Ideen für die urbane Erneuerung in der Heilbronner Innenstadt
Die Galeria-Schließung in Heilbronn ist vorerst abgewendet. Architekt Christoph Herzog sieht trotzdem dringenden Handlungsbedarf für die Innenstadt.

Viele Innenstädte leiden: unter dem ungewissen Schicksal der traditionellen Kaufhäuser, der Aufgabe alteingesessener Geschäfte, geringen Besucherzahlen. Die Pandemie hat den Abwärtstrend beschleunigt. Das ist auch in Heilbronn sichtbar, wo Leerstände sich durch die gesamte City ziehen, auch wenn das ganz große Debakel, die Schließung der Galerie-Kaufhof-Filiale, vorerst abgewendet scheint.
Lokale Betreiber statt überall dieselben Ketten
Heilbronn komme ihm immer mehr vor "wie ein Donut, außenrum prall und innen leer", sagt der Heilbronner Architekt und Kammervertreter Christoph Herzog. Das hält er für fatal. Denn wenn man viele neue attraktive Arbeitsplätze schaffe, wie Heilbronn das gerade mit dem KI-Park tut, "dann muss auch die Stadt funktionieren". Doch gute, erfolgreiche Beispiele für die Modernisierung von Innenstädten sind in Deutschland noch rar. Vielfältiger und multifunktionaler müssen die Innenstädte werden, darüber herrscht breiter Konsens in der Branche.
Es gehe künftig nicht mehr nur um die klassischen Bereiche Handel und Büros, sondern um eine Mischung aus Wohnangeboten, Kunst-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Co-Working-Spaces und Begegnungsräumen, heißt es vom Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin (Difu). "Parallel werden Anforderungen an die Verbesserung der Aufenthalts- und Freiraumqualität formuliert." Es brauche "Abwechslung, Erlebnis und lokale Betreiber statt überall dieselben Ketten", um Innenstädte wieder zu mehr Attraktivität zu verhelfen, sagt Difu-Stadtplanerin Ricarda Pätzold unserer Redaktion.
Künstler und Kulturschaffende in den Transformationsprozess einbeziehen
Damit das gelingt, sind Mut und Durchhaltevermögen nötig. "Jede Stadt muss entsprechend ihrer Gegebenheiten eine maßgeschneiderte Strategie sowie ein ortsspezifisches Zielbild ihrer zukünftigen Innenstadt entwickeln", schreibt der Deutsche Städtetag in einer Publikation von 2021. "Die Umsetzung von Multifunktionalität in der Innenstadt, Stadtteilzentren und Quartieren ist nur möglich, wenn dies als aktiver Transformationsprozess unter Einbeziehung aller relevanten Akteure verstanden wird." Dazu gehörten auch Akteure aus der lokalen Kunst- und Kulturszene, denn "mit kreativen Ideen tragen Künstlerinnen und Künstler und andere Kulturschaffende zur Belebung der Innenstädte und der Quartiere bei". Kunst und Kultur seien in ihrer Vielfalt prägend für die Städte und erhöhten die Lebensqualität der Menschen sowie die Standortqualität.
Trennung zwischen Wohnen und Arbeiten aufbrechen
Christoph Herzog kann in diesem Sinne sogar Leerständen bei großen Gewerbeimmobilien etwas abgewinnen. Man könne es auch als "Chance begreifen", wenn klassische Warenhäuser schließen, sagt er. Das biete nämlich die Möglichkeit, die Trennung früherer Jahrzehnte zwischen Wohnen und Arbeiten aufzubrechen. Solche Immobilien könne man durch geschickte und visionäre Umbauten umwidmen zu Orten "für die breite Gesellschaft" - mit Wohnungen, Veranstaltungsräumen, einer Dachterrasse, Cafés und "einer coolen Bar. Wenn wir es hinbekommen, die Städte neu auszurichten, kommen auch die Menschen wieder zurück", ist Herzog überzeugt.
Ein Konzept, das vor allem in Skandinavien und den Niederlanden schon seit Jahren erfolgreich umgesetzt wird - beispielsweise in Rotterdam, wo eine riesige Markthalle inklusive hochwertiger Wohnungen mitten in der Innenstadt entstanden ist. Auch öffentliche Plätze müssten wieder attraktiver werden, mahnt Herzog und verweist auf den Kiliansplatz. Der Trend gehe zu weniger Versiegelung und dafür mehr Grün und Wasser in den Städten - auch als Strategie für eine bessere Klimafolgenanpassung.