Solvay in Bad Wimpfen: Ende der TFA-Produktion und Einleitungen in den Neckar
Täglich darf der Chemiekonzern Solvay in Bad Wimpfen bis zu 24 Kilogramm TFA in den Neckar leiten. Umweltorganisationen wie BUND und DUH fordern seit Langem ein Ende – nun soll damit bald Schluss sein.
Im Zuge einer strategischen Neuausrichtung wird der belgische Chemiekonzern Solvay bis Anfang des Jahres 2026 die Produktion von Trifluoressigsäure (TFA)-bezogenen organischen Produkten einstellen. TFA gilt als sogenannte Ewigkeitschemikalie. Einmal in die Umwelt gelangt, ist ein natürlicher Abbau nicht möglich. Bei Aufnahme durch den Menschen, etwa über das Trinkwasser, kann TFA fortpflanzungsgefährdend oder krebserregend wirken oder auch das Immunsystem schwächen.
Bei der Herstellung agro-chemischer und pharmazeutischer Produkte nutzt Solvay TFA als Grundlage. Laut des Regierungspräsidiums (RP) in Stuttgart hat der Konzern die offizielle Erlaubnis, im Nachgang täglich bis zu 24 Kilogramm TFA in den Neckar zu leiten. Bevor Solvay die Säure dem Fluss zuführt, wird diese allerdings in eine stabile Salzform, das sogenannte Trifluoracetat, umgewandelt.

DUH und BUND forderten Stopp der TFA-Einleitung in den Neckar bei Bad Wimpfen
Vor zwei Wochen ist das Einleiten von TFA in den Neckar durch Solvay erneut in den Fokus gerückt: Sowohl die Deutsche Umwelthilfe (DUH) als auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, hatten das RP aufgefordert, Solvay die Einleitungserlaubnis unverzüglich zu entziehen.
Die Situation ist insofern schwierig, als dass es keinen verbindlichen gesetzlichen Grenzwert für die TFA-Konzentration im Wasser gibt. Seitens des Umweltbundesamts (UBA) existiert lediglich ein TFA-Trinkwasserleitwert. Dieser sieht vor, 60 Mikrogramm pro Liter nicht zu überschreiten. Auch aufgrund der TFA-Einleitung durch Solvay gibt es Wasser-Messstellen in Bad Wimpfen, an denen dieser Wert um das Fünffache überschritten wird. Eine Gesundheitsgefährdung für Bürger bestehe jedoch laut Bad Wimpfens Bürgermeister Andreas Zaffran nicht, da die Messstellen nicht mit der Trinkwasserversorgung verbunden sind.
TFA ist biologisch nicht abbaubar – und verbleibt im Wasser
Dr. Karin Haug, Vorstand des BUND Heilbronn-Franken, bewertet das absehbare TFA-Einleitungsende in den Neckar durch Solvay auch als Erfolg der eigenen Bemühungen, immer wieder auf die Gefahren hingewiesen zu haben: „Ein vorausschauend agierender Konzern muss seine Produktion umweltverträglich ausrichten. Dass dies nun in Zukunft bei Solvay geschieht, ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Allerdings sei zu beachten, dass dies lediglich bedeutet, dass seitens des Chemiekonzerns keinerlei neue TFA-Verbindungen ins Wasser gelangen. Da sie nicht abbaubar sind, bleiben bisher in die Umwelt geleitete Substanzen aber weiter vorhanden.
Neuausrichtung bei Solvay in Bad Wimpfen
Im Zuge der strategischen Neuausrichtung ergeben sich für das Solvay-Werk in Bad Wimpfen Veränderungen. Der Standort soll künftig zwar das globale Zentrum für die Produktion, Forschung und Anwendung für Pasten und Lacke für das Aluminiumlöten werden. Entsprechend investiert die Solvay-Gruppe in neue Anlagen am Standort. Weil aber auch wesentliche Produktlinien wegfallen, stehe ein Abbau von einem Drittel der mehr als 300 Arbeitsplätze im Raum, bestätigt Solvay. Man sei sich aber der sozialen Verantwortung bewusst und wolle den Übergang sozialverträglich gestalten
Peter Boelaert, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit bei Solvay am Hauptsitz in Brüssel, erklärt, dass das konzernweite Ende der TFA-Nutzung nichts mit der Kritik seitens der Umweltschutzorganisationen zu tun habe. „Der Stopp hat rein strategische und ökonomische Gründe.“ Mit der Ausrichtung auf die für die Automobil- und Kälteindustrie relevante Nocolok-Technologie in Bad Wimpfen soll es auch zukünftig gelingen, am Markt erfolgreich zu bestehen.
„Gleichwohl haben wir stets ein offenes Ohr für Hinweise jeglicher Interessensvertreter, die die Art und Weise unserer Produktion betreffen“, sagt Boelaert. Die Chemie-Industrie gehöre zu den am strengsten überwachten Branchen überhaupt. Solvay fühle sich trotz Neuausrichtung dem Industriestandort Deutschland verpflichtet, Bad Wimpfen spiele dabei eine wichtige Rolle. Dennoch werden dort zunächst 100 Stellen abgebaut.