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Beim Glasfaser-Ausbau ist Baden-Württemberg Vorletzter

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Immer mehr Haushalte und Unternehmen werden mit schnellem Internet über Glasfaser versorgt. Deshalb ist der Branchenverband Breko in seiner Jahresbilanz zufrieden. Nur Baden-Württemberg liegt abgeschlagen auf dem vorletzten Platz. Woran das liegt.

Eigentlich hat der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) in seiner Jahresbilanz durchweg gute Neuigkeiten zu vermelden. Zwar habe Deutschland spät angefangen, Glasfaserkabel für schnelles Internet zu verlegen, räumt Verbandspräsident Norbert Westfal ein. "Inzwischen haben wir aber ein extrem hohes Ausbautempo."

Überall im Land graben die Netzbetreiber Straßen auf und schließen Häuser an. 13 Milliarden Euro seien alleine in den vergangenen zwölf Monaten investiert worden, 1,6 Milliarden Euro mehr als noch im Vorjahr. "Das zeigt: Es gibt ein klares Bekenntnis zum flächendeckenden Glasfaserausbau in Deutschland."

Gut jeder Dritte hat Zugang zu Glasfaser-Internet

Derzeit können 35 Prozent der Wohnungen, Unternehmen und Behörden einen Glasfaseranschluss buchen, was rund 17,3 Millionen Anschlüssen entspricht. Zum Stichtag Ende Juni 2022 im Vorjahr waren es erst 26 Prozent. Wenn es so weitergeht, rechnet Westfal fest damit, dass das Etappenziel der Bundesregierung erreicht wird. Sie will bis 2025 die Hälfte aller Haushalte und Unternehmen mit Glasfaser versorgt haben. "Wir prognostizieren eine Quote von 46 bis 60 Prozent."


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Im Bundesländervergleich zeigen sich deutliche Unterschiede. An der Spitze steht Schleswig-Holstein: Dort können rund 80 Prozent aller Haushalte und Unternehmen mit Glasfaser versorgt werden, in Hamburg sind es drei Viertel und in Brandenburg noch die Hälfte. Besonders Hessen hat aufgeholt und seine Glasfaserquote innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt, von 20 auf aktuell 46 Prozent.

Baden-Württemberg geht einen Sonderweg, der laut Experten nicht funktioniert

Weit abgeschlagen ist jedoch Baden-Württemberg und belegt mit 23 Prozent Glasfaserverfügbarkeit den vorletzten Platz, knapp vor Berlin. Laut den Experten liegt das am baden-württembergischen Sonderweg, dem sogenannten Betreibermodell. Dabei werden Teile des Netzes gebaut, erst anschließend kommt der Betreiber zum Zug.

"Das hat klar erkennbar nicht gut funktioniert", kritisiert Breko-Geschäftsführer Stephan Albers. Die Netzbetreiber seien besser darin, das Netz zu bauen und zu betreiben, das zeige die Erfahrung. "Ich bin immer wieder erschrocken über die Werte in Baden-Württemberg." Angesichts der hohen Industrialisierung im Land sei der langsame Ausbau inakzeptabel.

Datenvolumen der Deutschen steigt seit Jahren - und soll sich verdoppeln

Wie dringend nötig der Glasfaserausbau ist, weiß Studienautor Jens Böcker. Die Datenmenge, die jeder Haushalt im Jahr verbraucht, steigt seit Jahren. Waren es 2020 im Schnitt noch 186 Gigabyte, sind es inzwischen 305 Gigabyte. Schon 2025 gehen die Experten davon aus, dass sich das Datenvolumen noch mal mehr als verdoppeln wird, auf 717 Gigabyte. Für die Entwicklung sind laut Böcker Streaming, Gaming, Cloud-Speicher und KI-Anwendungen verantwortlich.

Schnelles Internet kommt aber auch gut in der Bevölkerung an, erklärt Albers. Langsame Anschlüsse unter 10 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) sterben zusehens aus, auch Anschlüsse zwischen 30 und 100 Mbit/s werden Jahr für Jahr weniger. Die Zahl der Anschlüsse mit 100 Mbit/s und mehr steigt dagegen und macht inzwischen die Hälfte aller Glasfaseranschlüsse aus. Zwei Millionen Haushalte und Unternehmen haben zudem einen superschnellen Gigabit-Anschluss. "Besonders im Geschäftskundenbereich etabliert sich das."

Der Glasfaser-Ausbau ist zudem für schnellen 5G-Mobilfunk wichtig. Dafür werden Mobilfunkmasten ans Glasfasernetz angeschlossen. Laut Albers ist das bereits bei 26 000 Masten passiert, 96 000 fehlen noch.

Bundesregierung soll gegen Doppelausbau vorgehen - bisher wird er überwacht

Damit der Ausbau auf Kurs bleibt und die Ziele erreicht werden, müsse die Politik weiter an den Rahmenbedingungen feilen, fordert Westfal: "Es gibt die Möglichkeit, die Genehmigungsverfahren digital zu durchlaufen." Allerdings funktioniere das nicht in allen Bundesländern und Kommunen.

Zudem fordert der Verband, dass die Bundesregierung gegen den sogenannten Doppelausbau vorgeht. Dabei verlegt ein Unternehmen Glasfaser, wo eigentlich schon ein Kabel liegt oder geplant ist, um die Kunden anderer Firmen abzuwerben. Die Folge: Gebiete sind überversorgt, während andere Regionen leer ausgehen.

Besonders ärgert den Breko-Verband, dass ein Doppelausbau mancherorts angekündigt wird, dann aber auf sich warten lässt, weshalb sich das ursprünglich für den Bau vorgesehene Unternehmen zurückzieht. "Da muss eingeschritten werden", fordert Albers. Kürzlich hat das Digitalministerium eine Stelle geschaffen, die den Doppelausbau überwacht. Breko schwebt das Gegenteil vor: Leitungen sollen von allen Betreibern genutzt werden können.

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