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Raser-Prozess in Heilbronn: Aussagen der Freundin des Angeklagten "stinken bis zum Himmel"

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Unterbrechungen, Tränen und Drohungen: Der Prozess am Landgericht Heilbronn rund um den Raser in der Wollhausstraße hat es in sich. Hier ein Überblick über die markantesten Punkte bisher.

In der Wollhausstraße wurden nach dem Unfall Blumen und Trauerkerzen niedergelegt.
In der Wollhausstraße wurden nach dem Unfall Blumen und Trauerkerzen niedergelegt.  Foto: Jürgen Kümmerle

Der dritte Prozesstag rund um den Raser in der Wollhausstraße, der im Februar dieses Jahres einen Unfall mit einem Verstorbenen und mehreren Verletzten verursacht haben soll, hatte es in sich: Neun Stunden dauerte die Vernehmung der Zeugen bislang. Es gab viele Unterbrechungen, Tränen flossen und Drohungen wurden ausgesprochen. Hier ein Überblick, was bisher geschah. 

Prozess am Landgericht Heilbronn: Ist der Unfall in Wollhausstraße als Mord oder Totschlag zu beurteilen?

Seit dem 15. August muss sich ein 21-jähriger Heilbronner vor dem Landgericht Heilbronn verantworten. Er soll am Abend des 12. Februar Februar mit beinahe 100 Stundenkilometern in einen Mercedes gerast sein. Ein 42-jähriger Familienvater starb. Die Frau des getöteten Fahrers sowie die beiden Kinder wurden teils schwer verletzt. Auch der Todesfahrer sowie seine 19-jährige Beifahrerin erlitten Verletzungen. Die Anklage lautete zunächst auf Totschlag am Vater und versuchter Totschlag an seiner Frau und den beiden Kindern. Die Kammer hat später zu erkennen gegeben, dass es sogar Mord sein könnte. Damit kommen Staatsanwaltschaft und Landgericht erst einmal zu verschiedenen rechtlichen Beurteilungen. Der Unterschied hat es in sich: Auf Mord steht zwingend lebenslänglich, auf Totschlag nicht unbedingt.

Drei Prozesstage hat es bereits gegeben. Bei jedem war das öffentliche Interesse groß. Zuhörer mussten abgewiesen werden, weil alle Plätze im Großen Saal des Landgerichts belegt waren. Die Kammer setzt für diesen Prozess insgesamt zwölf Verhandlungstage an. 


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Der Angeklagte beteuert (unter anderem in einem Brief aus der Justizvollzugsanstalt Heilbronn an seine Freundin, von dem am zweiten Verhandlungstag vorgelesen wird) seine Unschuld. Es sei ein Unfall gewesen, er könne nichts dafür. Warum er dann nach dem Unfall sämtliche Posts in den sozialen Medien gelöscht haben soll, blieb unklar. Ob er der Raser-Szene angehöre, wollte die Nebenkläger-Seite von seiner Freundin wissen, weil sich der Angeklagte selbst weder zur Person noch zur Sache äußerte. Die Frage konnte die 19-Jährige jedoch nicht beantworten, so wie die meisten während ihrer Vernehmung als Zeugin. 

Aussagen der Freundin des Angeklagten fallen kurz und knapp aus

Die Freundin des Angeklagten, Beifahrerin am Tag des Unfalls, gab sich sehr bedeckt, als sie am dritten Verhandlungstag als Zeugin aussagte. Die meisten Fragen des Richters beantworte sie mit: „Das weiß ich nicht“. Details über ihren Freund, mit dem sie seit einem Jahr zusammen sei, konnte sie kaum nennen. Wegen ihres Auftretens vor Gericht drohte ihr Richter Alexander Lobmüller mit Erzwingungshaft. Ihre Aussagen würden “bis zum Himmel stinken”. Für dumm verkaufen brauche sie die Anwesenden nicht. „Es geht hier nicht um ein frisiertes Mofa“, machte Lobmüller den Ernst der Lage klar. Auch Anwälte der Nebenkläger brachten ihren Unmut teilweise zum Ausdruck und bezeichneten die Summe ihrer Antworten als „grauenvoll“. In einem Punkt gab die 19-Jährige eine klare Antwort: Von ihrer Beziehung wussten weder ihre noch die Eltern des Angeklagten etwas. Man habe sie erstmal geheim halten wollen, weil beide einer unterschiedlichen Religion angehörten. 

Zwei weitere interessante Zeugen sagten ebenfalls aus: Eine Mutter und ihre Tochter, die von der Oststraße in Fahrtrichtung Wollhaus unterwegs waren – die Spur, auf die auch der Mercedes abbiegen wollte. Als es zum Unfall kam, leisteten sie erste Hilfe. Den Angeklagten kenne die Tochter „vom Sehen her“. Er habe nach dem Unfall versucht, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Sie habe aber abgeblockt, weil sie vor ihrer Zeugenaussage vor Gericht mit keinem über den Unfall habe reden wollen. Die Mutter sprach von Sorgen um ihre Tochter. Abends dürfe sie nicht mehr raus, von der Arbeit werde sie seit dem Unfall abgeholt. Sonst fahre sie immer mit dem Bus. Die Mutter betonte, niemandem etwas unterstellen zu wollen, aber Einschüchterungsversuche halte sie für „nicht ausgeschlossen“. Sie sei aus Prinzip extrem vorsichtig. „Wir haben alles gesehen.“


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Augenzeugin berichtet im Prozess

Die Aussagen über die Passantin, die fast überfahren worden sein soll, unterschieden sich. Die 29-jährige Frau selbst gab an, dass der Raser sie nicht gesehen habe, sie habe das letzte Stück auf dem Zebrastreifen rennen müssen, „sonst hätte ich es nicht mehr rüber geschafft“. Die Ersthelfer dagegen gaben an, dass der BMW-Fahrer die Passantin gesehen haben muss, weil er sie „in einem großen Bogen“ umfahren habe. Unklar ist außerdem die Richtung, in die die Passantin ging. Sie sprach davon, den Zebrastreifen in Richtung Kreissparkasse überquert zu haben. Die Ersthelfer schilderten es genau andersrum. 

Am 20. September gehen die Gerichtsverhandlungen weiter. Laut dem Pressesprecher des Landgerichts Heilbronn, Lutz Hils, sind fünf Zeugen geladen, darunter Freunde des Angeklagten, ein Polizeibeamter und medizinisches Personal. 


 

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