängste und Sorgen bleiben. "Wir wollen gehört werden": Dieser Satz fällt an diesem Abend sehr oft.
Auf dem Podium stehen Bürgermeister Torsten Kunkel und Mike Weise, Dezernent für Umwelt und Ordnung im Landratsamt, Rede und Antwort. An dem freien Platz sollen die Bürgerinitiative oder andere Bürger zu Wort kommen. Erneut dabei ist Moderator Helmut Bauer, der es schafft, die Diskussion weitestgehend sachlich zu gestalten.
Was hat sich mit dem neuen Vorschlag verändert gegenüber dem letzten Konzept?
Weise stellt dies in einer Präsentation vor - und erntet dafür oft ironische Lacher. So sei das Landratsamt auf die Bedenken der Bürger eingegangen, dass es keine Abgrenzung zum betreuten Wohnen gebe. Nun wolle man einen Zaun im nördlichen Bereich bauen. Höhe: ein Meter. Wenn er höher werden soll, müsse man das baurechtlich ändern, so der Bürgermeister. Auf die Bürger zubewegt habe sich das Landratsamt auch beim Thema Sicherheit, so Weise. Ein Security-Dienst soll zwischen 18 und 6 Uhr vor Ort sein.
Ein Raunen geht durch den Saal, als Weise erklärt: Das Land habe zwar die Stellen für Sozialarbeiter aufgestockt, und der Kreis habe aktuell fünf Stellen ausgeschrieben, aber: Man finde keine Bewerber.
Fast zwei Stunden löchern die Bürger die Verantwortlichen mit Fragen
Wie realistisch ist die Belegung nur mit Familien und Menschen mit Handicap? Weise sagt, derzeit bekomme das Landratsamt mindestens einen Flüchtling mit Handicap pro Monat zugewiesen. Aus der Ukraine seien es zwischen fünf und zehn. Dann berichten Bürger am Mikro von ihren Erlebnissen mit Flüchtlingen. Der Ton wird deutlich rauer, die Atmosphäre ist aufgeheizt, manchmal droht die Eskalation. Fast kein Satz des Landratsamts bleibt unkommentiert.
Was sagt das Landratsamt zu dieser von den Bürgern ins Feld geführten Häufung von Vorkommnissen und Sicherheitsbedenken? "Ich habe gesagt, in den Unterkünften gibt es keine Probleme", erklärt Weise. Da wirkt der Dezernent zum ersten Mal etwas hilflos, sonst bleibt er gelassen.
Immer wieder wird das Beispiel des Wüstenroter Weilers Greuthof genannt. Dort wollte der Landkreis Heilbronn 70 Flüchtlinge einquartieren. Jetzt sind die Pläne ad acta gelegt. In Pfedelbach, so Bürgermeister Kunkel, seien alle Bauvorgaben erfüllt. Daher werde der Gemeinderat nicht gehört. Lediglich Öhringen als obere Baubehörde müsse prüfen, ob diese eingehalten würden. Einzig beim Baugenehmigungsverfahren müssten Anlieger noch angehört werden.

Dennoch vermisst eine Bürgerin das Engagement des Kommunalparlaments. Gemeinderat Michael Schenk wehrt sich. "Die rechtlichen Möglichkeiten gehen gegen Null, dennoch tun wir viel." Mit den Landtagsabgeordneten habe man einen Brief ans Justizministerium geschrieben.
Die Bürgerinitiative kommt erst sehr spät auf dem Podium zu Wort
Jörg Holdt kritisiert, dass die BI bei der Lösungsfindung nicht angehört worden sei und man keine Zeit gehabt habe, sich auf die neue Situation vorzubereiten. Das wolle man nun ruhig und besonnen tun, ohne politisch in eine Schublade gesteckt zu werden. Nach zwei Stunden verlassen die ersten Besucher die Nobelgusch.
"Was ist mit der Containerlösung am Ortsrand?", will AfD-Landtagsabgeordneter Anton Baron wissen. Seine Kollegin Catherine Kern von den Grünen versucht, das Ruder herumzureißen und die Menschen einzuladen, bei der Integration zu helfen. Schnell wird sie ausgebuht, noch mehr Menschen verlassen den Saal.
Nach zweieinhalb Stunden sind die Meinungen gespalten
"Ich weiß auch nicht, was ich von der Veranstaltung halten soll, Lösung gab es keine", klagt ein Bürger. Am Donnerstagvormittag meldet sich der AfD-Kreisverband zu Wort, kritisiert das geänderte Belegungskonzept des Kreises als "Beruhigungspille" und fordert den Gemeinderat von Pfedelbach, "den Weg zum Bürgerentscheid freizumachen um dem Bürgerwillen Rechnung zu tragen".