Grundsteuer in Baden-Württemberg: Landesmodell landet vor dem Bundesfinanzhof
Das baden-württembergische Bodenwertmodell zur Grundsteuer steht in der Kritik: Steuerzahlerbund und Mieterbund zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Reform.
Der Bundesfinanzhof hat das Bundes-Modell zur Grundsteuerreform für rechtens erklärt. Nun soll es Anfang des kommenden Jahres um Musterklagen gegen das abweichende Bodenwertmodell in Baden-Württemberg gehen.
Grundsteuer in Baden-Württemberg: Steuerzahlerbund hofft auf Korrektur des Landesmodells
Andrea Schmid-Förster, stellvertretende Landesvorsitzende des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg, erhofft sich eine Änderung des umstrittenen Landesmodells: „Der Bundesfinanzhof hat die mündliche Verhandlung zum baden-württembergischen Bodenwertmodell für voraussichtlich das erste Quartal 2026 angekündigt. Wir hoffen natürlich, den Bundesfinanzhof mit unseren Argumenten überzeugen zu können.“
Das letzte Wort bei der Frage der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes hat das Bundesverfassungsgericht. Das Bodenwertmodell in Baden-Württemberg und die dazu aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen unterscheiden sich „in einigen wesentlichen Punkten von den Fragestellungen des Bundesmodells“, hofft Schmid-Förster hier auf einen ablehnenden Bescheid.
Steuerzahlerbund bezweifelt Verfassungsmäßigkeit des Grundsteuermodells
Der Bundesfinanzhof habe in seiner Entscheidung zum Bundesmodell zwar auch Aussagen hinsichtlich der Bodenrichtwerte getroffen, dennoch sei die Fragestellung beim baden-württembergischen Modell eine andere, so der Landes-Steuerzahlerbund: „Ist es verfassungsmäßig, dass die Grundsteuer in Baden-Württemberg allein auf die Bodenrichtwerte abzielt und die Bebauung keine Rolle spielt?“ Dies unterscheide das baden-württembergische Grundsteuermodell von allen anderen Modellen, auch vom Bundesmodell.

Zudem habe das Gericht festgestellt, dass sich beim Bundesmodell Wertabweichungen auf Ebene der Bewertung des Grundstücks durch die weiteren Berechnungen bei der letztlich festgesetzten Grundsteuer „eher gering“ auswirken. „Dies ist beim Bodenwertmodell in Baden-Württemberg, insbesondere bei Ein- und Zweifamilienhäusern, anders.“ Hier hat sich schon gezeigt, dass Besitzer älterer und vergleichsweise kleiner Häuser auf großen Grundstücken extrem stark belastet werden.
Mieterbund Heilbronn: Wohnen darf nicht zusätzlich belastet werden
Alfred Huber vom Mieterbund Heilbronn reklamiert „die Belastung des Wohnens: Grundstücke in der Industrie oder im Handel sind im Gegensatz zu Wohngrundstücken grundsätzlich weniger teuer.“ Grund dafür sei der Umstand, dass im reinen Bodenwertmodell in Baden-Württemberg Gebäude und Aufbauten nicht mehr berücksichtigt werden. „Es ergibt sich eine starke Verschiebung des Grundstückaufkommens zu Lasten des Wohnens. Das kann doch nicht gewollt sein?“
„Die Reform der Grundsteuer war notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht das alte System für verfassungswidrig erklärt hatte“, erklärt Huber. Die Reform sollte offiziell aufkommensneutral sein, was bedeute: „Die Einnahmen der Kommunen dürften eigentlich nicht dauerhaft ansteigen.“ Das ist aber – auch nach Erkenntnisses des Bunds der Steuerzahler – nicht der Fall. „Erste Auswertungen zeigen, dass in vielen Gemeinden die Umstellungen zu einer Erhöhung der Einnahmen der Grundsteuer geführt hat.“
Heilbronner Mieter-Vertreter: „Grundsteuer komplett aus Nebenkosten streichen“
Der Deutsche Mieterbund verschaffe sich derzeit eine Übersicht über die Entwicklung der Grundsteueraufkommen, teilt Huber mit. „Unser Mieterbund setzt sich generell dafür ein, die Grundsteuer komplett aus dem Katalog der für Mieter umlegbaren Nebenkosten zu streichen. Da die Grundsteuer über die Nebenkosten in den meisten Fällen an die Mieter weiter gegeben wird, trägt sie zur weiteren Verteuerung des Wohnens bei.“
Unabhängig davon gebe es für Mieterinnen und Mieter in Baden-Württemberg zum Jahresende schlechte Nachrichten. In Städten wie Mannheim, Konstanz und auch Neckarsulm streicht die Landesregierung trotz massiver Proteste die Mietpreisbremse. „Sie nimmt bewusst in Kauf, den sozialen Frieden in angespannten Wohnungsmärkten zu gefährden.“
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Kommentare
am 16.12.2025 17:42 Uhr
Ich vermiete zwei Wohnungen in einem Zweifamilienhaus in Heilbronn - Ost. Die Miete liegt mit ca. 9 Euro m² um 3 - 5 Euro unter den Vergleichsmieten in dieser Wohnlage. Das Haus hat eine Grundstücksgröße von 8,2 ar.
Bisher haben beide Familien mit jeweils 2 Kindern zusammen 1050 Euro Grundsteuer bezahlen müssen. Nun hat sich nach der Neuberechnung diese Grundsteuer auf 3600 Euro erhöht. Von einer Rendite brauche ich bei diesem Mietobjekt nicht einmal Ansatzweise sprechen.
Sollte ich jemals die Miete auf die Vergleichsmiete erhöhen - was ich irgendwann einmal tun muss, da ich keine Rentenversicherung habe, wird auch wegen der irrsinnig hohen Grundsteuer eine Arbeiterfamilie mit zwei Kindern hier nie wieder zur Miete wohnen können.
Die öffentliche Hand ruft nach bezahlbarem Wohnraum, ist aber aufgrund der hohen Steuerbelastung und Abgabenlast mit ein Haupttreiber, für nicht bezahlbaren Wohnraum.
Ich werde über kurz oder lang das Haus einem Bauträger verkaufen müssen, damit dieser das abreißt und 8 Wohneinheiten darauf errichtet, die dann für bis zu 16 Euro m² an Topverdiener vermietet werden. Von einem Verkaufserlös in der Höhe des angesetzten Bodenrichtwertes kann ich dann nur träumen.
Dieser Schuß mit der Neuberechnung ging für die vielen normal betuchten Wohnungssuchenden in guten Lagen nach hinten los.
Jürgen Mosthaf
Jakob Gabriel am 16.12.2025 12:32 Uhr
„Unser Mieterbund setzt sich generell dafür ein, die Grundsteuer komplett aus dem Katalog der für Mieter umlegbaren Nebenkosten zu streichen. Da die Grundsteuer über die Nebenkosten in den meisten Fällen an die Mieter weiter gegeben wird, trägt sie zur weiteren Verteuerung des Wohnens bei.“
...
Eigentlich zeigt dieser Satz, wie kurzsichtig der Mieterbund ist.
Hier kann 100% Transparenz der Wohnkosten offenbart werden, wenn die Grundsteuer in den Nebenkosten ersichtlich ist.
Würde dies in Zukunft wegfallen, dann gäbe es diese Transparenz für die Mieter nicht mehr. Dann würden die Vermieter zwar die Kosten bezahlen, aber wie alles im Leben, muss man diese Kosten als eigene Kosten berechnen und dies erfolgt dann nicht mehr 1:1 als weitergegebene Kosten sondern mit einem Aufschlag. Dies erfolgt nicht sofort, da bereits Verträge existieren, aber auch hier wäre eine Ausnahme zulässig, da erhöhte monatliche/jährliche Kosten durchaus weitergegeben werden dürfen.