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Unmut im Jagsttal: Glasfaser-Ausbau durch Deutsche Giganetz ruht

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In Schöntal, Krautheim und Dörzbach wurden die Glasfaser-Pläne durch die Deutsche Giganetz auf Eis gelegt – obwohl die Kommunen ursprünglich einmal in der ersten Ausbau-Stufe zum Zuge kommen sollten. Warum musste der Hamburger Konzern die Reihenfolge verändern?

von Christian Nick und Katrin Draskovits
Das Lichtgeschwindigkeits-Internet kommt mancherorts keineswegs mit Lichtgeschwindigkeit: In Schöntal und weiteren Kommunen wächst der Frust. Foto: Archiv/dpa
Das Lichtgeschwindigkeits-Internet kommt mancherorts keineswegs mit Lichtgeschwindigkeit: In Schöntal und weiteren Kommunen wächst der Frust. Foto: Archiv/dpa  Foto: Jan Woitas

Eine Studie des Branchenverbands Breko hat es unlängst erwiesen: Beim Glasfaser-Ausbau liegt Baden-Württemberg bundesweit an vorletzter Stelle. Auch in der Region kommt die Schaffung des modernen Lichtgeschwindigkeits-Internets in einigen Kommunen nicht so voran, wie es dereinst von der Deutschen Giganetz (DGN)in Aussicht gestellt worden war.

"Mit bis zu 50 Prozent gestiegenen Baukosten seit 2021 sowie der Verknappung qualifizierter Bauunternehmen in Kombination mit den gestiegenen Finanzierungszinsen können ursprünglich geplante Rentabilitäten oft nicht gehalten werden", sagt DGN-Sprecherin Simone Gerrits. Erheblichen Unmut gibt es gegenwärtig im Jagsttal, wo der Ausbau mittlerweile auf Eis gelegt wurde, weil es der Deutschen Giganetz nicht gelungen ist, sich mit Konkurrent Netcom über die Nutzung der dort vorhandenen Backbone-Leitung zu einigen.

Frust über Giganetz im Jagsttal: Glasfaser-Ausbau auf Eis gelegt

Dies teilte Schöntals Bürgermeister den Gemeinderäten bei ihrer jüngsten Sitzung mit: "Es ist so, dass in vielen Kommunen der Ausbau beginnt", so Joachim Scholz. "Sie dürfen dreimal raten, wo nicht? Im Jagsttal – und zwar im kompletten." Die DGN-Sprecherin sagt dazu auf Nachfrage: "Wir sind uns bewusst, dass die Bevölkerung in diesen Gemeinden auf eine verbesserte Glasfaserversorgung wartet, und arbeiten intensiv daran, den Ausbau auch im Jagsttal zu starten". Ob das jedoch überhaupt klappen wird – und wann? Dies bleibt offen.

Umso erstaunlicher, da das Jagsttal eigentlich, wie es vor zwei Jahren kommuniziert worden war, gleich in der ersten Ausbau-Stufe an die Reihe kommen sollte. Und Schöntal - neben Neuenstein, wo längst gebaut wird - eine der ersten Kommunen im Hohenlohekreis gewesen war, die in der Vorvermarktung die Beteiligungsquote erreicht hatten.

Änderung der Reihenfolge beim Glasfaser-Ausbau: In Öhringen haben Arbeiten begonnen

In Öhringen - eigentlich einst in Ausbau-Stufe zwei klassifiziert - wurde dieser Tage bereits mit den Arbeiten gestartet. Die Gründe für jene Änderung der geplanten Reihenfolge sind in der erschwerten Finanzierung und bei technischen Gegebenheiten zu suchen: Einerseits, so die Konzern-Sprecherin, müsse angesichts der Kostenexplosion eine "noch sorgfältigere Ausbauplanung und -reihenfolge" stattfinden. Andererseits, wie Andreas Schumm, Chef der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken, erklärt, habe man die Ausbau-Schritte zunächst am Nutzer-Bedarf ausgerichtet gehabt.


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Nun zeige sich aber, dass - wie beispielsweise bei Schöntal, Krautheim und Dörzbach - die vorhandene technische Infrastruktur die sinnvolle Reihenfolge bestimmt: "Wenn Giganetz jetzt im Jagsttal die Erschließung machen würde, aber das Backbone dort nicht nutzbar ist, müssten die Kunden trotzdem noch lange warten", wirbt er um Verständnis für die vom Konzern getroffene Entscheidung.

Bürger im Jagsttal fragen sich: Kündigen oder geduldig sein?

Was bedeutet der verschobene Ausbau nun für die Bürger, die einen Vertrag unterschrieben haben? Diese Frage stellte auch das Schöntaler Ratsmitglied Bernt Haidt: "Soll man kündigen, um ein Zeichen zu setzen, oder das lieber lassen?" Die Antwort von Giganetz gegenüber unserer Redaktion: "Gemäß gesetzlicher Bestimmungen haben Kundinnen und Kunden das Recht, von ihrem Vertrag zurückzutreten, wenn die Deutsche Giganetz nicht innerhalb von 24 Monaten nach Vertragsabschluss mit dem Ausbau ihres Anschlusses begonnen hat", so Sprecherin Gerrits. "Wir möchten jedoch ausdrücklich betonen, dass wir einen solchen aktiven Rücktritt nicht empfehlen, da dies auch unsere Verpflichtungen und Zusagen beenden würde."

Die Giganetz-Repräsentantin konzediert, dass womöglich falsche Erwartungen bei den dortigen Bürgern geweckt wurden: "In der Tat müssen wir rückblickend feststellen, dass die Deutsche Giganetz mit der Vermarktung im Jagsttal möglicherweise besser bis 2023 gewartet hätte." Die Konsequenzen indes könnten für Schöntal teuer werden.

Denn hier wird mittlerweile nun wieder überlegt, Glasfaser auf eigene Kosten auszubauen. "Wir haben zum Glück bereits zuvor einen Zuschussantrag gestellt", berichtet Bürgermeister Scholz. Die zehn Prozent Anteil, welche die Gemeinde jedoch dann bezahlen müsste, belaufen sich auf 1,7 Millionen Euro. Die Gelder wurden bereits in den nächsten Haushalt eingestellt.

Wirtschaftsregion kritisiert die Kommunikation des Konzerns

Andreas Schumm übt unterdessen deutliche Kritik am Kooperationspartner: "Ich würde mir eine andere und bessere Form der Kommunikation wünschen." Es gelte, die "Herausforderungen immer wieder auch vor Ort zu erklären". In die Finanzierung des Konzerns habe er wenig Einblick, sagt Schumm. Nach Stimme-Informationen soll sich der kanadische Investor Sunlife mittlerweile "sehr zurückhaltend" zeigen, was die Kompensation der gestiegenen Ausbaukosten betrifft.

Weil die Schaffung der Infrastruktur im ländlichen Raum aufwendiger und daher teurer ist, wächst dort mancherorts mittlerweile die Angst, vom rollenden Glasfaser-Zug abgehängt zu werden. Die Giganetz-Vertreterin beruhigt: "In solchen Situationen sind Mittel und Wege zu finden, um diese Projekte weiter zu optimieren und wieder in den Rentabilitäts-Korridor zu bringen." Das versuche man unter anderem durch den Einsatz "neuer, innovativer Bauverfahren", engen Austausch mit den Kommunen sowie durch "Einbindung vorhandener Infrastrukturen und zukünftiger Mitverlegungs-Möglichkeiten".

 

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