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Raserprozess
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Todesfahrt in Heilbronn: Frau des verstorbenen Mannes sagt vor Gericht aus

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Im Prozess um den tödlichen Raser-Unfall in der Heilbronner Wollhausstraße stehen am dritten Verhandlungstag drei Zeuginnen im Mittelpunkt: Eine Passantin, die kurz vor dem Unfall beinahe überfahren worden sein soll, die Frau des verstorbenen Mannes und die Freundin des Angeklagten, die auf dem Beifahrersitz saß.

Die Unfallstelle in der Heilbronner Wollhausstraße: Der Angeklagte soll mit beinahe 100 km/h – bei erlaubten 40 Stundenkilometern – einen tödlichen Unfall verursacht haben, so der Vorwurf.
Die Unfallstelle in der Heilbronner Wollhausstraße: Der Angeklagte soll mit beinahe 100 km/h – bei erlaubten 40 Stundenkilometern – einen tödlichen Unfall verursacht haben, so der Vorwurf.  Foto: HSt-Archiv (groß) / Christiana Kunz (klein)

Es ist ein über neun Stunden langer und emotionaler dritter Prozesstag rund um den Raser in der Wollhausstraße in Heilbronn. Es fließen Tränen bei Zeugen und Angehörigen des Verstorbenen. Im Februar dieses Jahres ereignete sich der Verkehrsunfall, bei dem ein 42-jähriger Familienvater ums Leben kam. Die Frau des Verstorbenen und die Kinder überlebten schwer verletzt. Ermittelt wird gegen den 21-jährigen Angeklagten unter anderem wegen Mordes. Die Tragödie machte bundesweit Schlagzeilen. 

Mehrere Zeugen haben am dritten Verhandlungstag ausgesagt. Holprig wurde es, als sich die Freundin des Angeklagten äußerte, die beim Unfall als Beifahrerin mit im Auto saß. Ihre Antworten fielen meist kurz und knapp aus und stinken laut Richter Alexander Lobmüller "bis zum Himmel". Der Richter drohte der 19-Jährigen zwischenzeitlich Erzwingungshaft an. Alles müsse man ihr aus der Nase ziehen. Zur Fahrt wollte sich die 19-Jährige nicht äußern. Sonst könne eventuell gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, so ihr Anwalt.

 


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Welche Erinnerungen die Frau des verstorbenen Mannes an den Unfall hat

Auch die Frau des verstorbenen Mannes sagte aus. Sie tritt in dem Prozess als eine von insgesamt neun Nebenklägern auf. An den Unfall an sich hat die 42-Jährige keine Erinnerungen, wie sie sagte. Erst im Krankenhaus sei sie wieder aufgewacht. Es sei ein ruhiger Sonntag gewesen, als sich die Familie dazu entschied, einen Ausflug zu Verwandten zu machen.

Auf Höhe einer Ausfahrt in der Wollhausstraße habe ihr Mann rausfahren wollen und kurz angehalten, "die Straße war leer bis auf ein Auto". Dieses habe ihr signalisiert, dass sie rausfahren könnten. "Wir sind langsam losgerollt. Dann bin ich hochgeschreckt, weil auf einmal ein Auto auftauchte. Das ist das Letzte, woran ich mich erinnere".

 


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Frau und Kinder leiden nach dem Unfall noch immer an den Folgen

Seit März ist die Witwe zur Trauerbewältigung in Therapie. Den Verlust ihres Mannes könne sie nicht verarbeiten. 24 Jahre sei sie mit ihm zusammen gewesen. "Von heute auf morgen ist man allein. Man fragt sich, wie es weitergeht." Auch Beschwerden von ihren Verletzungen habe sie noch. "Ich sehe teilweise doppelt und kann sehr schlecht lesen, es verschwimmt alles." Auch ihre linke Gesichtshälfte sei taub, vermutlich wegen verletzter Nerven.

Seit dem Unfall sei sie krankgeschrieben. Auch umgezogen sei sie mit ihrer Familie mittlerweile, weil ihre Wohnung direkt am Unfallort lag. Auch ihre zwei Kinder könnten den Verlust nicht wirklich verarbeiten. Ab und an würden die Kinder streiten, dass "Papa noch nach Hause komme". Der Sohn schlafe schlecht, schrecke nachts oft auf und frage sie, ob sie auch tot sei. "Es dreht sich alles um diesen Tag des Unfalls und den Verlust."

 


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Augenzeugin berichtet: "Ich dachte, eine Bombe wäre explodiert"

Auch die 29-jährige Passantin, die vor dem tödlichen Unfall in der Wollhausstraße von dem Angeklagten beinahe überfahren worden sein soll, sagte am Mittwoch aus. "Ich habe ein weißes Fahrzeug kommen sehen, es war ziemlich schnell." Statt langsamer sei das Auto schneller geworden. Auf der Mitte des Zebrastreifens sei sie dann rübergerannt. "Ich glaube, er hat mich gar nicht wahrgenommen." Kurze Zeit später habe es dann schon geknallt. "Es war so laut, ich dachte, eine Bombe wäre explodiert." Den Zebrastreifen bezeichnet die junge Frau als "verflucht". Dort sei es bereits öfters zu brenzligen Situationen gekommen. 

Auch eine Mutter und Tochter sagten jeweils aus, sie waren als Ersthelfer vor Ort. Sie saßen in dem besagten Auto, von dem die Witwe sprach. Den Mercedes habe sie nicht vorgelassen, weil sie den BMW ankommen sah, der "viel zu schnell unterwegs" war, sagte sie im Gegensatz zu der Witwe aus. Außerdem hätten Mutter und Tochter die Passantin gesehen, die fast überfahren worden sein soll. Der BMW sei "mit einem großen Bogen" um sie gefahren, so die Tochter, die seit dem Unfall nicht mehr raus darf und abends von der Arbeit abgeholt werde. Den Angeklagten kenne sie "vom Sehen her". Angst vor Einschüchterungsversuchen sei da, so die Mutter.

 


Verurteilung von Rasern als Mörder: Es bedarf eine Einzelfall-Prüfung

Raser können als Mörder verurteilt werden. Als Meilenstein gilt die Verurteilung eines damals 27-Jährigen, der sich im Februar 2016 auf dem Berliner Kurfürstendamm ein Rennen mit einem anderen jungen Mann lieferte. Er wurde als erster Raser in Deutschland wegen Mordes rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt.

Anders sieht es in einem Fall in Stuttgart vor drei Jahren aus: Ein 20-Jähriger fuhr zwei Menschen tot. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Anwälte der Eltern der Opfer hatten eine Verurteilung wegen Mordes gefordert. Doch dazu kam es nicht. Er wurde zu fünf Jahren Jugendstrafe verurteilt. Es bedarf also immer einer Prüfung des Einzelfalls. Geklärt werden muss, ob fahrlässig oder mit Vorsatz gehandelt wurde.

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