Raser-Prozess in Heilbronn: Zeugen berichten von weiterem Unfall mit dem Angeklagten
Der Angeklagte soll bereits im April 2022 in einen Unfall verwickelt gewesen sein. Eine Zeugin berichtet am Montag, dass sie unter Schock stand und Angst gehabt habe. Am Nachmittag sagt die achtjährige Tochter des Familienvaters aus, der bei dem Unfall in der Wollhausstraße ums Leben kam.

Im sogenannten Raser-Prozess gegen einen 21 Jahre alten Heilbronner wurden am Montagvormittag Zeugen eines Unfalls gehört, in den der Angeklagte am 2. April vergangenen Jahres verwickelt gewesen sein soll. Demnach sei der Beschuldigte damals in der Sontheimer Straße in Heilbronn stadtauswärts mit seinem BMW von hinten auf ein Auto aufgefahren, in dem drei Frauen gerade auf dem Heimweg nach Bietigheim-Bissingen gewesen sind. Die Fahrerin selbst hatte bereits an einem der vorangegangenen Prozesstage ausgesagt.
Die beiden Zeuginnen, die mit in dem Opel saßen, sagten am Vormittag übereinstimmend, dass die Fahrerin mit ordnungsgemäßer Geschwindigkeit von der linken auf die rechte Fahrspur gewechselt habe. Wenige Sekunden später hätten sie einen lauten Knall gehört. Der Angeklagte sei demnach mit der rechten Vorderseite seines Fahrzeugs auf die linke Heckseite des Opels aufgeprallt.
Unfall in Heilbronn: Zeugin stand unter Schock und hatte Angst
Im Anschluss daran seien der Beschuldigte und sein Bruder aus dem BMW ausgestiegen und hätten die Fahrerin wütend angeschrien. „Ich stand unter Schock“, sagte eine der beiden Zeuginnen am Montagvormittag. Und sie habe Angst gehabt. Der mutmaßliche Unfallverursacher habe seine „Familie und Verwandten“ angerufen. Und wir hatten keinen Zeugen, der alles gesehen hat“, so die 47-Jährige.
Der Angeklagte muss sich seit Mitte August vor der zweiten Großen Jugendstrafkammer des Heilbronner Landgerichts verantworten, weil er am 12. Februar dieses Jahres mit rund 100 Stundenkilometer in der Heilbronner Wollhausstraße in einen Mercedes gekracht sein soll, der offenbar gerade mit Schrittgeschwindigkeit aus einer Ausfahrt gefahren ist. Der Fahrer des Wagens, ein 42 Jahre alter Familienvater, war sofort tot. Seine Frau und seine beiden Kinder wurden zum Teil schwer verletzt.
Raser-Prozess: Der Vorwurf lautet unter anderem auf Totschlag
Staatsanwältin Christiane Triaa wirft dem Angeklagten, der zum Unfallzeitpunkt 20 Jahre alt war, unter anderem Totschlag und dreifachen versuchten Totschlag vor. Richter Alexander Lobmüller machte gleich zum Verhandlungsauftakt im August klar, dass womöglich auch Mord und dreifacher versuchter Mord infrage kommen könnte. Ein Tübinger Kinder- und Jugendpsychiater wird auf Antrag der Verteidigung den Reifegrad des Beschuldigten zum Zeitpunkt des Unfalls untersuchen. Als damals Heranwachsender könnte er unter Umständen nach Jugendrecht beurteilt werden.
„Ich war geschockt“, sagte eine der beiden Zeuginnen am Montagmorgen beim sechsten Verhandlungstag vor dem Heilbronner Landgericht. „Ich wurde mit dem Oberkörper nach vorne gedrückt. Meine Brille ist weggeflogen.“ Weder der Beschuldigte noch dessen Beifahrer hätten sich danach erkundigt, ob irgendjemand verletzt worden ist. Dabei habe sie und die andere Mitfahrerin Schmerzen gehabt. Bei einer der beiden Zeuginnen bestand Verdacht auf eine Rippenfraktur. Die andere Zeugin wurde für eine Woche krankgeschrieben. „Stattdessen haben sie uns wütend angeschrien.“ Sie seien aggressiv gewesen und hätten wissen wollen, warum die Fahrerin zu langsam gefahren ist.
Polizeibeamter vermutete viel zu hohe Geschwindigkeit
Augenzeugen für den Unfall vom 2. April vergangenen Jahres gab es tatsächlich nicht. Auch ein polizeilicher Aufruf, sich zu melden, habe nichts ergeben, sagte einer der beiden Polizeibeamten, die den Unfall damals aufgenommen haben. Stattdessen stellten die Beamten vor Ort ein „größeres Splitterfeld von 20 bis 30 Meter an der Unfallstelle" fest. Aus diesem „Trümmerfeld“, wegen der erheblichen Schäden an den beiden Fahrzeugen und aufgrund der Tatsache, dass beim BMW die Airbags ausgelöst hatten, schloss der Polizeibeamte, dass der Angeklagte „mit ziemlicher Sicherheit viel zu schnell gefahren ist“. Die Stimmung am Unfallort beschrieb der Beamte als „sachlich neutral“.
Heute Nachmittag wird die achtjährige Tochter des verstorbenen Familienvaters als Zeugin gehört. Sie wird aus Jugendschutzgründen nicht im Gerichtssaal anwesend sein. Sie wird vielmehr audiovisuell zugeschalten.