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Raser-Prozess in Heilbronn: Richter droht Zeugen erneut mit Erzwingungshaft

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Der Cousin des Angeklagten gibt an, ihn kaum zu kennen. Er ist auch wegen Straßenverkehrsgefährdung verurteilt. Inzwischen scheint der Führerschein des Wollhausstraßen-Rasers aufgetaucht.

Am 12. Februar soll der Angeklagte mit seinem weißen BMW mit rund 100 Stundenkilometern in den schwarzen Mercedes gekracht sein. Dessen Fahrer starb sofort. Seine Frau und die beiden Kinder wurden verletzt.
Am 12. Februar soll der Angeklagte mit seinem weißen BMW mit rund 100 Stundenkilometern in den schwarzen Mercedes gekracht sein. Dessen Fahrer starb sofort. Seine Frau und die beiden Kinder wurden verletzt.  Foto: HSt-Archiv (groß) / Christiana Kunz (klein)

Zum zweiten Mal im Laufe des sogenannten Raser-Prozesses vor der zweiten Großen Jugendstrafkammer des Heilbronner Landgerichts hat Richter Alexander Lobmüller am Dienstagnachmittag (24.10.23) einem Zeugen mit Erzwingungshaft gedroht. Bereits am zweiten Verhandlungstag hatte der Richter die Freundin des Beschuldigten ermahnt, die beim tödlichen Unfall am 12. Februar 2023 dessen Beifahrerin war. Am Dienstag sorgte der Cousin des Angeklagten im Zeugenstand dafür, dass Alexander Lobmüller der Geduldsfaden riss.

 


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Cousin gibt an, den Angeklagten kaum zu kennen

Eigentlich kenne er seinen Cousin gar nicht. Er sehe ihn kaum und wisse nicht, welche Interessen er habe. Dass sie sich von seinen Interessen unterschieden, wusste er dagegen schon. Auch wo der Beschuldigte seine Ausbildung macht, könne er gar nicht sagen. Nur soviel: "Er ist ein guter Junge. Einer, auf den man sich verlassen kann." Er sei hilfsbereit. "Und ich weiß, dass er anständig fährt", sagte der Cousin des Beschuldigten. Letzteres könne er mit Sicherheit sagen, weil er schon einmal bei einer Hochzeit mit ihm mitgefahren sei. Alles andere habe er von Dritten gehört.

 


Blickkontakt mit den Anwälten

Wer diese Dritten sein sollen, sagte er erst nach Blickkontakt mit den beiden Anwälten des Beschuldigten. Wie sich im Laufe der Verhandlung herausstellte, ist einer von beiden auch sein eigener Anwalt. Stefan Lay vertritt auch den Cousin des Angeklagten. Er hat derzeit ein Berufungsverfahren laufen. Das Amtsgericht Heilbronn hat ihn wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldbuße verurteilt. Im Dezember 2021 soll der Cousin in einen Unfall in Heilbronn verwickelt gewesen sein, bei dem er statt der erlaubten 30 Stundenkilometer mit 70 Kilometer pro Stunde gefahren sein soll. Im September vergangenen Jahres hat die Polizei seinen Führerschein eingezogen. Sein Fahrzeug – einen getunten Mercedes – habe er verkauft.

 


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Führerschein des Angeklagten ist offenbar aufgetaucht

Lay, der zusammen mit Anke Stiefel-Bechdolf den mutmaßlichen Wollhausstraßen-Raser vertritt, diskutierte in einer lautstarken Auseinandersetzung mit dem zwischenzeitlich sichtlich aufgebrachten Richter, warum der Zeuge zunächst keine weiteren Namen im Prozess preisgeben wollte. "Wir wissen doch, dass in diesem Prozess jeder heranzogen wird, dessen Name hier fällt. Ob er etwas mit der Sache zu tun hat oder nicht."

Verteidigerin Anke Stiefel-Bechdolf will Quelle nicht preisgeben

Inzwischen scheint geklärt zu sein, wo sich der Führerschein des Angeklagten befindet. "Er ist auf dem Weg zu mir", sagte Anke Stiefel-Bechdolf. Bis zuletzt hat die Polizei den Führerschein des mutmaßlichen Todesfahrers nicht auffinden können. Bei seiner Verhaftung im Februar dieses Jahres hatte der heute 21 Jahre alte Beschuldigte angegeben, sein Führerschein sei entweder in seinem Auto oder bei seiner Freundin. "Mein Mandant hat bei der Polizei die Wahrheit gesagt", sagte die Verteidigerin. Tatsächlich sei er bei der Freundin gewesen. Warum der Freundin das erst jetzt einfalle, wie Lobmüller nachfragte, wolle sie nicht sagen. "Ich gebe doch nicht meine Quellen preis."

 


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Ein stets hilfsbereiter Mensch sei der Angeklagte immer gewesen. Einer, auf den man sich verlassen könne. Das sollen zumindest auch die Personen aus dem Bekanntenkreis des Beschuldigten einem der ermittelnden Polizeibeamten gegenüber angegeben haben. An sein Verhalten hinter dem Steuer wollten sie sich dagegen nicht erinnern. Das sagte der Beamte am siebten Verhandlungstag.

Angeklagter wohnte bei seinen Eltern

"Aufgeräumt", beschreibt ein anderer Ermittler das elterliche Haus des Angeklagten. Auch sein Zimmer unter dem Dach im zweiten Obergeschoss sei "ordentlich". Ob sich darin ein "Plüschteddy" oder "Poster von Autos" befanden, wie Lobmüller wissen wollte, konnte der Beamte nicht mehr sagen. Bei seiner Verhaftung habe er sich "angepasst verhalten", erinnerte sich der Polizist. Er habe mit einer Kanzlei telefoniert. Danach habe er sein Handy herausgegeben und sei mitgekommen.

Seit Mitte August muss sich der 21 Jahre alte Heilbronner vor dem Heilbronner Landgericht verantworten, weil er am 12. Februar 2023 in der Wollhausstraße mit rund 100 Stundenkilometern einen tödlichen Unfall verursacht haben soll, bei dem darüber hinaus drei weitere Personen zum Teil schwer verletzt wurden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Totschlag und mehrfachen versuchten Totschlag vor. Richter Alexander Lobmüller gab bereits in der ersten Verhandlung bekannt, dass es auch auf Mord und versuchten Mord hinauslaufen könnte.

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