Der Kommunale Ordnungsdienst beklagt ein gestiegenes Aggressionsverhalten in Heilbronn
Michael Schwihel, Leiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD), kann sich bei seinen Mitarbeitern Bodycams vorstellen. Sie könnten zur Deeskalation beitragen. Im vergangenen Jahr wurden fast 1100 Ordnungswidrigkeiten angezeigt. Wie der KOD aufgestellt ist und welche Aufgaben er wahrnimmt.

Seit Juli 2012 sind Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) in Heilbronn unterwegs. Michael Schwihel leitet seit 2020 diese dem Ordnungsamt unterstehende Einheit. Nach zehn Jahren KOD fällt sein Fazit differenziert aus.
Welche Aufgaben hat der KOD?
Michael Schwihel: Der KOD sorgt neben der Polizei für Sicherheit und Ordnung in Heilbronn. Dabei gibt es eine klare Trennung: Wir unterbinden und ahnden Ordnungswidrigkeiten. Für die Verfolgung von Straftaten ist die Polizei zuständig.
Wie viel Personal hat der KOD?
Schwihel: Auf Streife sind sieben Männer und eine Frau. Hinzu kommt noch eine Bürokraft.
Das Verhältnis ist aber nicht stimmig.
Schwihel: Richtig, bislang haben sich mehr Männer als Frauen für die Tätigkeit interessiert. Allerdings sehe ich Vorteile in gemischten Streifen, weil Frauen bei Problemen oftmals einen anderen Zugang zu Personen finden und zur Deeskalation beitragen können.
Reicht diese Personalstärke aus, um die Probleme auf der Straße lösen zu können?
Schwihel: Wir versuchen, mit diesen Mitarbeitern die bestmögliche Wirkung zu erzielen. Aber es gibt Bereiche, in denen sich die Bürger mehr Kontrollen wünschen. Deshalb begrüße ich die Personalaufstockung um vier Mitarbeiter.
Wie präsent ist der KOD in der Innenstadt und in den Stadtteilen?
Schwihel: Unsere Priorität liegt eindeutig in der Innenstadt, dort, wo sich viele Menschen aufhalten. Allerdings passen wir unsere Einsatzschwerpunkte regelmäßig an und berücksichtigen auch jene Orte, die in der Bürgerbefragung zum Thema Sicherheit benannt worden sind. Beispiele für häufig kontrollierte Orte in den Stadtteilen sind der Wertwiesenpark, der Jörg-Ratgeb-Platz, der Leinbachpark und der Bereich rund um das Bürgerhaus Böckingen.
Ist das richtig gewichtet?
Schwihel: Aus meiner Sicht ja. Die ständige Anpassung unserer Einsatzpläne anhand von eigenen Beobachtungen sowie Informationen von Bürgern halte ich für richtig und für den besseren Weg als eine starre Vorgabe, x-mal in einem bestimmten Stadtteil zu sein. In den Stadtteilen ist das Konfliktpotenzial auch tendenziell kleiner.
Man hört immer wieder Stimmen, die behaupten, der KOD schaue bei Verstößen weg, um keinen Ärger zu bekommen. Stimmt das?
Schwihel: Ich kann solche Aussagen nicht nachvollziehen. Selbstverständlich schreitet der KOD bei Verstößen ein. Unsere Mitarbeiter werden geschult. Unter anderem in der Selbstverteidigung. Oberster Grundsatz ist aber immer die Deeskalation.
Der KOD greift also durch.
Schwihel: 2022 wurden fast 1100 Ordnungswidrigkeiten zur Anzeige gebracht.
Welche Bußgelder werden fällig?
Schwihel: Weggeworfene Zigarettenkippen kosten 70 Euro, unerlaubtes Grillen 50 Euro oder öffentliches Urinieren 140 Euro. Bei illegalen Müllablagerungen hängt die Bußgeldhöhe von der Menge und der Art des Mülls ab.
Apropos Müllsünder: Macht Videoüberwachung hier Sinn?
Schwihel: Punktuell vielleicht schon, aber sie löst das Problem an den etwa 120 Containerstandorten nicht. Zum einen ist die Identifizierung schwierig, zum anderen sind die rechtlichen Hürden hoch.
Stellt der KOD Strafzettel wegen Falschparkens aus?
Schwihel: Primär sind dafür die 17 Kollegen vom Verkehrsüberwachungsdienst zuständig. Aber auch der KOD verwarnt im Rahmen seiner Streifentätigkeit schwerwiegende Parkverstöße.
Hat sich das Aggressionsverhalten der Menschen verändert?
Schwihel: Ja. Kollegen berichten immer wieder, auch bei Kleinigkeiten, von einem größeren aggressiven Verhalten. Der Respekt vor uniformierten Hoheitsträgern nimmt in Teilen der Bürgerschaft ab.
Trägt der KOD eine Schusswaffe?
Schwihel: Nein, aber die Mitarbeiter tragen Pfefferspray, Handschellen und einen Schlagstock bei sich. Zudem sind sie mit einer Schutzweste ausgestattet.
Und was ist mit Bodycams?
Schwihel: Ich könnte sie mir für die Zukunft vorstellen, wenn die Voraussetzungen stimmen. Sie könnten deeskalierend wirken.
Kam es schon zu körperlichen Übergriffen auf KOD-Mitarbeiter?
Schwihel: In den letzten Jahren zum Glück nicht. Aber zu Beleidigungen kommt es schon. Sind sie zu übel, wird Anzeige erstattet. Eines noch: 2022 wurden zwei Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungsdienstes bei einer Geschwindigkeitskontrolle mit einem Messer bedroht. Gott sei Dank ging es glimpflich aus.
Der Marktplatz, ein Ort für Drogen, Aggression und Prostitution. Ist der KOD hier aktiv?
Schwihel: Für die Verfolgung von Straftaten ist ausschließlich die Polizei zuständig. Allerdings sind der Marktplatz und die Fußgängerzonen die am meisten bestreiften Orte des KOD. Wir möchten mit unserer Präsenz das Sicherheitsgefühl der Bürger stärken.
Kommen wir zum Feldschutz, der ebenfalls in Ihren Zuständigkeitsbereich fällt. Wie präsent ist der Feldschutz?
Schwihel: Diese Einheit besteht aus einer Vollzeitkraft und fünf geringfügig Beschäftigten. Mittel- bis langfristig soll es jedoch mehr Vollzeitmitarbeiter geben.
Der KOD ist in einem unattraktiven und alten Gebäude an der Weststraße untergebracht. Wann erfolgt der Umzug in das ehemalige Schuhhaus Holzäpfel an der Lohtorstraße?
Schwihel: Wir werden im Frühjahr umziehen. Darauf freuen wir uns alle schon.
Seit einigen Tagen steht ein roter Feuerwehr-Container in der Lohtorstraße. Warum?
Schwihel: Der KOD will mit dieser mobilen Wache jetzt schon Präsenz in der Innenstadt zeigen. Nach dem Umzug kommt er wieder weg.
Zur Person
Michael Schwihel (25, ledig) kam 2018 nach seinem Studium für den gehobenen Verwaltungsdienst in Ludwigsburg zum Ordnungsamt der Stadt Heilbronn. Hier war der gebürtige Heilbronner zunächst für das Gaststättenrecht zuständig. Seit Oktober 2020 ist er Leiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) und des Feldschutzes der Stadt Heilbronn. Verantwortlich ist er für 15 Beschäftigte. Die Leitung des Verkehrsüberwachungsdienstes beim Ordnungsamt liegt in Händen von Manfred Herkert. Das Ordnungsamt der Stadt leitet die Juristin Solveig Horstmann.