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Debatte um Videoüberwachung
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Gewalt am Heilbronner Marktplatz: Stadträte fordern Kameras – aber nicht alle

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Nach der jüngsten Gewalt-Eskalation am Heilbronner Marktplatz rückt das Thema Videoüberwachung in den Fokus. Ein Großteil der Stadträte hält sie für überfällig – manche gehen sogar noch einen Schritt weiter.


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Ein neuerlicher Gewaltausbruch in der Innenstadt erschüttert Heilbronn und wirft die Frage nach höheren Sicherheitsmaßnahmen auf. Kriminelle sind am vergangenen Wochenende vor einem Döner-Imbiss auf dem Heilbronner Marktplatz aufeinander losgegangen, haben sich mit Holzlatten, Dosen und Messern beworfen. Ein privates Video zeigt die brutalen Szenen. Die Täter: junge Männer aus mutmaßlich rivalisierenden Jugendgangs.

Die Situation auf dem Heilbronner Marktplatz gerät immer wieder in den Fokus. Im vergangenen Jahr sprach etwa die damals eingesetzte City-Streife von Drogendeals „wie in Frankfurt“. Könnte eine polizeiliche Videoüberwachung helfen, das Sicherheitsgefühl zu verbessern? Die Mehrheit der Heilbronner Stadträte hat dazu eine klare Haltung. Es gibt aber auch Zweifel – und gänzlich andere Lösungsvorschläge.

Kriminalität am Heilbronner Marktplatz: SPD für Videoüberwachung

Schon im vergangenen Jahr war eine Videoüberwachung auf dem Heilbronner Marktplatz Thema. Während sich die Mehrheit der Stadträte dafür ausgesprochen hatte, lehnten Verwaltung und Polizei diese noch aus rechtlichen Gründen ab. Kürzlich hat der Heilbronner Datenschutzanwalt Kai Schützle dieser Einschätzung widersprochen: Er hält eine polizeiliche Videoüberwachung am Marktplatz grundsätzlich für rechtlich zulässig, wie er der Heilbronner Stimme sagte. Welchen Standpunkt vertritt die Heilbronner Lokalpolitik jetzt?

Rainer Hinderer, Fraktionsvorsitzender der SPD, teilt auf Stimme-Nachfrage mit: „Sofern die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, befürwortet die SPD-Fraktion eine Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen.“ Das Thema Sicherheit in der Innenstadt sei regelmäßig Gegenstand der Beratungen im Gemeinderat. 

FDP über Kriminalität am Marktplatz in Heilbronn: bisherige Maßnahmen „unzureichend“

Für eine Videoüberwachung am Heilbronner Marktplatz spricht sich auch die FDP-Fraktion aus, teilt Nico Weinmann mit. Er sagt auf Stimme-Nachfrage klar: „Schönreden hilft nicht, ist gar für das Vertrauen in die Politik kontraproduktiv.“ Denn der „milieuspezifische Ort“ und die herausfordernde Lage auf und um den Marktplatz seien „schon sehr lang bekannt“.

Im Bezug auf den Gewaltvorfall am vergangenen Wochenende spricht Weinmann von „verstörenden Bildern“ -diese würden ihm zeigen, „dass das Kooperationsprojekt ’Sicheres Heilbronn’ von Innenministerium, Polizeipräsidium und Stadtverwaltung augenscheinlich unzureichend ist und nicht die Wirkung entfaltet, die wir uns erhofft haben.“

Heilbronner Marktplatz: CDU fordert neue Überprüfung zur Videoüberwachung

Ähnlich sieht das auch die CDU-Fraktion im Heilbronner Stadtrat, wie der Vorsitzende Thomas Randecker mitteilt: „Spätestens nach den jüngsten Vorkommnissen und den Entwicklungen im Bereich der Drogenkriminalität, fordern wir von der Verwaltung eine erneute Überprüfung, Videoüberwachung im Bereich des Marktplatzes und der Kilianskirche zumindest temporär, aber nach unserer Auffassung endlich dauerhaft einzurichten.“

Schon seit Jahren würde sich die CDU-Fraktion für die Einführung einer KI-unterstützten Videoüberwachung einsetzen. Die Fraktion werde das Thema „selbstverständlich sehr zeitnah“ erneut mit der Verwaltung diskutieren, so Randecker. „Wie bei der anfänglichen Blockadehaltung zur Waffenverbotszone sind wir uns sicher, dass die Verwaltung zur Einsicht kommt und nun die Einführung der Videoüberwachung schnellstmöglich in Abstimmung mit der Polizei umsetzt.“

Freie Wähler über Videoüberwachung: Scharfe Kritik an CDU-Politik

Eine polizeiliche Videoüberwachung auf dem Heilbronner Marktplatz würden auch die Unabhängigen für Heilbronn und die Fraktion der Freien Wähler begrüßen, teilen die jeweiligen Fraktionschefs auf Stimme-Nachfrage mit. „Es mag wohl keine Straftaten wirklich verhindern, hilft aber ungemein bei der Aufklärung und Überführung von möglichen Straftätern“, sagt Unabhängigen-Sprecher Malte Höch.

Die Freien Wähler plädieren für eine Änderung des Polizeigesetzes, da jenes eine Videoüberwachung nur im beschränkten Rahmen zulasse, so Fraktionschef Herbert Burkhardt. Er wird deutlich – und sieht die CDU in der Pflicht. „Der CDU-Innenminister müsste reagieren“, sagt er. „Es nützt nichts, wenn die örtliche CDU-Fraktion permanent die innere Sicherheit bemängelt, sie aber seit gefühlt 50 Jahren den Innenminister des Landes stellt und die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht ändert.“

Kriminalität in Heilbronn: AfD fordert Davidwache in der Innenstadt

Die AfD-Fraktion im Heilbronner Stadtrat verfolgt einen ganz anderen Ansatz: Sie setzt auf Polizeipräsenz. Wie Fraktionschef Dr. Raphael Benner auf Stimme-Nachfrage sagt, habe seine Fraktion in einem Antrag eine Davidwache in der Innenstadt von Heilbronn gefordert. „Videoüberwachung ist das eine, Polizeipräsenz das andere.“ 

Daran, dass eine polizeiliche Videoüberwachung als Abschreckungsinstrument hilft, der Kriminalität am Heilbronner Marktplatz Herr zu werden, glaubt Benner nicht. „Die Täter gewöhnen sich daran, das Instrument stumpft nach und nach ab, denn an der Gewaltbereitschaft ändert sich nichts.“

Grüne bezweifeln Wirksamkeit von Videoüberwachung in Heilbronn

Auch die Grünen-Fraktion im Heilbronner Stadtrat sieht in einer Videoüberwachung kein Allheilmittel. „Die Sicherheit in der Innenstadt ist ein wichtiges Thema, das wir ernst nehmen“, macht Holger Kimmerle klar.  Videoüberwachung könne zwar helfen, Straftaten aufzuklären und möglicherweise abzuschrecken. Gleichzeitig gebe es Fragen zur Wirksamkeit, Verhältnismäßigkeit und zum Datenschutz

Außerdem gibt Kimmerle zu bedenken: „Im aktuellen Fall hat die Kamera niemanden von seinem Handeln abgehalten.“ Bisher habe der Marktplatz laut Angaben der Stadt nicht die rechtlichen Kriterien für eine polizeiliche Videoüberwachung erfüllt, sagt er. Und folgert: „Eine Überwachung allein für das Sicherheitsgefühl wäre nicht umsetzbar.“

Was Oberbürgermeister Harry Mergel zu den Video-Forderungen der Stadträte sagt

Am Ende der jüngsten Sitzung des städtischen Verwaltungsausschusses bezog Oberbürgermeister Harry Mergel am Montagabend (3. Februar 2025) Stellung zu den Forderungen von Stadträten, am Marktplatz Videokameras zu installieren. "Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist zunächst einmal Sache der Polizei, so ist das in einem Rechtsstaat", betonte Mergel.

Man sei dazu "im ständigen Austausch, und wenn es die Polizei für ein adäquates Mittel betrachtet, setzen wir es auch um", so wie man das mit anderen erhöhten Sicherheitsmaßnahmen bereits gemacht habe. Rein rechtlich müsste vor der Installation von Kameras eine Häufung der Straftaten in einem bestimmten Bereich vorliegen. "Wir werden auf jeden Fall nachfragen, ob sich was geändert hat,", sagte nach dem Nachhaken mancher Stadträte Ordnungsbürgermeisterin Agnes Christner zu. Genaue Zahlen sollen im März mit der aktuellen Kriminalstatistik im Gemeinderat auf den Tisch kommen.

 


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