Lähmt ein Streit der Anbieter den Glasfaser-Ausbau?
Beim schnellen Internet im Jagsttal stockt es. Die Deutsche Giganetz gibt Probleme in der Baubranche als Grund an - doch offenbar gibt es noch weitere Unstimmigkeiten.

Es ist die Nachfrage von Andreas Schmitt aus Hohebach, die zu Beginn der Dörzbacher Gemeinderatssitzung aufhorchen lässt. Von einem Streit zwischen den Telekommunikationsanbietern Deutsche Giganetz (DGN) und Netcom ist die Rede. Wie hier der Stand der Dinge sei und wann es denn nun endlich zum versprochenen Glasfaserausbau komme, will Schmitt wissen. Denn der Baustart im Jagsttal war von der DGN für das erste Halbjahr 2023 angekündigt.
Bürgermeister Andy Kümmerle bestätigt, dass es Unstimmigkeiten zwischen den beiden Unternehmen gebe, näher geht er in der Sitzung aber nicht darauf ein. Optimistisch klingen seine Ausführungen jedoch nicht: "Momentan ist alles im Argen", sagt er. Die Hoffnungen, die man in den Kooperationsvertrag mit der Deutschen Giganetz gesetzt habe, einen Lückenschluss im Breitbandausbau zu erzielen, könnten enttäuscht werden. Seinen Informationen nach stünden sogar bereits begonnene Baumaßnahmen infrage, weshalb er nicht sicher sei, ob die DGN ihre Versprechen einhalten werde.
Selbst dem Bürgermeister ist noch nicht klar, was das bedeutet
Was bedeutet das nun? Kommt der Glasfaserausbau in Dörzbach nicht? Das kann Andy Kümmerle auf Nachfrage der HZ weder bejahen noch verneinen. "Wir sind ja Teil des Zweckverbands Breitbandversorgung Mittleres Jagsttal", erklärt Kümmerle. Gemeinsam mit Ingelfingen, Mulfingen, Schöntal und Krautheim. Innerhalb des Verbands habe man die kommunal gebaute Infrastruktur ausgeschrieben. Das ist vorwiegend das sogenannte FTTC, also Glasfaser bis zum Verteilerkasten, sowie vor allem in Neubaugebieten auch FTTB, Glasfaser bis zum Gebäude. Darauf habe sich lediglich die Netcom als Betreiber beworben, so Kümmerle. "Was wir jetzt von der Giganetz brauchen, ist der innerörtliche Ausbau von FTTB. "Das ist eigentlich attraktiv", so Kümmerle, weil es da um viele Anschlüsse auf wenig Strecke gehe, was wirtschaftlich günstiger für das Unternehmen ist. "Wir haben ja auch fast überall bereits Leerrohre verlegt", sagt Kümmerle. Etwa 80 Prozent der Gemeinde seien so bereits bestens vorbereitet auf die Glasfaser.
Und woran klemmt es nun? Am geheimnisvollen Streit der Unternehmen? Der Bürgermeister zuckt mit den Schultern. Vorstellbar sei Folgendes: "Es gibt eine Hauptleitung für die Internetversorgung des Jagsttals. Die kommt über Hollenbach." Diese sogenannte Backbone-Leitung betreibe die Netcom. An die müsse aber die Giganetz andocken, um den Glasfaserausbau in den Kommunen umzusetzen. Wenn das die Netcom nicht erlaube, müsste die DGN eine eigene Leitung bauen. Das werde eher nicht passieren.
Von einem Streit will Netcom nichts wissen
Bei der Netcom zeigt sich Pressesprecher Hannes Müller überrascht: "Anfang des Jahres hat es ein Treffen mit den Bürgermeistern des Zweckverbands, uns und der Deutschen Giganetz gegeben." Da habe man zugesichert, die Giganetz gegebenenfalls zu unterstützen. Von einem Konflikt oder einer Anfrage der DGN um Unterstützung wisse man bei der Netcom nichts.
Was eine mögliche Kontaktaufnahme durch die DGN angehe, könne es aber sein, dass diese beim zuständigen Kollegen vorliege, der aktuell im Urlaub sei. Die Deutsche Giganetz wiederum teilt schriftlich mit, man stimme "sich derzeit zu der Nutzung der Backbone-Infrastruktur mit dem Zweckverband Breitbandversorgung Mittleres Jagsttal ab". Zur Verzögerung des Baustarts und Problemen bei bereits begonnenen Maßnahmen, die Kümmerle andeutete, heißt es in der Stellungnahme: "Im südlichen Hohenlohe, wie in den Gemeinden Neuenstein und Bretzfeld, sind wir bereits im Ausbau oder kurz davor." Die nächsten Baustellen seien in Kupferzell und Künzelsau, so dass sukzessive der gesamte Landkreis in den Bau gehe.
Massiv gestiegene Tiefbau-Kosten bereiten Probleme
"Es ist allerdings richtig, dass sich die wirtschaftliche Situation durch massiv gestiegene Kosten im Tiefbau nicht nur für Glasfaser ausbauende Unternehmen verändert hat. Das führt dazu, dass ein privatwirtschaftlicher Ausbau heute in einigen abgelegeneren Teilbereichen eine größere Herausforderung darstellt, als es noch vor ein bis zwei Jahren der Fall war." Das Unternehmen verweist auf "Verhandlungen mit unseren Tiefbauern". Man arbeite an der Optimierung der Planung und Ausbauphasen, "damit ein Ausbaustart im nördlichen Hohenlohe - konkret in den Gemeinden im Jagst- und Kochertal - noch 2023 beginnen kann."
So ist die Situation in Künzelsau
Das Thema Glasfaserausbau stand vergangene Woche auch auf der Tagesordnung des Künzelsauer Gemeinderats. Die Stadt erhält Bundesfördermittel in Höhe von 50 Prozent der Gesamtkosten. Dabei handelt es sich um das sogenannte "Weiße Flecken"-Programm sowie um das "Graue Flecken"-Programm, die unterversorgte Bereiche ans schnelle Netz bringen sollen. Das Land gewährt zusätzlich einen Zuschuss von 40 Prozent der Gesamtkosten.
Damit liegt der Eigenanteil der Stadt bei zehn Prozent. Versorgt werden bei der Maßnahme: Rodachshof, Siegelhof, Büttelbronn, Wolfsölden, Ohrenbach, Rappoldsweilerhof, Falkenhof, Bienenhof, Mäusdorf, Etzlinsweiler, Unterhof, Weckhof, Seeleswald, Garnberg, Gaisbach Ost, Oberhof, Morsbach, Amrichshausen, Berndshausen, Kügelhof, Kocherstetten Süd, Schloß Stetten, Nitzenhausen, Haag. Bei sämtlichen Maßnahmen werde geprüft, ob Synergien genutzt werden können mit ohnehin erforderlichen Baumaßnahmen, teilt die Stadt mit. Insgesamt fließen Fördermittel in Höhe von rund 13 Millionen Euro.
Auswirkungen auf Deutsche Giganetz Ausbau
Wie sich das nun auf den Ausbau durch die Deutsche Giganetz auswirke, wollten die Räte wissen. Bürgermeister Stefan Neumann erklärte dazu: "Alles, was wir gefördert kriegen, bauen wir aus. Den Rest macht die Giganetz." Die Deutsche Giganetz erklärt auf Nachfrage der HZ: "Wir sind in Abstimmung mit der Stadt, so dass sichergestellt wird, dass keine zwei Glasfaseranschlüsse in ein Haus gelegt werden. Die betroffenen Kunden werden selbstverständlich in Kenntnis gesetzt. In Künzelsau haben wir in allen Stadtteilen eine ausreichend hohe Vermarktungsquote erreicht, so dass auch in den verbleibenden Ausbaugebieten deutlich mehr als 35 Prozent der Haushalte einen Vertrag abgeschlossen haben und der Ausbau im Herbst 2023 beginnen wird." Man halte alle Kunden über potenzielle Veränderungen auf dem Laufenden und informiere, sofern unerwartet kein Ausbau stattfinden könne. In den meisten Fällen handele es sich aber ausschließlich um Verzögerungen.