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Heute die Tat, kurz darauf folgt die Strafe
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Schnelle Urteile durch das Heilbronner Amtsgericht dank beschleunigter Verfahren

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Seit Anfang 2023 kommen Straftaten schneller vors Heilbronner Amtsgericht. Es handelt sich um ein Modellprojekt zum beschleunigten Verfahren, das bundesweit für Schlagzeilen sorgt. Denn die Schnelligkeit bekamen Klimaaktivisten der "Letzten Generation" und ein Randalierer aus der Silversternacht zu spüren.

Seit gut einem halben Jahr kann in Heilbronn die Strafe schnell erfolgen. Amtsgericht, Staatsanwaltschaft und Polizei nehmen seit Januar am Modellprojekt zur Förderung von beschleunigten Verfahren teil. 67 Anträge hat die Anklage seitdem auf den Weg gebracht. Zwischen einem Tag und fünf Wochen dauert es, bis die Fälle vor Gericht kommen. Erste Staatsanwältin Sarah Oeß spricht von einem Erfolgsprojekt. "In Heilbronn wird schnell reagiert."


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Ausgebrannte Böller prägten an Silvester das Straßenbild. Während Randale andernorts folgenlos blieb, gab es in Heilbronn ein schnelles Urteil.
Foto: dpa
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Rasche Urteile: Heilbronner Modellprojekt zu beschleunigten Verfahren ist ein Erfolgsprojekt


Die beiden Verhandlungen gegen die Klimaaktivisten der sogenannten Letzten Generation erregten bei den beschleunigten Verfahren in Heilbronn die größte mediale Aufmerksamkeit. Darüber wurde bundesweit berichtet. Dabei sind sie längst nicht die einzigen.

Erster Fall im beschleunigten Verfahren betraf den Randalierer aus der Silvesternacht

Der erste Fall, den die Heilbronner Justiz nach dem Modellprojekt verhandelt hat, betraf einen Mann aus Tunesien, der in der Silvesternacht auf dem Marktplatz Böller in die Menschenmenge geworfen und anschließend Polizeibeamte angegriffen hat.

Bereits eine Woche später hat das Amtsgericht den 30-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Für den Leitenden Oberstaatsanwalt Frank Schwörer sind solche schnellen Verfahren "ein wichtiger Beitrag für ein erhöhtes Sicherheitsgefühl in der Stadt". Darüber hinaus würden die Gefängnisse entlastet, weil es weniger Untersuchungshäftlinge gibt.

Beschleunigte Verfahren sind kein kurzer Prozess

Insgesamt 67 Anträge auf ein beschleunigten Verfahren hat die Staatsanwaltschaft in den ersten fünf Monaten gestellt. Betroffen waren 82 Beschuldigte. "Das Gericht ist gehalten, sofort oder innerhalb von sechs Wochen eine Verhandlung anzusetzen", sagt Schwörer. Zehn Fälle waren binnen eines Tages vor Gericht. Die anderen 57 Verfahren wurden innerhalb von fünf Wochen verhandelt. Nachträglich aufgetretene Hinderungsgründe für ein schnelles Urteil gab es lediglich in acht Fällen.

"Bei wichtigen Dingen gibt es keinen kurzen Prozess", sagt der Leiter der Staatsanwaltschaft. Um in ein beschleunigtes Verfahren zu kommen, müsse der Sachverhalt einfach und die Beweislage klar sein. Dabei unterscheiden die Juristen zwischen zwei Fallgruppen, wobei die gerichtliche Zuständigkeit immer beim Amtsgericht liegt.

Von welchen Behörden die Eignung zum beschleunigten Verfahren geprüft werden

In der ersten Fallgruppe prüfen die Polizeireviere, ob der Fall für das Modelprojekt geeignet und ein Haftgrund gegeben ist. Künftig soll die Polizei auch Nichthaftsachen nach dem Modellprojekt behandeln können. Dabei gelten dann Kriterien wie unter anderem Vorstrafen und Prognosen über die Rückfälligkeit des Beschuldigten. Immer gilt, dass die Straferwartung nicht über einem Jahr Gefängnis liegen darf.

In der zweiten Fallgruppe prüft die Anklagebehörde die Eignung. Dazu gehören beschleunigt bearbeitete und vorgelegte Fälle der Polizei. Die Staatsanwaltschaft leitet dann ein Schnellverfahren ein, wenn ein Haftgrund vorliegt oder ein Fall, der weniger für ein Strafbefehlsverfahren geeignet ist. Dazu gehören unter anderem wiederholte Verkehrsverstöße, einfach nachweisbare ausländerrechtliche Delikte oder Fälle häuslicher Gewalt, die wiederholt auftritt.

Sieben von zehn Fällen rechtskräftig abgeschlossen

Voraussetzung dafür, ein Verfahren nach dem Modellprojekt verhandeln zu können, ist laut Sara Oeß "ein guter Austausch mit den Richtern". Der Organisationsaufwand sei erheblich. Die Anklage müsse schriftlich vorliegen. Darüber hinaus müssten alle Beteiligten einen gemeinsamen Termin finden, so Sara Oeß, die bei der Staatsanwaltschaft das Modellprojekt federführend betreut.

Verfahren nach dem Modellprojekt werden in der Regel auch schnell rechtskräftig. Vor allem in der Fallgruppe eins, so Frank Schwörer. Sieben von zehn Fällen seien rechtskräftig abgeschlossen. Für Erste Staatsanwältin Sara Oeß steht nach rund sechs Monaten fest: "Der Aufwand lohnt sich."

Zwischen Eingang und Verhandlung sollen nicht mehr als sechs Wochen liegen

Stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf ein beschleunigtes Verfahren, wird die Hauptverhandlung laut Strafprozessordnung sofort oder in kurzer Frist abgehalten, ohne dass es einer Entscheidung über Eröffnung des Hauptverfahrens bedarf. Zwischen dem Eingang und der Verhandlung sollen nicht mehr als sechs Wochen liegen. Der Beschuldigte wird nur dann zur Hauptverhandlung geladen, wenn er sich nicht freiwillig stellt oder dem Gericht vorgeführt wird. Mit der Ladung wird ihm mitgeteilt, was ihm zur Last gelegt wird. Die Ladungsfrist beträgt 24 Stunden.

 

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