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Abschiebung des nach der Silvesternacht in Heilbronn verurteilten Mannes offen

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Ob der 30-jährige Tunesier nach seiner Freiheitsstrafe abgeschoben wird, ist nach Einschätzung von Experten offen. Warum seine Abschiebung scheitern könnte.

Ausgebrannte Böller liegen neben einer leeren Flasche auf einer Straße − so sah es in der Silvesternacht vielerorts aus.
Ausgebrannte Böller liegen neben einer leeren Flasche auf einer Straße − so sah es in der Silvesternacht vielerorts aus.  Foto: Thomas Banneyer

Die schnelle Verurteilung eines Mannes, der in der Silvesternacht auf dem Heilbronner Marktplatz zunächst in eine Gruppe von Kindern geböllert und anschließend Polizisten angegriffen hatte, wird von Menschen als sehr positiv wahrgenommen.

Der mehrfach vorbestrafte 30-jährige Tunesier hätte allerdings bereits seit dem Jahr 2019 abgeschoben werden sollen - ob das nun während oder nach seiner verbüßten Freiheitsstrafe geschehen wird, bleibt offen. Nach Einschätzung von Experten ist alles denkbar und hängt auch vom Druck ab, den die Behörden betreiben.

Ausweispapiere fehlen häufig

Nach Angaben des Heilbronner Amtsgerichts war die Abschiebung des Mannes, der in Heilbronn wohnhaft ist, seither aufgrund fehlender Ausweispapiere gescheitert.

 


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Es braucht noch mehr beschleunigte Verfahren


Wie Gerichtssprecher Michael Reißer am Montag (9.1.) mitteilt, habe der Verurteilte zuletzt eine Duldung gehabt - so nennt man eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung. Eine Duldung stellt aber keinen Aufenthaltstitel dar. Der Tunesier habe Sozialleistungen des Staates bezogen, sagt Reißer auf Nachfrage.

Der Heilbronner Anwalt Talip Öz hat mit Asylrecht zu tun und vertritt Menschen, die ihre Abschiebung verhindern wollen. Er bestätigt, was ein offenes Geheimnis ist: Viele Asylsuchende besäßen absichtlich keine Dokumente. Dies erhöhe die Bleibechancen.

"Das Gastrecht wird oft ausgenutzt", sagt Öz. Es gebe zwar Mitwirkungspflichten, Androhungen von Leistungskürzungen und selten erzwungene Vorstellungen bei Konsulaten. Doch unterm Strich gebe es Mittel und Wege, um im Einzelfall eine Abschiebung abzuwenden.

 


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Beschleunigte Verfahren werden vor allem bei Diebstählen angewendet


Experte: Abschiebung kein Automatismus

Im konkreten Fall befindet sich der nach der Silvesternacht verurteilte Mann seit 2015 in Deutschland - alleine das erschwert eine Abschiebung. Lebt ein straffälliger Ausländer länger als fünf Jahre in Deutschland, darf er nur unter strengeren Voraussetzungen ausgewiesen oder abgeschoben werden.

Nach Angaben des Mediendienstes Integration - ein Zusammenschluss von Migrationsforschern - dürfen Asylbewerber nur vor Verfahrensabschluss abgeschoben werden, wenn sie "eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" darstellen, gegen die sexuelle Selbstbestimmung verstoßen haben oder zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr für eine Gewalttat verurteilt worden sind.

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Abschiebungen ohne Pässe sind nach Angaben von Experten vor allem dann ein Problem, wenn die Herkunftsländer nicht mitwirken. Wessen Asylantrag abgelehnt wurde, wird nicht gleich abgeschoben. "Das ist kein Automatismus", sagt ein Rechtsberater der Universität Hamburg, der namentlich nicht genannt werden möchte. Man müsse zwischen Ausweisung und Abschiebung unterscheiden.

Der Tunesier in Heilbronn war nach Angaben des Amtsgerichts wegen kleiner Diebstahlsdelikte und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte vorbestraft. Eine Aussage darüber, ob der Mann nach Verbüßung der Haftstrafe nun abgeschoben werde, könne sie nicht konkret treffen, sagt Anna Härle, Sprecherin des baden-württembergischen Justizministeriums. Solche Entscheidungen seien einzelfallabhängig.

 
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