Gewaltausbruch am Marktplatz in Heilbronn: Kommt jetzt eine Videoüberwachung?
Eine Schlägerei mit Holzlatten am Heilbronner Marktplatz erschüttert die Bürger. Eine Videoüberwachung sei rechtlich nicht möglich, hieß es lange. Ein Heilbronner Anwalt widerspricht.
Der jüngste Gewaltausbruch auf dem Heilbronner Marktplatz befeuert die Diskussion um die Sicherheit in der Heilbronner Innenstadt. Auf offener Straße lieferten sich Kriminelle eine Schlägerei mit mehreren Beteiligten. Sie attackierten sich mit Holzlatten, Cola-Dosen und Messern, wie ein privates Video zeigt.
Der Heilbronner Marktplatz rund um die Kilianskirche ist zuletzt immer wieder in den Fokus geraten. Im vergangenen Jahr sprach etwa die damals eingesetzte City-Streife von Drogendeals „wie in Frankfurt“. Könnte die Debatte um eine Videoüberwachung in der Innenstadt jetzt wieder Fahrt aufnehmen?
Gewaltausbruch am Marktplatz in Heilbronn: Eskalation in der Drogenszene?
Die Schlägerei vom vergangenen Wochenende scheint eine neue Stufe der Gewalt in der Heilbronner Innenstadt darzustellen. Der Marktplatz sei der Anziehungspunkt für Drogendealer, sagte Polizeisprecher Frank Belz kürzlich auf Stimme-Nachfrage. Das führe zu den Auseinandersetzungen rivalisierender Gruppen, die dort ihre Geschäfte abwickeln. Der Großteil der Dealer am Marktplatz seien junge Asylbewerber aus Nordafrika, erklärte Belz. Die Heilbronner Polizei tue gegen die Gewalt, was sie könne.

Schon im vergangenen Jahr wurde über eine Videoüberwachung auf dem Heilbronner Marktplatz diskutiert. Verwaltung und Polizei lehnten das aus rechtlichen Gründen ab. Die Begründung lieferte das Innenministerium und berief sich dabei auf Angaben der Heilbronner Polizei: Im Bereich schwerer Straftaten, Straßenkriminalität und Körperverletzungen sei am Marktplatz „objektiv keine Kriminalitätsbelastung festzustellen, die sich von der des übrigen Stadtgebiets deutlich abhebt“.
Heilbronner Datenschutzanwalt: Videoüberwachung am Marktplatz rechtlich zulässig
Der Heilbronner Datenschutzanwalt Kai Schützle sieht das etwas anders. Auf Stimme-Nachfrage sagt er: „Wenn es darum geht, den Markplatz und das Gebiet um die Kilianskirche herum wieder sicherer zu machen, wäre eine Videoüberwachung grundsätzlich möglich – und rechtlich auch zulässig.“ Laut ihm dürften die Voraussetzungen, geregelt in Paragraph 44 Absatz 3 des Polizeigesetzes Baden-Württemberg, „aufgrund der bereits seit längerem bekannten Problematik rund um den Marktplatz und die Kilianskirche wohl vorliegen“.

Jener Paragraph, auf den sich auf Stimme-Nachfrage auch die Stadt Heilbronn beruft, besagt, dass eine polizeiliche Videoüberwachung zulässig ist, wenn „sich die Kriminalitätsbelastung dort von der des übrigen Gemeindegebiets deutlich abhebt und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort auch künftig mit der Begehung von Straftaten zu rechnen ist“.
Anwalt Schützle sagt: „Es stellt sich also tatsächlich die Frage, warum in Heilbronn – anders als in anderen Städten – bislang keine Videoüberwachung eingeführt wurde.“ In Baden-Württemberg setzen etwa Städte wie Stuttgart, Mannheim und Heidelberg auf Kameras.
Videoüberwachung in Heilbronn am Marktplatz: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Grundsätzlich, macht Schützle klar, müsse aber bei der Einführung einer Videoüberwachung in öffentlichen Bereichen immer der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingehalten werden. Entsprechend müsse geprüft werden, ob die bisherigen Maßnahmen ausreichend seien, um Missstände zu beseitigen, oder ob weitergehende Maßnahmen erforderlich seien. Bislang sei dies in der Abwägung in Heilbronn offenbar der Fall gewesen.
Schützle gibt allerdings zu bedenken, dass eine vollständige Überwachung rund um die Uhr „personal- und auch kostenmäßig nicht leistbar sein wird“. Verschwiegen werden sollte laut ihm auch nicht, dass sich in anderen Städten, in denen Videoüberwachung einsetzt werde, diese oft dazu führe, dass sich Kriminalitätsschwerpunkte an andere Plätze und Orte verlagern.
Stadt Heilbronn: Videoüberwachung am Marktplatz wird diskutiert
Kommt nach dem jüngsten Vorfall jetzt Bewegung in die Debatte zur Videoüberwachung am Marktplatz? Wie Polizeisprecher Frank Belz auf Stimme-Nachfrage mitteilt, werde die Einführung von Kameras fortlaufend geprüft. „Die jüngsten Ereignisse fließen in diese Bewertungen mit ein.“
Die Stadt Heilbronn bestätigt, dass die Möglichkeit einer Videoüberwachung diskutiert „wurde und wird“. Grundsätzlich, schreibt Stadtsprecherin Claudia Küpper, könne eine Videoüberwachung „nur ein Baustein in der Sicherheitsstrategie“ sein. Die verstärkte Präsenz der Einsatzkräfte sei „die effizienteste Maßnahme zur Gewährleistung der objektiven als auch der subjektiven Sicherheit.“
Auch Heilbronner Kommunalpolitiker sind für die Einführung einer Videoüberwachung. So teilt etwa Rainer Hinderer, Fraktionsvorsitzender der SPD, mit: „Sofern die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, befürwortet die SPD-Fraktion eine Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen.“ Das Thema Sicherheit in der Innenstadt sei regelmäßig Gegenstand der Beratungen im Gemeinderat.

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