Ewigkeitschemikalie gelangt in Bad Wimpfen in Neckar – Deutsche Umwelthilfe fordert Ende
Die Firma Solvay in Bad Wimpfen darf die Ewigkeitschemikalie TFA in den Neckar leiten. Noch gibt es keine gesetzlichen Grenzwerte für die Konzentration der Verbindung im Wasser. Die Deutsche Umwelthilfe hat Forderungen.
Sie gilt als fortpflanzungsgefährdend, krebserregend und kann das Immunsystems schwächen. Und auf Gemarkung der Stauferstadt gelangt sie täglich in den Neckar. Der auch in Bad Wimpfen ansässige Chemiekonzern Solvay hat im Zuge der Herstellung von Produkten für die agro-chemische und pharmazeutische Industrie die Erlaubnis, täglich bis zu 24 Kilogramm der sogenannten Ewigkeitschemikalie Trifluoressigsäure (TFA) in den Fluss zu leiten.
TFA fungiert bei der Solvay-Produktion als Rohstoff. Bevor TFA durch Solvay ins Wasser gelangt, wird die Säure in eine stabile Salzform, das sogenannte Trifluoracetat, umgewandelt. Dieses Salz verfügt ebenfalls über die Abkürzung TFA.
Ewigkeitschemikalie gelangt in Bad Wimpfen in Neckar: TFA ist biologisch nicht abbaubar
Einen gesetzlichen Grenzwert für die TFA-Konzentration im Wasser gibt es nicht. Allerdings existiert ein TFA-Trinkwasserleitwert des Umweltbundesamts (UBA). Dieser sieht vor, 60 Mikrogramm pro Liter nicht zu überschreiten. Messungen in Bad Wimpfen haben ergeben, dass an manchen Stellen dieser Wert um mehr als das Fünffache überschritten wird. Das Problem bei TFA: Die Chemikalie ist nicht biologisch abbaubar.
Dies will die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nicht mehr hinnehmen – und fordert das Regierungspräsidium (RP) in Stuttgart zum Handeln auf. Der Appell: Es gelte, die weitere Einleitung von TFA in den Neckar zu unterbinden. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, betrachtet es als „Skandal“, dass Solvay die Genehmigung hat, das Grund- und Trinkwasser „zu vergiften“. Er betont: „Der Schutz unserer lebenswichtigen Wasserressourcen und damit unserer Gesundheit darf nicht weiter aufgeschoben werden. Wir erhöhen deshalb den Druck und gehen rechtlich gegen die TFA-Einleitung durch Solvay vor.“
Deutsche Umwelthilfe fordert Ende der TFA-Einleitung in Neckar durch Firma Solvay
Jürgen Resch führt weiter aus: „Wir fordern das Regierungspräsidium auf, die Einleitungserlaubnis unverzüglich zu entziehen und die weitere Vergiftung des Neckar zu stoppen.“ Sofern das RP gegenüber Solvay die Genehmigung nicht widerruft, sollen weitere juristische Schritte erfolgen. Laut DUH-Anwalt Lukas Riehl soll sich eine Klage vor dem Verwaltungsgericht anschließen.
Die DUH sieht das RP in der Pflicht zu reagieren. RP-Sprecherin Stefanie Paprotka erklärt, die Anfrage der DUH zu prüfen. Beim RP habe man Verständnis für die Verunsicherung in Bezug auf TFA. Allerdings sei das RP als Aufsichts- und Genehmigungsbehörde an Recht und Gesetz sowie an die Einhaltung geltender Vorschriften gebunden. Entsprechende Verbote oder verbindliche Grenzwerte, die es für TFA nicht gibt, müssen auf Bundes- oder EU-Ebene entschieden werden.
Solvay leitet Ewigkeitschemikalie in Neckar – Regierungspräsidium sieht keine Grundlage für Verbot
In Bezug auf die Genehmigung für Solvay erklärt Paprotka: „Der festgesetzte Frachtwert trägt der Empfehlung des UBA Rechnung, mit Blick auf das Minimierungsgebot und die Trinkwasserhygiene eine Konzentration von weniger als zehn Mikrogramm pro Liter im Trinkwasser anzustreben.
Durch die Einhaltung des TFA-Frachtwerts von einem Kilogramm pro Stunde durch Solvay ist sichergestellt, dass es durch diese Abwassereinleitung bei der Trinkwassergewinnung aus dem Uferfiltrat des Neckars nicht zu einer Überschreitung des vom UBA nach toxikologischen Untersuchungen abgeleiteten für das Trinkwasser festgesetzten gesundheitlichen Leitwerts von 60 Mikrogramm pro Liter kommen kann.“
Die TFA-Konzentration im Neckar liege laut Messungen bei Gundelsheim bei unter zehn Mikrogramm pro Liter. Paprotka: „Sollte es im Falle einer Neueinstufung von TFA durch die Europäische Chemikalienbehörde (ECHA) zu neuen oder verschärften Anforderungen kommen, die für die Einleitung von TFA-haltigem Abwasser durch Solvay anwendbar sind – insbesondere durch einen Überwachungswert für TFA in der Abwasserverordnung oder eines verschärften Trinkwasserleitwerts – werden wir die wasserrechtliche Erlaubnis entsprechend anpassen oder widerrufen.“